Kampfjetkauf – ein unpolitisches Geschäft?
Viola Amherd erzählt uns einen schlechten Witz

Verteidigungsministerin Viola Amherd behauptet, der Bundesrat habe aus rechtlichen Gründen keine Möglichkeit, die Kampfjetbeschaffung politisch zu steuern. Ein schlechter Witz: Wenn der Bundesrat nicht politisch sein darf, wer sonst?
Publiziert: 04.07.2021 um 07:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2021 um 18:28 Uhr
Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Thomas Meier
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Gieri Cavelty

Die amerikanische F-35 ist der geeignetste und günstigste Kampfjet für die Schweiz. Dieser Befund der Fachleute im Militärdepartement soll hier nicht hinterfragt werden. Sehr wohl aber eine Aussage von Viola Amherd an ihrer Medienkonferenz vom Mittwoch. Aufgrund des eindeutigen Expertenurteils habe der Bundesrat gar keine andere Wahl gehabt, als der F-35 den Zuschlag zu erteilen. Wörtlich sagte die Verteidigungsministerin: «Es bestand kein Spielraum für politische Überlegungen.» Amherd wiederholte den Satz ein halbes Dutzend Mal in abgewandelter Form.

Politische Überlegungen, das heisst konkret: Nach dem Abbruch der Verhandlungen für ein Rahmenabkommen hätte die Schweiz den Flugzeugkauf nutzen können, um das Verhältnis zur EU wieder zu kitten. Deutschland ist beim Eurofighter engagiert, Frankreich bei der Rafale; beide Staaten haben entsprechende Friedensangebote nach Bern gesandt. Umso verstimmter reagierten sie dann aber auch, als der Bundesrat keine der ausgestreckten Hände ergriff.

Die F-35 mag der geeignetste und günstigste Flieger sein. Amherds Aussage jedoch, der Bundesrat habe aus rechtlichen Gründen keine Möglichkeit, die Kampfjetbeschaffung politisch zu steuern, ist ein schlechter Witz. Wenn der Bundesrat nicht politisch sein darf, wer sonst?

Wie politisch die Wahl eines Flugzeugtyps sein kann, zeigte Amherds Vorgänger im VBS. Ueli Maurer setzte vor zehn Jahren darum auf den Gripen, weil das Herstellerland Schweden kein Nato-Mitglied ist. Für den SVP-Magistraten, der nichts höher hält als die Neutralität und Unabhängigkeit der Schweiz, genau das Richtige. In der Öffentlichkeit angepriesen wurde das Flugzeug primär allerdings mit einem anderen Argument: Der Gripen sei für die Schweiz der geeignetste und günstigste Jet ... (Maurers Pech war, dass der Vogel vielen in der Tat als zu günstig erschien. Womöglich hätte das Neutralitätsargument im Abstimmungskampf besser gezogen.)

Eine besondere Ironie liegt darin, dass sich der Bundesrat in der Sitzung vom Mittwoch auch mit der Frage beschäftigte, wie sich die EU nach dem Nein zum Rahmenvertrag beschwichtigen lässt. Oder, wie es in einer Medienmitteilung heisst: «Ziel ist die Stabilisierung des bilateralen Wegs.» Freilich wirken die im Communiqué aufgeführten Vorschläge hilflos. Mehr als der EU mit einer Aufweichung des Lohnschutzes entgegenzukommen, kann sich die Schweiz nicht vorstellen.

Mit Blick auf die Europapolitik wirkt unsere Regierung wie jener zerstreute Professor, der verzweifelt seine Brille sucht – und sie die ganze Zeit auf der Nase sitzen hat.

Es stellt sich demnach die Frage, ob die F-35 tatsächlich so gut und den europäischen Jets so weit überlegen ist, dass selbst ein verwirrter Professor im Cockpit damit zurechtkommt.

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