Frank A. Meyer – die Kolumne
Zum Schaden der Schweiz

Publiziert: 26.06.2022 um 00:56 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Wer verantwortet die Aussenpolitik der Schweiz? Natürlich Ignazio Cassis, der Schweizer Aussenminister.

Wer macht Aussenpolitik in der Schweiz? Unter anderen Beamte des Wirtschaftsministeriums (WBF), ganz besonders des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco): Dort sitzen die Zögerer und Zauderer, wenn es um die Übernahme der westlichen Sanktionen gegen Russland geht; dort sitzen die Schutzengel russischer Oligarchen.

In der westlichen Welt hat sich herumgesprochen, dass die Schweiz Mühe bekundet mit der Solidarität gegen Russland und seine Oligarchen. Und niemand versteht, dass ausgerechnet ein Land, das so sehr auf Demokratie und Rechtsstaat pocht, das sogar in der Europäischen Union eine undemokratische Einrichtung zu erkennen glaubt, Nachsicht mit dem Verbrecher im Kreml samt dessen Satrapen zeigt.

Ja, das WBF macht mit seinem Seco Aussenpolitik – zum Schaden der Schweiz.

Doch nicht nur das Wirtschaftsministerium konterkariert Ignazio Cassis’ Bemühungen um ein solidarisches Ansehen der Schweiz im Ausland. Auch eine Stufe tiefer im föderalen helvetischen System wird Aussenpolitik betrieben. Zum Beispiel durch Zug, dessen Staatsziel vorwiegend im Hätscheln von Briefkastenfirmen durch ein Heer von Treuhändern und Anwälten besteht. Ganz besonders intensiv widmet sich der Kanton, der ohne seine Nähe zu Zürich ökonomisch ein Kaff wäre, russischen Öl-, Gas- und Geldinteressen.

Ja, Zug macht Aussenpolitik – zum Schaden der Schweiz.

Nicht anders der Kanton Schaffhausen, der 2018 mit Hunan, also mit einer Provinz der Pekinger Diktatur, eine «Partnerschaftsvereinbarung» zur «Stärkung des wirtschaftspolitischen Austauschs mit China» abgeschlossen hat – Aussenpolitik vom Unfeinsten. Wenns ums Geld geht, geht auch mit kommunistischen Machthabern alles.

Ja, Schaffhausen macht Aussenpolitik – zum Schaden der Schweiz.

Zu reden wäre nicht zuletzt von den global operierenden Unternehmen, die aus Genf oder Schwyz oder Nidwalden oder Lugano operieren, oder beispielsweise vom Zuger Rohstoffriesen Glencore, der in Grossbritannien und den USA der Grosskorruption beschuldigt wird – und in der Schweiz auf zögerliche Ermittlungen hoffen darf.

Ja, der Multi Glencore macht mit seinen Geschäften Aussenpolitik – zum Schaden der Schweiz.

In Lugano will Ignazio Cassis mit einer Ukraine-Konferenz, die dem Wiederaufbau des kriegsversehrten Landes dienen soll, internationale Solidarität demonstrieren – und dem beschädigten Schweizer Image auf die Sprünge helfen. Eine gute Idee. Eine nötige Idee:

Aussenpolitik der Schweiz – durch das Aussenministerium der Schweiz.

Frank A. Meyer
Foto: Antje Berghaeuser
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