BLICK auf die USA: US-Reporter Nicola Imfeld über ein mögliches Impeachment-Verfahren gegen Trump
Eiertanz der Demokraten

Jede Woche schreibt BLICK-US-Reporter Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um ein mögliches Impeachment-Verfahren gegen Trump und die Folgen.
Publiziert: 26.04.2019 um 16:05 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2019 um 22:56 Uhr
Nicola Imfeld, San Diego (USA)

Ich war überrascht, als ich vergangene Woche den Russland-Report von Robert Mueller in die Hände bekam. Die 448 Seiten zeigen: Es ist alles viel schlimmer, als es uns Justizminister William Barr glauben liess!

Die auf den ersten Blick guten Nachrichten werden bei genauer Lektüre schnell als Schwindel entlarvt: Trump hat sich zwar definitiv nicht mit einer ausländischen Macht verschworen, duldete aber Absprachen seines Teams mit Russen. Und der Vorwurf der Justizbehinderung ist alles andere als ausgeräumt: Mueller führt elf verdächtige Fälle an, überlässt eine endgültige Entscheidung dem Kongress. 

Weniger erstaunt bin ich über die Debatte, die diese Woche Washington in Atem hielt: Werden die Demokraten, die im Repräsentantenhaus eine Mehrheit haben, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump starten? 

Nicola Imfeld, BLICK-US-Reporter
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Eine Justizbehinderung durch den Präsidenten würde für ein «Impeachment»-Verfahren ausreichen. Viele Demokraten sind der Meinung, dass Trump ebendies getan hat. Zum Beispiel, als er seinen Ex-Stabschef Don McGahn anwies, Mueller zu feuern. Oder nachdem der damalige Justizminister Jeff Session sich für befangen erklärte und Trump ihn zu überreden versuchte, die Untersuchungen doch zu überwachen. 

Der Eiertanz von Nancy Pelosi

Die Partei und ihre Abgeordneten befinden sich in der Zwickmühle: Einerseits hat man als Aufsichtsbehörde die Pflicht, den Präsidenten für fehlbares Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Andererseits stehen in eineinhalb Jahren wichtige Wahlen an – da ist politisches Gespür gefragt.

Nancy Pelosi, Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, hat die Devise vorgegeben: Vorerst soll kein «Impeachment»-Verfahren gestartet werden. Stattdessen will sie eine Anhörungsoffensive lancieren – um angeblich «weitere Fakten» zu sammeln: Justizminister Barr, Ex-Stabschef McGahn und Sonderermittler Mueller sollen vor dem Kongress Rede und Antwort stehen.

Es geht der gewieften Taktikerin Pelosi darum, die Aufmerksamkeit auch in den kommenden Monaten auf die kontroversen, vielleicht sogar strafbaren Handlungen Trumps zu lenken.

Ein Amtsenthebungsverfahren kommt für Pelosi bis zu den Wahlen 2020 nicht infrage. Sie weiss: Das wäre politischer Selbstmord.

Sorgen die jungen Demokraten für vier weitere Jahre Trump?

Nicht jeder in der Partei hat diesen Eiertanz angenommen: Der linke Flügel der Demokraten, angeführt von Shootingstar Alexandria Ocasio-Cortez, befürwortet öffentlich ein Trump-Impeachment und spielt damit dem Präsidenten in die Hände.

Eine Mehrheit der Amerikaner spricht sich auch nach dem Russland-Report gegen ein Vorpreschen der Demokraten aus. Ein Trump-Impeachment wäre in der öffentlichen Wahrnehmung nur gutgeheissen worden, wenn Mueller eine Verschwörung des Präsidenten mit Russland ausgemacht hätte. Dann hätten wohl auch die Republikaner im Senat einer Verurteilung zugestimmt.

Jetzt eine Anklage zu erheben, würden Trumps Anhänger als einen «Coup» verstehen und sie in Wahlstimmung für 2020 versetzen. Auch Unentschlossene könnten einen solchen Schritt als parteiisch und ungerecht bewerten, hat doch der unabhängige Sonderermittler keinen klaren Entscheid pro Justizbehinderung gefällt.

Trump hofft wohl desshalb im stillen Kämmerlein, dass Pelosi die Kontrolle über die Linken in ihrer Partei verliert. Der republikanische Abgeordnete Peter King sprach diesen Gedanken auf Fox-News am Dienstag offen aus: «Als Republikaner hoffe ich fast schon, dass die Demokraten ein Impeachment starten», sagte er.

Spätestens bei solchen Aussagen sollte es Ocasio-Cortez und Co. dämmern: Sie sind gut beraten, den vorgegebenen Eiertanz von Pelosi mitzumachen. Lenken sie nicht ein und preschen weiter vor, kann Donald Trump bereits jetzt vier weitere Jahre im Weissen Haus planen.

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