Thomas Meyer rät
Kleine Dinge und eine Frage des Respekts

«Meine Freundin trägt oft Pelzmode. Die Tiere würden ja sowieso getötet, sagt sie. Mich stört das sehr», schreibt unser Leser. Lesen Sie die Kolumne vom Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer.
Publiziert: 30.11.2017 um 15:05 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:30 Uhr

Es ist höchst bedauerlich, dass die erfolgreichen Bemühungen der Tierschützer in den 1980er-Jahren, die Pelzmode zu ächten, wieder zunichtegemacht worden sind. Offenbar hat es dafür nicht mehr gebraucht als jenen einen Schwachkopf, der vor ein paar Jahren auf die Idee gekommen ist, es wäre schick, die Kragen von Kapuzenjacken mit Pelzbordüren zu versehen.

Über 440 Tonnen Pelz werden in die Schweiz jährlich importiert

Seither teilen Millionen von anderen Schwachköpfen diese Meinung: 2016 wurden 440 Tonnen Pelz in die Schweiz importiert – die Häute von unzähligen Lebewesen, die durch Elektroschock, Ertränken, Vergasen oder Niederknüppeln getötet werden. Vielen wird das Fell bei noch lebendigem Leib abgezogen. Doch den Käuferinnen und Käufern ist das komplett egal.

«Was das Auge nicht sieht, tut dem Herzen nicht weh.»

Sie verstecken sich, wie Ihre Freundin, hinter dem Argument, ihr Verhalten ändere so oder so nichts an den Zuständen – was an Kurzsichtigkeit nicht zu überbieten ist. Denn jeder einzelne Kauf erhält die Nachfrage aufrecht und damit eine brutale Industrie am Leben. Selbiges gilt für den Konsum von Fleisch, Milch, Eiern und Billigmode, der auch nur mit zugekniffenen Augen möglich ist.

2016 wurden 440 Tonnen Pelz in die Schweiz importiert
Foto: Getty Images Symbol-Bild

Die Ignoranz wird nur grösser werden

Sie sind allem Anschein nach mit einer Frau zusammen, die nur an ihrem eigenen Vergnügen interessiert ist, nicht aber an dessen Konsequenzen. Und diese Ignoranz, die leider sehr verbreitet ist, wird sich früher oder später auch gegen Sie, Ihre Gefühle und Ihre Bedürfnisse richten, falls das nicht längst der Fall ist. Auch da werden Sie nicht mit Empathie rechnen dürfen.

Man könnte nun entgegnen, dass es völlig übertrieben ist, einen solchen Vergleich zu ziehen zwischen einer simplen Jacke und einer ganzen Partnerschaft, aber es sind genau diese vermeintlich kleinen Dinge, an denen sich Grosses entscheidet. Wie eben die häufig falsch oder überhaupt nicht beantwortete Frage des Respekts.

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