Automesse: Warum diese IAA von gestern ist
Das Dröhnen der Motoren

Klimawandel, Fahrverbote, Elektrifizierung, Vertrauensverlust: Noch nie musste die Autoindustrie sich zu so vielen Themen erklären. Die Frankfurter IAA wäre dazu die richtige Bühne. Doch die Branche verstolpert ihre Chance.
Publiziert: 15.09.2019 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2020 um 12:40 Uhr
Andreas Faust

Wo Concept draufsteht, ist Zukunft drin. Auch an der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt glitzern die sogenannten Concept Cars, ein Versprechen auf das Morgen mit umweltfreundlichen Elektro- oder Wasserstoffantrieben. «Wir sind auf dem richtigen Weg», lautet die Botschaft, die die Automobilindustrie an dieser Messe ausstrahlen will.

Frankfurt ist seit jeher das Heimspiel der Deutschen – ganz besonders in diesem Jahr. Rund 30 Marken aus Japan, Frankreich, Italien und den USA sind der Show ferngeblieben und überlassen den Lokalmatadoren die Bühne. Die haben zu kämpfen wie nie: mit den Kosten der Umstellung auf elektrische Antriebe. Mit den Folgen des VW-Dieselskandals, der den positiv in die CO2-Bilanz einzahlenden Antrieb ohne Not geächtet hat und so die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte gefährdet. Und vor allem mit einer umfassenden Vertrauenskrise. Befeuert durch die öffentliche Meinung, die Branche ignoriere die Herausforderungen des Klimawandels aus purer Profitgier.

Die IAA könnte eine Plattform des Austauschs sein

Die IAA wäre die perfekte Bühne, um sich konstruktiv zu diesen Themen zu äussern. Um den Dialog auf Augenhöhe mit den Kritikern zu suchen. Individuelle Mobilität ist ein Grundpfeiler unserer Wirtschaftsordnung. Sie umweltfreundlich, nachhaltig und effizient zu gestalten, liegt im Interesse aller und erfordert Austausch und gemeinsame Konzepte.

Andreas Faust, Ressortchef Auto & Mobilität.
Foto: Paul Seewer
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Doch der Ton, den die Hersteller in ihren Frankfurter Neuheitenshows anschlagen, ist ganz der alte. «Wir sind auf dem richtigen Weg» – die Autoindustrie schreit es ihren Kritikern förmlich ins Gesicht unter dem Dröhnen ihrer Marketing-Motoren. «Und wir sind dabei die Ersten, die Grössten und die Besten», wie immer. Kaum Gespür für die öffentliche Meinung; keine neue Bescheidenheit, wie sie diese IAA der ungenutzten Messehallen und gähnenden Freiflächen zwischen den Ständen eigentlich lehren sollte. Kinder auf der Bühne artig auswendig gelernte Sprüche aufsagen zu lassen – das ist noch kein neuer Kommunikationsstil. Und auch kein Angebot zum Dialog.

Wie umgehen mit der Vertrauenskrise?

Offenbar weiss die Industrie dabei um die eigene Konzeptlosigkeit. Kaum hatte Bernhard Mattes, Präsident des deutschen Verbands der Automobilindustrie VDA, die IAA eröffnet, erklärte er seinen Rücktritt auf Ende Jahr. Dabei hätte die Branche von Erfolgen zu berichten. Ihre Unternehmen gleichen Supertankern. Diese innerhalb von wenigen Jahren auf neuen Kurs Richtung Klimaneutralität umzusteuern, ist eine enorme Leistung. Und auch die Elektromobilität kommt nun spürbar in Fahrt.

Doch wer neue Geschichten erzählen will, sollte dies nicht in der Sprache von gestern tun.

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