Statt in 10 Stunden mit dem Flugzeug und Auto
Zürcherin reist vier Tage mit dem Zug nach Portugal

Der südwestlichste Punkt Europas, Cabo de São Vicente, liegt in Portugal. Nadja Leuch (24) besuchte dort letzten Frühling eine Freundin. Sie reiste aber nicht mit dem Flieger, sondern in einer viertägigen Zugreise. Blick hat sie von ihrer Reise erzählt.
Publiziert: 08.03.2022 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2022 um 09:49 Uhr
Barbara Ehrensperger

Vier Tage lang reiste die Zürcherin Nadja Leuch (24) letzten Frühling mit dem Zug quer durch Europa. «Ich wollte ökologisch reisen», erklärt sie im Gespräch mit Blick. Am Zugfahren geniesse sie besonders, dass man genug Platz habe, um zu malen oder Tichu (ein Kartenspiel) zu spielen oder zu jassen. Zudem sehe man deutlich mehr von dem Land, in das man reist, findet Leuch.

Um an den südwestlichen Ort von Europa, nach Sagres, zu gelangen, hätte Leuch mit dem Flieger nach Lissabon oder Faro fliegen können und von dort mit einem Mietwagen bis nach Sagres fahren.

«Das wäre je nach Billigflieger-Angebot sogar günstiger gekommen», meint Leuch. Insgesamt wäre sie damit rund elf Stunden unterwegs gewesen. Stattdessen entschied sich Leuch für eine viertägige Reise im Zug: «Ich sorge mich um das Klima, da ist es für mich klar, dass ich möglichst versuche, nicht zu fliegen».

Nadja Leuch (24) ist im vergangenen Jahr mit dem Zug via Paris, Barcelona und Sevilla bis nach Sagres im Südwesten von Portugal gereist, um eine Freundin zu besuchen.
Foto: zVg
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Zugreise mit spannenden Zwischenstopps

Im Frühling 2021 versuchte sich die Politikwissenschaftsstudentin darüber zu informieren, wie sie und ihr Freund am schnellsten mit dem Zug nach Sagres reisen könnten. «Wegen Corona war unklar, welche Züge ist jetzt fahren und welche nicht», erzählt sie.

Mit Hilfe der Zugreise-Plattform Simple Train, die Marius Portmann, ein ehemaliger Kantonschulkollege von Leuch, gegründet hat, buchten die beiden ihre ganz individuelle Reiseroute. «Er hat mir rasch tolle Vorschläge gemacht, auf die ich nicht gekommen wäre», findet Leuch.

So funktioniert Simple Train

Alle sprachen übers Klima und darüber, was man tun könnte. Auch Marius Portmann (23), Austin Widmer (23) und Linus Egli (24). Doch nur Diskutieren reichte ihnen nicht aus. Sie stören sich daran, dass es überall hiess: Zugfahren sei zu teuer und zu kompliziert. «Wir wussten, dass das Zugfahren auch relativ günstig geht und eine bequeme Alternative zum Flugzeug darstellt», sagt Portmann.

«Schreibt mir auf Facebook, und ich suche euch die günstigste und einfachste Zugreise raus», schrieb Portmann. Und siehe da: Es meldeten sich Leute. «Ich bin heute noch überrascht, dass sich Leute einfach so gemeldet haben.» So suchten die drei Zugverbindungen raus und buchten Tickets für Zugreisende.

Anmelden und Anfragen

2020 gründeten sie dann Simple Train als GmbH, und heute kann man sich auf ihrer Webseite registrieren und seine Anfrage in einem Formular oder als Text formulieren. Anschliessend bekommt man Vorschläge und kann diese annehmen oder Änderungswünsche anbringen. Nach Bezahlung der Tickets und einer Buchungsgebühr erhält man die Billette online oder bei komplizierteren Reisen per Post. Und wer beispielsweise eine Reise für vier Personen nach Paris bucht, spart gut und gerne fast zweihundert Franken im Vergleich zur SBB.

«Für Reservationen in Italien oder Spanien oder auch Velo-Tickets im Ausland braucht es immer noch Papier-Tickets. Diese schicken wir unseren Kundinnen und Kunden per Post zu», erzählt der Soziologie- und Umweltwissenschaften-Student.

Gewinn ist kein Ziel

Als Ziel haben die drei Jungunternehmern nicht möglichst hohen Gewinn definiert, sondern «dass sich die Schweizer Bevölkerung in absehbarer Zeit überlegt, ob und wie sie mit dem Zug verreisen kann, statt einfach in den Flieger zu sitzen». Seit Herbst 2020 wird Simple Train vom Migros Pionierfonds gefördert. In den nächsten zwei bis drei Jahren hat sich das siebenköpfige Team zum Ziel gesetzt, als selbsttragende Firma funktionieren zu können.

Simple-Train-Gründer (hinten von links nach rechts): Marius Portmann (23), Austin Widmer (23), Linus Egli (24) mit Karin Hugentobler (23) und Saskia Bilang (24), die für die Kommunikation verantwortlich sind.
zVg

Alle sprachen übers Klima und darüber, was man tun könnte. Auch Marius Portmann (23), Austin Widmer (23) und Linus Egli (24). Doch nur Diskutieren reichte ihnen nicht aus. Sie stören sich daran, dass es überall hiess: Zugfahren sei zu teuer und zu kompliziert. «Wir wussten, dass das Zugfahren auch relativ günstig geht und eine bequeme Alternative zum Flugzeug darstellt», sagt Portmann.

«Schreibt mir auf Facebook, und ich suche euch die günstigste und einfachste Zugreise raus», schrieb Portmann. Und siehe da: Es meldeten sich Leute. «Ich bin heute noch überrascht, dass sich Leute einfach so gemeldet haben.» So suchten die drei Zugverbindungen raus und buchten Tickets für Zugreisende.

Anmelden und Anfragen

2020 gründeten sie dann Simple Train als GmbH, und heute kann man sich auf ihrer Webseite registrieren und seine Anfrage in einem Formular oder als Text formulieren. Anschliessend bekommt man Vorschläge und kann diese annehmen oder Änderungswünsche anbringen. Nach Bezahlung der Tickets und einer Buchungsgebühr erhält man die Billette online oder bei komplizierteren Reisen per Post. Und wer beispielsweise eine Reise für vier Personen nach Paris bucht, spart gut und gerne fast zweihundert Franken im Vergleich zur SBB.

«Für Reservationen in Italien oder Spanien oder auch Velo-Tickets im Ausland braucht es immer noch Papier-Tickets. Diese schicken wir unseren Kundinnen und Kunden per Post zu», erzählt der Soziologie- und Umweltwissenschaften-Student.

Gewinn ist kein Ziel

Als Ziel haben die drei Jungunternehmern nicht möglichst hohen Gewinn definiert, sondern «dass sich die Schweizer Bevölkerung in absehbarer Zeit überlegt, ob und wie sie mit dem Zug verreisen kann, statt einfach in den Flieger zu sitzen». Seit Herbst 2020 wird Simple Train vom Migros Pionierfonds gefördert. In den nächsten zwei bis drei Jahren hat sich das siebenköpfige Team zum Ziel gesetzt, als selbsttragende Firma funktionieren zu können.

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Die erste Etappe: Zürich bis Paris. Hier genossen die beiden «das Gefühl der Stadt», wie Leuch schwärmt. «Mein Geheimtipp: Auf die Terrasse des Lafayette zu steigen. Von dort hat man gratis eine wunderbare Aussicht über die gesamte Stadt!»

Von Paris ging es dann in sechs Stunden Fahrt weiter nach Barcelona. Ein Picknick und eine Runde des Spiels «The Game Duel» später, kamen sie in der spanischen Metropole an. Neben einigen touristischen Attraktionen liessen sie sich hier kulinarisch verwöhnen: «Besonders fein sind die Pinchos, eine Art von belegte Brötchen.»

Der schönste Stopp

Weiter ging es in einer zehnstündigen Fahrt nach Sevilla. «Das war die längste Strecke am Stück unserer Reise», erzählt die Studentin. Aber auch auf dieser Fahrt sei es ihnen nicht langweilig geworden: «Wir haben unsere Lieblingsserie gestreamt.»

Sevilla sei der schönste Zwischenhalt auf ihrer Reise gewesen: «Mich überzeugten die schönen farbigen Häuser, welche mich an die Karibik erinnerten, und dass alles zu Fuss gut erreicht werden kann.» Weiter ging es von dort mit dem Bus nach Lagos und nochmals mit dem Bus nach Sagres. Die letzte Reise-Etappe dauerte vier Stunden.

Internationale Zugreisen während Corona

«Vor der Corona-Pandemie haben wir eine Zunahme der internationalen Zugreisen feststellen können», schreibt Jeannine Egi, Mediensprecherin der SBB. Von 2018 zu 2019 stieg der internationale Personenverkehr der SBB um sieben Prozent.

Die Pandemie habe sich stark auf die Anzahl Reisender im internationalen Personenverkehr ausgewirkt. Die Auslastung lag im letzten Jahr rund einen Drittel unter dem Niveau von 2019. Sie war stark abhängig von den Pandemie- und Einreise-Bestimmungen der einzelnen Länder.

«Vor der Corona-Pandemie haben wir eine Zunahme der internationalen Zugreisen feststellen können», schreibt Jeannine Egi, Mediensprecherin der SBB. Von 2018 zu 2019 stieg der internationale Personenverkehr der SBB um sieben Prozent.

Die Pandemie habe sich stark auf die Anzahl Reisender im internationalen Personenverkehr ausgewirkt. Die Auslastung lag im letzten Jahr rund einen Drittel unter dem Niveau von 2019. Sie war stark abhängig von den Pandemie- und Einreise-Bestimmungen der einzelnen Länder.

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24 Stunden im Zug unterwegs

«Durchzufahren an einem Stück wäre, möglich gewesen, aber wir wollten lieber mehr Zeit investieren und etwas von den Städten sehen», erklärt Leuch. Vier Tage dauerte die Reise, 24 Stunden davon verbrachten sie im Zug.

In Sagres angekommen, verbrachten sie Zeit im umweltfreundlichen Surfer-Gasthaus, das ihre Freundin aufgebaut hat. «Wir waren vermutlich fast die einzigen Gäste, die nicht wegen des Surfen an den südwestlichsten Zipfel Europas gereist sind», sagt Leuch schmunzelnd. Aber es sei auch ohne Surfbrett sehr schön da, versichert sie.

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