Zähne putzen mit Mineralwasser
Berghütten: Was tun, wenn kein Wasser mehr fliesst?

Immer mehr Berghüttenwartinnen und -warten kämpfen um Wasser. So auch Beat Dietrich von der Lötschenpasshütte. Sein Wasserproblem war schon vor Jahren so akut, dass er dringend eine Lösung brauchte.
Publiziert: 22.08.2022 um 17:46 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2022 um 12:40 Uhr
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Barbara EhrenspergerRedaktion Green

«Die wollen doch nur Geld verdienen», flucht ein Berggänger auf dem Bänkli beim Eingang der Lötschenpasshütte. «Die verkaufen Trinkwasser in Flaschen.» Er schickt seine Frau in die Hütte, die leeren Bidons aufzufüllen. Als sie rauskommt, erklärt sie: «Sie haben kein Trinkwasser hier oben, darum verkaufen sie das Wasser in Flaschen.» «Stimmt doch gar nicht, in der Schweiz gibt es überall Trinkwasser», antwortet der Deutsche.

Da irrt sich der Gast. Die Lötschenpasshütte verfügt über kein Trinkwasser. Denn den Ferdengletscher gibt es nicht mehr. Das heisst, in der Gitzzifurggu oben kann man nicht mehr Gletscherwasser sammeln für eine Trinkwasserversorgung der Hütte. «Als ich vor 30 Jahren die Hütte übernahm, war das kein Thema: Dank des Gletschers hatten wir gut Wasser», erklärt Hüttenchef und Eigentümer Beat Dietrich (60). In den vergangenen Jahren schmolz der Gletscher so arg dahin, dass es immer weniger Schmelzwasser wurde, und Dietrich begann schon vor zehn Jahren, sich Gedanken zu machen.

Tipps fürs Wassersparen am Berg

«Was können Gäste beitragen, damit den Hütten das Wasser nicht frühzeitig ausgeht?», fragt der Schweizerische Alpenclub SAC auf seiner Webseite. Und das sind die Ratschläge:

  • Bereits für den Hüttenzustieg sollte eine ausreichende Menge an Getränken mitgeführt werden.
  • In der Hütte ist sparsam mit dem kostbaren Nass umzugehen. Also etwa bei der Katzenwäsche.
  • Und schliesslich zählen die Hüttenteams auch auf das Verständnis der Gäste, falls die Hüttenteams kurzfristige Massnahmen zum Wassersparen ergreifen müssen; wie etwa die Gäste aufs alte Plumpsklo schicken, oder wenn es im Waschraum kein fliessendes Wasser gibt und nur eine halbe Tasse Wasser zum Zähneputzen abgegeben wird.

Der Alpenclub ist sich aber bewusst, dass diese Massnahmen kurzfristig helfen. Darum sei das Thema «Wasserversorgung in SAC-Hütten» ein Teil der längerfristigen Klimastrategie.

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«Was können Gäste beitragen, damit den Hütten das Wasser nicht frühzeitig ausgeht?», fragt der Schweizerische Alpenclub SAC auf seiner Webseite. Und das sind die Ratschläge:

  • Bereits für den Hüttenzustieg sollte eine ausreichende Menge an Getränken mitgeführt werden.
  • In der Hütte ist sparsam mit dem kostbaren Nass umzugehen. Also etwa bei der Katzenwäsche.
  • Und schliesslich zählen die Hüttenteams auch auf das Verständnis der Gäste, falls die Hüttenteams kurzfristige Massnahmen zum Wassersparen ergreifen müssen; wie etwa die Gäste aufs alte Plumpsklo schicken, oder wenn es im Waschraum kein fliessendes Wasser gibt und nur eine halbe Tasse Wasser zum Zähneputzen abgegeben wird.

Der Alpenclub ist sich aber bewusst, dass diese Massnahmen kurzfristig helfen. Darum sei das Thema «Wasserversorgung in SAC-Hütten» ein Teil der längerfristigen Klimastrategie.

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Wasser hochpumpen ohne Strom?

Die erste Idee war, das Regenwasser unterhalb der Hütte zu sammeln und mit einer Solarpumpe hochzupumpen. «Klappte nicht schlecht, aber es reicht nicht wirklich aus, und wir hatten quasi nur Wasser bei schönem Wetter», erzählt Andrea Strohmeier (44), die zusammen mit Dietrich die Hütte führt. Was so einfach klingt, ist in Wahrheit mit viel Arbeit verbunden und braucht Zeit, denn so ein Regenwassersee entsteht im steilen Gelände nicht ohne fleissige Hände, die Steine rumschleppen. Ausserdem braucht es das nötige Know-how, wie so eine Solarpumpe funktioniert.

Hüttenwart Beat Dietrich in der Küche der Lötschenpasshütte.
Foto: Barbara Ehrensperger
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Dietrich suchte also weiter nach Wasser. Er wusste, dass unterhalb, auf dem Abstiegsweg von der Hütte, in einer Senke immer Wasser floss. So begann er periodisch zu schauen, ob das Wasser stetig floss und ob es genügend sein könnte. Und es floss tatsächlich genügend! Doch das Problem, wie es in die Hütte hochkommt, war noch nicht gelöst. Und auch klar war: Das wird keine Trinkwasserqualität haben. Denn wenn einer der Steinböcke, die es in der Region hat, irgendwo in der Senke pinkelt, ist das Wasser nicht mehr lebensmittelbehördentauglich. Aber als Wasser für den Betrieb der Hütte und abgekocht als Teewasser ist es prima.

Zwei Drittel Wasser bleiben in der Natur

Doch wie kommt denn nun das Wasser in die Hütte hoch? «Von einem Kollegen habe ich von der Widder-Pumpe erfahren, die zwei Drittel des Wassers für die Pumpleistung braucht und damit ein Drittel Wasser transportiert», erklärt Dietrich begeistert. Sprich, die Pumpe braucht keinen Strom und kann so unterhalb der Senke der Hütte stehen.

Eine Widder-Pumpe läuft ohne Strom.
Foto: Blick Grafik

Seit drei Jahren läuft und läuft die Pumpe, füllt den 3000-Liter-Tank oben bei der Krete und den 7000-Liter-Tank bei der Hütte. So bekommen die Gäste zwar Hüttentee vom einheimischen Wasser, aber das Trinkwasser kommt aus der Flasche. Und der Natur wird nur ein Drittel des gesamten Wasservolumens entzogen.

Heliflug für Diesel nicht mehr nötig

«Nachhaltiges Wirtschaften mit Energie und Wasser ist uns enorm wichtig», sagen Dietrich und Strohmeier. «Früher wurden 2000 Liter Diesel hochgeflogen für den Generator – das brauchen wir heute nicht mehr. Wir sind autark», so Dietrich. Zwei Windräder und eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach versorgen sie mit Strom. Auf dem Westdach sind die thermischen Kollektoren angebracht, die das Wasser aufheizen. Dank diesen wird der Heisswasserboiler auf bis zu 90 Grad geheizt.

«So können wir unseren Gästen heissen Kaffee und Tee direkt vom Heisswasserhahn servieren. Und das Aufheizen des Wassers mit Gas oder Holz entfällt grösstenteils», erklärt der Hüttenwart. Und weil sie so über genügend heisses Wasser verfügen, hat der Hüttenwart bei der Waschmaschine einfach die Heizstäbe abgehängt und die Maschine direkt ans Heisswasser angeschlossen. «Für die Kochwäsche funktioniert es prima mit dem heissen Wasser, wir müssen nun einfach schauen, wie wir die 30-Grad-Wäsche hinbekommen», meint er schmunzelnd.

Technik bietet Komfort

Wie könnten wir noch weniger Strom und so wenig Wasser wie möglich brauchen? Diese Frage scheint Dietrich und sein Team zu beflügeln. Auf dem Panel, das in der Küche angebracht ist, sieht das Team immer, wann, wo und wie viel Strom produziert und wie viel Energie verbraucht wird. Und danach richtet man sich aus.

Dass der Komfort darunter nicht leiden muss, zeigt sich schnell: So wird dank des Heizwassers das Erdgeschoss der Hütte im Winter mit Fussbodenheizung gewärmt. Zudem darf man sein Handy laden. Aber nicht an der Steckdose, sondern via Powerbank. Warum ist das besser? Dietrich: «Die Gäste wollen alle am Abend ihre Telefone laden, und da scheint die Sonne meist nicht mehr. Powerbanks kann ich laden, wenn ich Solarstrom überschüssig habe.»

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