Ein Stück Afrika für zu Hause
Grenzenlose Männerfreundschaft mit nachhaltiger Wirkung

Die beiden Schweizer Aaron Brechbühl und Till Schmidlin trennen Tausende Kilometer von ihrem Freund John Bond Macharia in Kenia. Das hinderte sie nicht daran, ein gemeinsames Projekt aufzuziehen – mit nachhaltigem Erfolg.
Publiziert: 14.06.2019 um 09:09 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2019 um 11:50 Uhr
Das Strandtuch mit praktischer Tasche für Handy und Portemonnaie, war eines der ersten Produkte der drei Studenten aus den farbenfrohen Baumwollstoffen aus Kenia.
Foto: zVg
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Corine Turrini Flury

Diese Geschäftsidee sprengt Grenzen. Drei junge Männer – zwei Schweizer und ein Kenianer – stellen handgemachte Badetücher, Schmuck, Tischtücher und Taschen her.

Seit zwei Jahren produziert das Trio über sein Label Maembe Kollektionen in Kenia und verkauft sie in der Schweiz. Damit schaffen sie nachhaltige Mode und engagieren sich sozial.

Seit vier Jahren befreundet

Kennengelernt haben sich Till Schmidlin (28) aus Basel und John Bond Macharia (23) aus Kenia vor vier Jahren an einer Homeparty in Basel. Der junge Mann aus Kenia absolvierte während seines einjährigen Aufenthalts in der Schweiz eine Patisserie-Ausbildung an der Hotelfachschule. Dabei arbeitete er in der Küche des Basler Nobelhotels Les Trois Rois.

Im Rahmen eines Geografie-Praktikums unternahm der damalige Student Till Schmidlin kurz vorher seine erste Reise nach Kenia. «Dadurch hatten John und ich von Anfang an viel Gesprächsstoff über Kenia und gemeinsame Interessen», sagt Till Schmidlin . Kurz darauf war auch Tills Freund und Studienkollege Aaron Brechbühl (28) regelmässig mit von der Partie bei gemeinsamen Unternehmungen.

Am Anfang war ein Badetuch

Von seiner ersten Kenia-Reise hat Till Schmidlin viele Stoffe mit nach Hause gebracht. «Die farbenfrohen Baumwollstoffe gefielen mir gut, und ich hatte die Idee, daraus Strand- oder Badetücher anzufertigen», erklärt Schmidlin . Einen wesentlichen Vorteil hatte er: Seine Mutter ist Schneiderin und stand ihm mit Rat und Tat bei der Umsetzung seines Prototyps zur Seite.

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Fortan tüftelte er mit seinen Freunden an Schnittmustern, nähte diverse Modelle von Badetüchern, Plaids, Tischtüchern, erweiterte das Sortiment um kenianischen Schmuck sowie Taschen und knüpfte mit Johns Unterstützung weitere Kontakte in Kenia.

Das Trio überlegte, wie es seine Kollektionen in Kenia produzieren lassen und in der Schweiz verkaufen könnte. So wurde 2017 das Label Maembe   gegründet. «Wir wollten, dass unter fairen Bedingungen produziert wird und wir uns sozial vor Ort engagieren können. Aber wir wollten kein weiteres Drittwelt-Produkt auf den Markt bringen, sondern qualitativ hochstehende Waren, die wir auch selber kaufen würden und die gefallen », erklärt Aaron Brechbühl. Er studierte Sport und Geschichte an der Uni Basel und arbeitet mittlerweile im Sozialbereich an einer Basler Schule.

Männer an der Nähmaschine

Nach Abschluss der Hotelfachschule musste John zurück nach Kenia und arbeitet seither als Patisserie-Chef in einem Restaurant in Nairobi. Die Verbundenheit mit der Schweiz und die Freundschaft mit Till Schmidlin und Aaron Brechbühl ist geblieben - Skype und Whatsapp sei Dank.

Neben seinem Job hat John zu weiteren passenden lokalen Produzenten in seiner Heimat neue Kontakte geknüpft, während die beiden Schweizer Jungunternehmer in der Freizeit in ihren Wohnzimmern oder im Atelier von Tills Mutter weiter an der Nähmaschine sitzen und nach eigenen Schnittmustern aus den kenianischen Baumwollstoffen Neuheiten wie Rucksäcke oder Schals anfertigen.

Gelegentlich kommt John in die Schweiz. Öfter fliegen Aaron Brechbühl und Till Schmidlin nach Kenia und besuchen ihren Freund und Partner. Wo andere auf Safari gehen und im Urlaub entspannen, nutzen sie die Zeit vor Ort für ihr Start-up, bringen den Näherinnen neue Schnittmuster, suchen nach neuen Stoffen, besuchen Produzenten und pflegen die Kontakte zu ihren kenianischen Mitarbeitern.

Die Tücher werden in einem Vorort von Nairobi, in einem rund 40 Jahre alten Familienbetrieb produziert. Die Taschen werden in einem Non-Profit-Workshop in Mai Mahiu und die Accessoires von Massai-Frauen in den Ngong Hills hergestellt.

Erfahrungsgewinn statt Lohn für die Gründer

«Bis jetzt haben wir uns keinen Lohn ausbezahlt. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf bezahlen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kenia sowie neue Stoffe und Produkte», erklärt der zukünftige HSG-Student Till Schmidlin. Nach seinem abgeschlossenen Erststudium arbeitete er neben seinem Start-up in Projekten für Entwicklungszusammenarbeit im Ausland. Momentan ist er an der Universität Basel angestellt und forscht zum Thema Fairtrade.

Auch die Reisen bezahlt das Trio aus der eigenen Tasche. Unterstützung beim Verkauf an kleinen Messen und Marktständen in der Schweiz erhalten die beiden Schweizer vor allem von Familie und Freunden. Statt eines Lagers wird der Keller von Aaron Brechbühl genutzt, und auch im Elternhaus von Till Schmidlin sind Waren eingelagert, die im Online-Shop verkauft werden. So konnten die Investitionen und Kosten der Studenten in der Anfangsphase von Maembe tief gehalten werden. Aaron Brechbühl: «Für uns war der Aufbau unseres eigenen Start-ups auch eine berufliche und persönliche Weiterbildung. Wir lernten dabei selber viel.»

Die Geschäftsidee mit sozialem Engagement und trendigen Accessoires aus Kenia wurde mittlerweile in der Schweiz weit über den Freundeskreis hinaus bekannt. In einigen Geschäften sind inzwischen auch Produkte des jungen Labels erhältlich. Auch die kenianischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren vom Erfolg ihrer angefertigten Waren. Sie erhalten dieses Jahr neben ihrem Lohn fünf Prozent des Gewinns. Aaron Brechbühl: «Vielleicht liegt dieses Jahr erstmals auch ein kleiner Lohn für uns drin.»

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