«Da gab es einigen Erneuerungsbedarf»
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Zürcher Auswanderer-Familie:«Da gab es einigen Erneuerungsbedarf»

Schweizer Ehepaar baut Anwesen mit alter Mühle in Frankreich um
«Es war Liebe auf den ersten Blick»

Der Schweizer Marc Gysling (57) ist 1988 nach Irland ausgewandert, wo er seine grosse Liebe Deirdre McGlone (56) kennenlernte. Mit ihr gründete er eine Familie und baute ein Luxus-Hotel auf. Jetzt startet die Familie in Frankreich ein neues Projekt.
Publiziert: 29.01.2023 um 12:37 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2023 um 15:56 Uhr

Aufgewachsen ist Marc Gysling in Zürich. Hier absolvierte er eine Ausbildung als Instrumentenverkäufer. Nach dem frühen Tod seines Vaters zog der Pferdenarr ins Tessin und arbeitete als Stallbursche in einer Pferdepension.

Als sein 18 Jahre älterer Bruder Jody 1986 in Irland ein altes Haus kaufte, das zu einem Restaurant mit einigen Zimmern umgebaut wurde, folgte Gysling ihm. «Am Anfang war ich Küchengehilfe», erzählt er Blick. Von dem angestellten Koch lernte er das Handwerk, bis er schliesslich selber als Koch arbeitete.

Vom Tellerwäscher zum Hotelbesitzer

An der Rezeption arbeitet die junge Irin Deirdre McGlone. Heute ist Didi, wie Deirdre von allen genannt wird, Gyslings Ehefrau und die Mutter der drei gemeinsamen Kinder Carl (20), James (19) und Christina (17). «Didi liebt wie ich Pferde und wir sind manchmal zusammen ausgeritten. Bald hat es zwischen uns gefunkt», so der Schweizer.

Familie Gysling bei der Schlüsselübergabe. Seit Februar 2020 sind Gyslings Besitzer von Le Moulin sur Célé. Das Landgut in Frankreich liegt südöstlich von Cajarc in der Region Okzitanien.
Foto: Zvg
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Am Valentinstag 1996 hat das Paar in Irland geheiratet und kaufte im gleichen Jahr dem Bruder das stetig erweiterte Hotel ab. «Mein Bruder blieb für mich immer mein ‹Boss›. Er war für mich mehr Vater als Bruder», sagt Gysling.

Preisgekröntes Hotel verkauft

Das Hotelierpaar hat das mehrfach ausgezeichnete Hotel Harvey's Point in Donegal 30 Jahre erfolgreich aufgebaut und geführt, bis Didi und Marc 2017 beschlossen haben, das Luxus-Hotel zu verkaufen. «Die ganzen Jahre haben wir viel gearbeitet. Ein Schweizer Kindermädchen kümmerte sich um die Kinder, als sie klein waren. Wir wollten endlich mehr Zeit für die Familie haben», sagt Gysling.

Weil die Kinder kein Interesse an der Weiterführung des Hotels hatten, wurde Harvey's Point 2019 nach einem längeren Verkaufsprozess zu einem guten Preis verkauft. «Unsere Kinder haben im Hotel oft mitgeholfen und etwas Taschengeld verdient. Sie wussten, was es bedeutet, einen solchen Hotelbetrieb zu führen. Sie haben andere Pläne», erklärt Gysling.

Glückstreffer am Hochzeitstag

Das Landhaus aus auf dem Grundstück in Donegal, wo die Kinder aufgewachsen sind und Tochter Christina momentan das letzte Schuljahr besucht, hat die Familie behalten.

Am 14. Februar 2020, dem Hochzeitstag von Didi und Marc Gysling, sinnierte das Ehepaar am Kaminfeuer über die Zukunft und stöberte im Internet nach Verkaufsobjekten. Eine Rückkehr in die Schweiz war dabei kein Thema. «Mir ist die Schweiz zu klein. Ich mag weite Landschaften und wir wollten in ein sonnigeres Land», so der Schweizer.

Frankreich gefiel dem Paar schon immer. Sie schwärmen vom Essen und Wein, der Kultur und dem Klima. Beim Stöbern im Internet ist das Ehepaar auf das Anwesen Le Moulin sur Célé in der Nähe von Cajarc im französischen Département Lot gestossen. Gemeinsam mit Bruder Jody flogen sie hin, um das Objekt zu besichtigen.

«Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir wussten sofort: Das ist es.» Noch in der gleichen Woche unterschrieben sie den Reservationsvertrag. Auf dem rund 15 Hektar grossen Grundstück des Anwesens liegt eine Wassermühle aus dem 14. Jahrhundert, ein Haupthaus und einige Nebengebäude, ein Pool, ein lauschiges Flüsschen und eine kleine Insel. Kaufpreis: 900'000 Franken.

Noch einmal gleich hoch sind die Kosten für Umbau- und Erweiterungsarbeiten. «Es war zwar alles einigermassen gut erhalten, aber die letzten Renovationen lagen schon 20 Jahre zurück. Da gab es doch einigen Erneuerungsbedarf», so Gysling.

Corona bringt Trauer und Planänderungen

Während der Pandemie verzögerten sich die Umbauarbeiten. Einige der bestehenden Reservierungen ihrer Vorgänger übernahmen Didi und Marc Gysling dennoch und beherbergten erste Gäste.

«Es gab einige Stornierungen wegen Corona und den Reiseeinschränkungen», erklärt Gysling. Den Lockdown erlebte die Familie gemeinsam in Irland und nutzte die Zeit, um das eigene Haus in Donegal in Schuss zu bringen. «Klar, war der Lockdown mühsam. Trotzdem war es eine schöne Zeit für uns, als Familie einmal zusammen Zeit zu haben und unser Haus gemeinsam zu renovieren», sagt Gysling. So ruhten 2021 die Arbeiten in Frankreich.

Ein schwerer Schlag traf die Familie im Dezember 2021, als Jody Gysling, der seinen kleinen Bruder Marc bei den Umbauplänen in Frankreich unterstützen wollte, an Covid starb. «Unser Sohn Carl, der Architektur studiert, war aber eine grosse Hilfe, als wir im Januar 2022 mit den Umbauarbeiten im Haupthaus loslegten.»

Pendeln zwischen zwei Ländern

Momentan sind Didi und Marc Gysling zeitweise getrennt und pendeln zwischen Frankreich und Irland. Während Didi McGlone mit Tochter Christina bis zum Schulende im Sommer vorwiegend noch in Irland wohnt, lebt Marc Gysling mit den Söhnen in Frankreich.

Sohn James lebt in Toulouse, wo er studiert. Carl und Vater Marc sind vorübergehend ins frisch renovierte Haupthaus gezogen, bis die Umbauarbeiten der anderen separaten Gebäude abgeschlossen sind. Das ganze renovierte Landgut, mit Nebengebäuden, Pool und Tennisplatz, wird ab Juli 2023 an Feriengäste vermietet. Marc Gysling: «Einige ehemalige Hotelgäste aus Irland und Freunde haben sich für den Sommer bereits bei uns in Frankreich angemeldet.» Die Familie wird dann in eines der weiter entfernten kleinen Häuser ziehen, welche momentan um- und ausgebaut werden.

Mehr gemeinsame Zeit nach der Aufbauphase

Die kommenden zwei Jahre werden Didi und Marc Gysling mit ihrem neuen Projekt noch etwas eingespannt sein. Dann möchten sie für sich in der Nähe ein weiteres eigenes Haus kaufen. «Es gibt in der Gegend noch bezahlbare Häuser, auch wenn hier die Preise in den letzten Jahren ebenfalls gestiegen sind», sagt der Schweizer.

Ganz ohne Arbeit möchte das Ehepaar auch in Zukunft nicht sein. «Die Arbeit in Frankreich ist aber wesentlich weniger intensiv als vorher mit dem grossen Hotel. Wir werden viel Zeit für uns und unsere Familie haben und das Leben in Frankreich und Irland geniessen.»

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