Schluss mit Einweg-Plastikrollen
Neue Folie soll Plastikfolien überflüssig machen

Wachstücher zum Gemüse einwickeln, Plastikfolie für rohes Fleisch, Backtrennpapier zum Pizza backen – eine Schublade voller Verpackungsmaterial. Eine Folie aus Silikon soll all diese ersetzen. Wir haben es ausprobiert.
Publiziert: 17.02.2023 um 14:22 Uhr
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Aktualisiert: 17.02.2023 um 16:09 Uhr
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Barbara EhrenspergerRedaktion Green

«Übermotiviert» seien die Silikonfolien, lese ich beim Auspacken der Wrap-its. Grinsend frage ich mich, was das bedeuten soll. Zwei Sekunden später ist es mir klar: Die Folien kleben grandios. An sich selbst, am Tisch und am Schüsselrand. Jedenfalls habe ich innert Sekunden statt der glatten Folie einen Klumpen, den ich wieder auseinandernehmen muss.

Ist die Folie erstmal über dem Schüsselchen mit den Resten drin, hält sie grossartig. Selbst beim Umkippen leert nichts aus.

Schon 20’000 Folien verkauft

Da wir weniger Folien in unseren Schubladen haben wollen, nutzen wir die Folie auch als Backpapier und machen damit darauf eine Pizza. Das klappt prima – ausser dass wir drei Folien zusammenkleben müssen, um das Backblech ganz abzudecken. «Wir sind dran, eine Folie in der Grösse eines Standard-Backpapiers herstellen zu lassen», sagt Arshya Shahheydari (22), der Ideengeber und Mitgründer von Togeco, die die Folien produzieren lässt.

Die Silikonfolie lässt sich ziehen und haftet gut – manchmal auch zu gut.
Foto: Barbara Ehrensperger
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«Noch befindet sich das ganze Lager von Togeco bei Arshya in der Wohnung», erzählt MitgründerNicholas Hänny (31) entschuldigend. Eine neue Foliengrösse herzustellen, bedeutet eine neue Verpackung und mehr Material in der Wohnung – und dafür reicht der Platz momentan nicht.

Die beiden freuen sich riesig, dass sie schon 5000 Sets verkaufen konnten. «20’000 Folien sind in Schweizer Haushalten schon im Gebrauch», so Shahheydari «Und das, obwohl wir erst im vergangenen September gestartet sind und nicht aktiv auf Wiederverkäufer zugegangen sind», doppelt Hänny nach. Unverpackt-Läden, die Onlinehändler Farmy und Galaxus führen die Silikonfolien in ihren Sortimenten.

Wunschproduktion in Europa

Gestartet haben die beiden Gründer mit 20'000 Franken und dem Wunsch, ein plastikfreieres Leben zu ermöglichen. Eigentlich wollten sie einen Hersteller in Europa finden, aber kein Produzent war bereit, ihre kleine Stückzahl herzustellen. «Aktuell produzieren wir in China, bei einem Hersteller, der auf Silikonbeutel spezialisiert ist. Aber unser Grundethos gilt auch da: Das Produkt muss fair für alle – Menschen und Natur – produziert sein», erklärt Hänny.

Den Produktionsstandort Europa haben sie aber noch nicht aufgegeben. «Wir suchen weiter», bekräftigen beide. Die Folien sind laut Hänny und Shahheydari aus Platin-Silikon, das auch für Prothesen und Nuggis verwendet wird. Dieses Silikon wird nicht aus Erdöl, sondern aus Silizium produziert.

Wie verstauen?

«Bis auf das Verstauen der Folien sind die Rückmeldungen der Kundinnen und Kunden durchwegs begeistert», erzählen die beiden Gründer.

Auch bei uns ist das Aufräumen und Aufbewahren der Folie der grösste Diskussionspunkt. Zuerst haben wir die Folien zerknüllt in die Schublade gelegt. Dann wurden sie aber kaum noch gebraucht, weil man sie jedes Mal neu entwirren musste. Wir probierten darum einiges aus: Ums Wallholz wickeln, über dünne Brettchen legen oder zurück ins Seidenpapier packen (so werden sie geliefert).

«Wir sind auf der Suche nach einer einfachen Lösung, um die Folien simpel zu verstauen», erklärt Shahheydari. Die Kundinnen und Kunden liefern ihnen oft Ideen. Hänny freut sich: «Es ist toll, zu sehen, dass die Menschen bereit sind, eine Extra-Meile für die Umwelt zu gehen.»

Kein Thema ist in unserem Haushalt die Reinigung der Folien: Sie werden von Hand abgewaschen. Den Versuch in der Abwaschmaschine haben wir einmal unternommen. Es klappt, aber man ist schneller von Hand.

Träumerischer Finanzplan

Der Berner Shahheydari arbeitet seit Dezember 2022 Vollzeit für Togeco und kann sich einen kleinen Lohn auszahlen. Hänny hilft beim Jungunternehmen nur aus – er ist Chef der nachhaltigen Kleidermarke Nikin – und bezieht keinen Lohn.

Wie es weitergeht mit den Folien und ob sie wirklich die Einweg-Plastikrollen verdrängen, wird sich zeigen. Aber dass die beiden Gründer auf dem richtigen Weg sind, zeigen ihre Finanzen. «Wir sind mit den erreichten Zahlen, näher an unserem Traum-Finanzplan, als am hart kalkulierten», freuen sie sich.

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