Architekt Andrin Schweizer über Wohnkultur für ihn
Mann hat Lust auf Stil und Design

Früher war es die Frau, die über die Einrichtung bestimmt hat. Heute reden Männer mit, wenns ums Wohnen geht. Was sie anders machen, sagt Architekt Andrin Schweizer, bekannt aus der SRF-Sendung «Happy Day».
Publiziert: 18.04.2018 um 14:17 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2018 um 12:58 Uhr
Christina Schildknecht

Männern eilte lange Zeit der Ruf voraus, sie richteten sich mehr pragmatisch als stilvoll ein. Junggesellen-Wohnungen stellte man sich chaotisch vor und mit zufällig zusammengewürfelten Möbelstücken. Diese Zeiten aber sind längst vorbei. Mann hat Lust auf Stil und Design, sagt Architekt Andrin Schweizer. Er warnt allerdings davor, in banalen Stereotypen zu denken: «So wenig es den typischen Mann gibt, so wenig gibt es den typisch männlichen Wohnstil.» Tendenzen aber seien durchaus feststellbar.

Andrin Schweizer, früher redeten Männer bei der Einrichtung kaum mit. Wie ist es heute?
Andrin Schweizer: Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert. Die Männer haben sich  – was Wohnen betrifft – «emanzipiert». Heute leben Männer ihre Individualität auch beim Wohnen aus. Sie interessieren sich für Design und reden beim Gestalten einer gemeinsamen Wohnung gleichberechtigt mit.

Wie richten sich Männer ein?
Männer mögen es praktisch und bequem. Jedes Möbelstück soll auch (mindestens) eine Funktion haben. Unnötiges und Verschnörkeltes hat keinen Platz in einer Männerwohnung. Weniger ist für die meisten Männer tatsächlich mehr. Sie mögen klare, einfache Formen, gerade Linien und lieben die Reduktion auf das Wesentliche. Oft richten sich Männer mit einem Augenzwinkern und einer gewissen Verspieltheit ein. 

Architekt Andrin Schweizer stellt fest, dass Männer den Wohnstil aufs Wesentliche reduzieren.
Foto: Lorenz Cugini
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Wie sieht das denn aus?
Die Modellauto-Sammlung wird aufwendig inszeniert, der teure Töggelikasten oder Billardtisch wird zum Center-Piece der Wohnung, und an der Wand hängt voller Stolz das gelbe Fixie-Velo. Zwei Wohntrends, die in den letzten Jahren gerade bei Männern besonders beliebt waren, sind «Industrial Vintage» und «Midcentury». Ich glaube, fast jeder urbane Mann träumt vom grosszügigen New Yorker Loft, und «Industrial Vintage» lässt diesen Traum auch in der Zweizimmer-Wohnung in der Agglo ein bisschen wahr werden.

Und was ist mit «Midcentury» gemeint?
Dabei handelt es sich um den Wohnstil der 1950er- und 1960er-Jahre. So richtig beliebt wurde diese Art der Einrichtung wieder mit der TV-Serie «Mad Men». Da kann sich jeder Mann ein wenig wie Don Draper fühlen, als Männer noch richtige Männer waren. Nicht vergessen dürfen wir auch die Technikbegeisterung der Männer, die sich natürlich stark auf die Einrichtung niederschlägt. Es gibt kaum eine Männerwohnung ohne riesigen Flatscreen-TV mit perfektem Soundsystem und den üblichen Gamekonsolen. Auch werden Lampen und Geräte gern übers Smartphone ferngesteuert. Alles Dinge, die Frauen nur ganz am Rand interessieren.

Wie sehr geht es bei Männern um Status in der Wohnung?
Der Status bei Männern in Sachen Wohnen beschränkt sich meistens auf besondere Einzelstücke der Einrichtung. Mit einem Vintage-Design-Klassiker, zum Beispiel einem Eames Lounge-Chair, gibt Mann schon sehr gerne an. Und diese Möbelstücke werden dann auch ganz bewusst in Szene gesetzt.

Welche Farben sind oft in einem Männer-Zuhause anzutreffen?
Es sind eher erdige und tendenziell dunklere Farben. Und als Kontrast auch gern ganz kräftige, starke Farben oder sogar Schwarz.

Und welche Materialien mögen Männer?
Einerseits ehrliche, unbehandelte Materialien wie roher Beton, Holz, Leder und Bronze. Dann aber auch glänzende Materialien wie Glas und Chromstahl. Materialien, die Werte wie Stärke und Belastbarkeit verkörpern. Werte, die Männer gerne selbst für sich in Anspruch nehmen.

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