Wohnungsmangel
Familie sucht monatelang verzweifelt nach rollstuhlgängiger Wohnung

Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt und der Wohnungsknappheit ist es für Menschen mit Behinderung noch schwieriger, eine hindernisfreie Wohnung zu finden. Das erlebte kürzlich eine Familie aus dem Kanton Zürich.
Publiziert: 09.04.2023 um 11:56 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2023 um 10:08 Uhr

«Wir standen langsam unter Druck mit der Wohnungssuche», erzählt Helen Z.* (54) zu Blick. Gemeinsam mit ihrem Ehemann David Z.* (51) und ihrer Tochter Anta* (9) suchte die Familie aus dem Kanton Zürich während der vergangenen Monaten verzweifelt nach einer Wohnung in Biel BE.

Erschwert wurde die Suche auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt zusätzlich, weil Anta seit Geburt mehrfach behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Nur mit Unterstützung kann sie wenige Schritte laufen. Einen Schulplatz in Biel für das neue Schuljahr hat die Familie schon.

Mangel an rollstuhlgängigen, bezahlbaren Wohnungen

Seit 2008 wohnt die zweisprachige Familie, die früher schon einmal in Biel lebte, im Kanton Zürich in einer Dreieinhalbzimmerwohnung im Erdgeschoss für 1598 Franken. Aus verschiedenen Gründen möchte die Familie aber zurück nach Biel. Die Wohnungssuche hat sich das Ehepaar einfacher vorgestellt. «Entweder waren die Wohnungen zu teuer oder nicht geeignet für Anta. Wir brauchen keinen Luxus, aber die Wohnung muss rollstuhlgängig sein und darf maximal 1500 Franken kosten.»

Antas Rollstuhl ist zwar eher schmal, aber trotzdem ein zusätzliches Hindernis für ihre Familie, die in Biel BE eine rollstuhlgängige, bezahlbare Wohnung sucht.
Foto: zVg
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Die hohen Mietzinsen bei rollstuhlgängigen Wohnungen bestätigt auch Urs Schnyder, Wohnberater bei Procap, dem grössten Mitgliederverband von und für Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. «Diese Wohnungen sind in der Regel teurer, weil es meist Neubauten sind. Zudem gibt es trotz des Gleichstellungsgesetzes noch immer zu wenig hindernisfreie Wohnungen», erklärt Schnyder. Viele Vermieter seien sich nicht bewusst, dass allfällige Kosten von bauliche Anpassungen, sowie deren Rückbau von der IV übernommen werden und blocken Interessenten deswegen häufig ab, weiss Schnyder und weist in diesem Zusammenhang auf die Bauberatungen durch Procap hin.

Zurückhaltung von Verwaltungen wegen Unkenntnis

Diese Erfahrung hat auch Helen Z. bei der Wohnungssuche gemacht. Die Familie hat bei einigen Wohnungsbesichtigungen im Vorfeld schon gar nicht mehr auf Antas Behinderung hingewiesen und sich auf «normale» Wohnungsinserate gemeldet. Helen Z: «Mit wenig baulichen Massnahmen, zum Beispiel einer Rampe beim Hauseingang, wären Wohnungen für uns passend gewesen, aber die Verwaltungen waren zurückhaltend.»

Erst nach vielen Bemühungen und Besichtigungen wurde die Familie in Biel Mett fündig. Diese Woche können sie den Mietvertrag für ihr neues Zuhause unterschreiben. Die Mietkosten belaufen sich auf 1380 Franken pro Monat. «Wir haben jetzt sogar vier Zimmer. Die Wohnung ist mit modernster Technik ausgestattet und es werden auf Wunsch Anpassungen gemacht, zum Beispiel in der Dusche», freut sich Helen Z.

Die Familie freut sich, dass Anta wie alle anderen Kinder, im neuen Schuljahr in ihrer neuen Klasse starten kann. Über einen Nachmieter für ihre Wohnung im Kanton Zürich machen sich die soziokulturelle Animatorin und ihr Ehemann, ein gelernter Käser, keine Sorgen: «Die Wohnung ist einfach, aber an toller Lage und zu einem anständigen Preis. Da finden wir sofort Nachmieter.»

*Namen von der Redaktion geändert

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