Kolumne «Abgeklärt & aufgeklärt» über bürgende Bürger
Subventionierte UBS – her mit der Debatte!

Die UBS ist eine global tätige Grossbank. Ist es da richtig, dass statt der Aktionäre die Schweizer Steuerzahler den Kopf hinhalten müssen, wenn etwas schiefginge?
Publiziert: 02.10.2023 um 10:39 Uhr
FRONT_SCHEU2_Scheu_37.JPG
René ScheuPhilosoph und Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP)

Banken gelten als die mächtigsten, freien Spieler im grossen Kapitalismus-Game. Eine beliebte Meinung. Doch zwei Punkte sind daran falsch und bloss einer richtig.

In westlichen Ländern mit Staatsquoten um die 50 Prozent von Kapitalismus zu reden, ist erstens weltfremd. Und zweitens sind die Banken nicht staatsfern, sondern geradezu an den Staat gekoppelt: Von ihm erhalten sie das Privileg, Buchgeld aus dem Nichts zu schöpfen. Doch ein Punkt stimmt: Die Banken sind so mächtig, dass der Staat eine grössere Bank in Schieflage nicht bankrottgehen lassen kann – sie würde andere Geldhäuser mitreissen und damit die gesamte Volkswirtschaft gefährden.

Also haftet der Staat. Und Haftung bedeutet hier Subvention, weil der Staat für seine unfreiwillige Leistung ja nichts bekommt. Staat wiederum heisst Herr und Frau Schweizer: Die Steuerzahler bürgen, ohne es zu wissen. Der Ökonom und IWP-Fellow Adriel Jost hat es vorgerechnet: Die jährliche implizite staatliche Subvention der Banken beträgt in der Schweiz rund 30 Milliarden Franken. Das entspricht dem Neunfachen der Bundessubventionen für die Landwirtschaft – eine riesige Summe.

Wollen wir die UBS – und die anderen Banken – so stark subventionieren? René Scheu findet: Nein. Und fordert eine Debatte.
Foto: keystone-sda.ch

Der heikle Punkt: Die UBS verfügt nach der CS-Übernahme über eine Bilanzsumme von gegen 1700 Milliarden Franken. Das ist etwa gleich viel wie alle anderen Banken zusammen, rund doppelt so viel wie die Bilanzsumme der Nationalbank und mehr als das Zwanzigfache des Bundeshaushalts.

Mit Sergio Ermotti hat die UBS einen ebenso fähigen wie mit den helvetischen Verhältnissen vertrauten neu-alten CEO an der Spitze. Aber natürlich ist der UBS-Chef nicht nur der Schweiz, sondern auch den Aktionären verpflichtet – und die sind über die ganze Welt verteilt. Darum: Nicht der Tessiner Banker, sondern die Politik müsste eine ernsthafte Diskussion darüber führen, wofür Herr und Frau Schweizer haften – und wofür nicht.

Wollen wir wirklich für die Geschäfte der UBS geradestehen? Sergio Ermotti mag sich auf das sichere Vermögensverwaltungsgeschäft konzentrieren – doch was tun seine Nachfolger? Lösung: Mehr Eigenkapital muss her, von heute (ungewichtet) rund 5 auf 20 oder 30 Prozent. Nur so haften die Aktionäre und nicht Herr und Frau Schweizer.

Wollen wir wirklich für die gesamte, global tätige UBS bürgen? Lösung: Bundesbehörden und Bundesrat müssen gewaltig an Rückgrat zulegen, damit im Krisenfall die internationalen Gruppengesellschaften der UBS tatsächlich in den jeweiligen Ländern abgewickelt werden.

Wollen wir wirklich die UBS – und die anderen Banken – so stark subventionieren? Ich finde: Nein. Aber was meint die Mehrheit der Bürger? Her mit der Debatte!

René Scheu ist Philosoph und Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern. Er schreibt jeden zweiten Montag im Blick. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?