Foto: Anja Wurm

Fette Ernte dank Fischkot und Robotern
Sechs Ideen für eine Agrarrevolution

Radikale 
neue Wege in der ­Landwirtschaft sind vonnöten, um unsere Ernährung global 
zu sichern. In der Schweiz gibt es viele Ideen
Publiziert: 23.06.2019 um 11:05 Uhr
|
Aktualisiert: 24.06.2019 um 09:56 Uhr
Marcus Pan und Trix Barmettler haben auf dem Auenhof in der Zürcher Gemeinde Feldbach ein Pilotprojekt gestartet.
Foto: Anja Wurm
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Silvia Tschui

Bodenverdichtung. Artenschwund. Insektensterben. Sinkende Grundwasserspiegel. Krebs­erregende Pestizide im Trinkwasser. Hinzu kommt der ­Klimawandel mit Dürren und sintflutartigen Niederschlägen, die fruchtbare Erde wegschwemmen.

Dies ist die aktuelle Realität der Landwirtschaft. Die Zukunft klingt noch schlimmer. Experten sagen, dass wir global gesehen noch 30 Jahre lang Ernten wie heute ­einfahren können, bevor Dürre, ­Bodenerosion und das Verschwinden der Insekten die globale Ernährungssicherheit bedrohen.
Eine Agrarrevolution tut also dringend not.

Wie diese aber ­auszusehen hat, darüber herrscht noch kein Konsens. Grassroots-­Bewegungen wie die Permakultur propagieren ein radikales Um­denken, im Zentrum steht für sie die Gesund­erhaltung der Böden – die Resultate und wissenschaftliche Untersuchungen geben ihnen recht. Andere Ansätze sehen die Zukunft in einer weiteren ­Industrialisierung – Drohnen und Roboter sollen unsere Felder punktgenau bewirtschaften. Doch ob mehr vom Gleichen und dessen blosse Verfeinerung die Lösung sind?

Die Industrialisierung der heute krisen­geschüttelten Landwirtschaft war zwar einst ein Segen: Die Kosten sanken, die Erträge stiegen. Nur hat sie eben die bekannten Neben­wirkungen, die langfristig unsere Ernährungs­sicherheit gefährden.

Drohendes Versiegen der Kornkammern der Welt

Neue Messungen bestätigen den Abwärtstrend in der Nahrungsmittelsicherheit. Felix Kogan, Forscher der US-Wetterbehörde (NOAA), warnte bereits 2015 im «Spiegel»: «In acht der bisherigen 15 Jahre dieses Jahrhunderts wurden weltweit weniger Lebensmittel produziert als verbraucht. Der Grund dafür waren vor allem Dürren.»

Diese ­sollen sich in Zukunft noch verstärken – gemäss dem US-Klimabericht von 2015 kann sich die Landwirtschaft im Mittleren Westen nur noch bis ca. 2050 an die veränderten Klimabedingungen anpassen. Der Mittlere ­Westen der USA ist aber mit rund 27 Millionen Tonnen exportiertem Weizen die grösste Kornkammer der Welt. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung – die Uno geht in einer Studie aus dem Jahr 2017 von 11,2 Milliarden Menschen für das Jahr 2100 aus.

Auch in der Schweiz sieht es schitter aus. Der Swiss-Impex, also Handelszahlen des Departements für auswärtige Angelegenheiten, zeigt: 2018 importierte die Schweiz für etwa 12,8 Milliarden Franken landwirtschaftliche Produkte. Demgegenüber stehen Exporte von 9,8 Milliarden Franken. Fazit: Die Schweiz importiert mehr Nahrungsmittel, als sie exportiert, hat also jetzt schon nicht genug Fläche, um die Bevölkerung zu ernähren – und sie soll gemäss ­Bundesamt für Statistik bis 2050 noch um zwei bis drei Millionen Menschen wachsen.

Es braucht eine radikale Agrarrevolution

Wie soll die Landwirtschaft auf das unheilige Zusammenspiel von Bevölkerungswachstum und Klimawandel reagieren? Der Bauernverband hat nur zögerliche Antworten bereit. Mediensprecherin Sandra Helfenstein betont etwa, dass die Verschmutzung der Gewässer grösstenteils durch Industrie und Haushalte und nicht durch Pestizide – Pardon, hier muss gemäss Frau Helfenstein «Pflanzenschutzmittel» stehen – aus der Landwirtschaft stattfinde: «Der Rhein etwa führt jährlich 70 Tonnen Industrie- und Haushalts­chemikalien ab, und dabei nur eine Tonne Pflanzenschutzmittel.» Auch sie ist aber der Meinung: «Es braucht weitere Anstrengungen von allen Seiten, um die natürlichen Ressourcen noch besser zu schützen.» Drastischer und ideologiefrei formuliert: Sollen wir nicht auf eine globale Hungerkrise zusteuern, braucht es eine radikale Agrarrevolution. Sechs Ansätze dazu stellen wir hier vor.

1. Regeneration statt Raubbau

Biegt man nahe Feldbach am Zürichsee in ein kleines Strässchen ein, das durch ein Naturschutzgebiet führt, liegt dahinter der kleine, ­paradiesische Auenhof. Hier wachsen neu ­gepflanzte Hecken, Wildblumenstreifen und bunt gemischtes Gemüse kleinteilig angelegt. Darüber taumeln Schmetterlinge. Der in einer österreichischen Bauernfamilie ­aufgewachsene Permakulturlandwirt Marcus Pan und seine Partnerin, die international ­erfolgreiche Zürcher Grafikerin Trix Barmettler, betreiben hier ein ­Pilotprojekt. Permakultur ­verspricht, die Landwirtschaft zu regenerieren. «Alles beginnt mit dem Boden», sagt Pan.

Auf konventionell ­bewirtschafteten landwirtschaftlichen Böden nehme der Humusgehalt – die Nahrung für Pflanzen im Boden – ständig ab. ­Ak­tuell liegt er bei zwei Prozent. Nach den Grundsätzen der Permakultur bewirtschaftete Böden verfügen hingegen über einen Humus­gehalt von über ­sieben Prozent – was Bodenproben von ­österreichischen Perma­kultur-­Farmen, analysiert im Jahr 2013 von der der ­Regierung unterstellten Wiener Agentur für ­Gesundheit und ­Lebensmittelsicherheit, ­be­stätigen. Es sind Zahlen, die jedem konven­tionell agierenden Landwirt zu denken geben sollten. Denn dass auf solchen Böden mehr und Besseres wächst, liegt auf der Hand.

Um dem Boden Sorge zu tragen, machen Pan und Barmettler so einiges anders als die konven­tionelle Landwirtschaft. Gemüse pflanzen sie konsequent gemischt an, weil tief­wurzelnde Pflanzen Nährstoffe und Wasser aus tiefen Schichten für andere Pflanzen erschliessen. ­Schmale Gräben ziehen sich an bestimmten Stellen, wo Steigungen im ­Gelände sich ändern, durch das Land – um das Regenwasser so gut wie möglich im Boden zurückzuhalten. Der ­Boden wird nie umgegraben und liegt nie nackt da – entweder bedeckt ihn Neusaat oder Mulch (unverrottetes organisches Material). Dies verringert das ­Verdunsten von Wasser und schützt die Mikroorganismen. Statt Pestiziden kommen Kräuterjauchen zum Einsatz. So soll der Boden auf Hunderte von Jahren gesund bleiben.

Es ist eine Vielfalt von Techniken, die die Permakultur einsetzt, um die ­Prozesse auf einem Hof so naturnah und damit so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Das hat Erfolg: Diverse Studien der USA sowie von Ländern Lateinamerikas und Afrikas bestätigen, dass Sortenmischungen mehr Ertrag bringen wie auch Gemüse mit vielfältigeren Inhalts­stoffen. Dass sich die Prinzipien der Perma­kultur nicht schon längst durchgesetzt haben, hat einen Grund: die Ernte. Diese sei arbeits­intensiver als bei industria­lisierter Produktion, ­sagen konventionell arbeitende Landwirte. Für Pan aber ist dies kein ­Argument: «Permakultur ist Gestaltung – ein Designprozess. Man kann durchaus Felder grossflächig so designen und eine Mischkultur so anlegen, dass man ­maschinell ernten kann.»

Mehr Informationen: www.permakultur-auenhof.ch

Biegt man nahe Feldbach am Zürichsee in ein kleines Strässchen ein, das durch ein Naturschutzgebiet führt, liegt dahinter der kleine, ­paradiesische Auenhof. Hier wachsen neu ­gepflanzte Hecken, Wildblumenstreifen und bunt gemischtes Gemüse kleinteilig angelegt. Darüber taumeln Schmetterlinge. Der in einer österreichischen Bauernfamilie ­aufgewachsene Permakulturlandwirt Marcus Pan und seine Partnerin, die international ­erfolgreiche Zürcher Grafikerin Trix Barmettler, betreiben hier ein ­Pilotprojekt. Permakultur ­verspricht, die Landwirtschaft zu regenerieren. «Alles beginnt mit dem Boden», sagt Pan.

Auf konventionell ­bewirtschafteten landwirtschaftlichen Böden nehme der Humusgehalt – die Nahrung für Pflanzen im Boden – ständig ab. ­Ak­tuell liegt er bei zwei Prozent. Nach den Grundsätzen der Permakultur bewirtschaftete Böden verfügen hingegen über einen Humus­gehalt von über ­sieben Prozent – was Bodenproben von ­österreichischen Perma­kultur-­Farmen, analysiert im Jahr 2013 von der der ­Regierung unterstellten Wiener Agentur für ­Gesundheit und ­Lebensmittelsicherheit, ­be­stätigen. Es sind Zahlen, die jedem konven­tionell agierenden Landwirt zu denken geben sollten. Denn dass auf solchen Böden mehr und Besseres wächst, liegt auf der Hand.

Um dem Boden Sorge zu tragen, machen Pan und Barmettler so einiges anders als die konven­tionelle Landwirtschaft. Gemüse pflanzen sie konsequent gemischt an, weil tief­wurzelnde Pflanzen Nährstoffe und Wasser aus tiefen Schichten für andere Pflanzen erschliessen. ­Schmale Gräben ziehen sich an bestimmten Stellen, wo Steigungen im ­Gelände sich ändern, durch das Land – um das Regenwasser so gut wie möglich im Boden zurückzuhalten. Der ­Boden wird nie umgegraben und liegt nie nackt da – entweder bedeckt ihn Neusaat oder Mulch (unverrottetes organisches Material). Dies verringert das ­Verdunsten von Wasser und schützt die Mikroorganismen. Statt Pestiziden kommen Kräuterjauchen zum Einsatz. So soll der Boden auf Hunderte von Jahren gesund bleiben.

Es ist eine Vielfalt von Techniken, die die Permakultur einsetzt, um die ­Prozesse auf einem Hof so naturnah und damit so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Das hat Erfolg: Diverse Studien der USA sowie von Ländern Lateinamerikas und Afrikas bestätigen, dass Sortenmischungen mehr Ertrag bringen wie auch Gemüse mit vielfältigeren Inhalts­stoffen. Dass sich die Prinzipien der Perma­kultur nicht schon längst durchgesetzt haben, hat einen Grund: die Ernte. Diese sei arbeits­intensiver als bei industria­lisierter Produktion, ­sagen konventionell arbeitende Landwirte. Für Pan aber ist dies kein ­Argument: «Permakultur ist Gestaltung – ein Designprozess. Man kann durchaus Felder grossflächig so designen und eine Mischkultur so anlegen, dass man ­maschinell ernten kann.»

Mehr Informationen: www.permakultur-auenhof.ch

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2. Mit der Gen-Schere zu Pflanzen nach Mass

Das, wenn man Pflanzen so designen könnte, dass sie kaum Wasser bräuchten, für Schäd­linge unattraktiv wären und trotzdem grossen Ertrag lieferten? Nun, man kann – der Mensch begann damit schon vor 11 000 Jahren, als er sich dazu entschied, Ackerbau zu be­treiben. Er wählte Getreidesorten aufgrund ihres Ertrags aus und baute sie gezielt an.

Was wir heute an Gemüse und Getreide essen, ist fast ­alles vom Menschen designt – in der Natur kommen keine Ochsenherztomaten und keine prallen Erdbeeren vor. Die schlechte Nachricht: 11 000 Jahre haben wir nicht mehr, um unsere Sorten den veränderten Klimabedingungen ­anzupassen. Der Klimawandel schreitet so rasch voran wie noch nie in der Erdgeschichte. Mit CRISPR/Cas9 steht eine Technik zur Verfügung, die eigentlich dasselbe tut wie jahr­tausendealte Züchtung: Mit zielgerichteten ­Eingriffen ins Erbgut lassen sich Eigenschaften eliminieren, verstärken oder gar neu hinzufügen. Wie mit ­einer Schere können Forscher Abschnitte der DNA «ausschneiden» und mit anderer DNA – etwa von anderen Pflanzen – wieder «füllen». Die Resultate sind vielfältig. So gibt es bereits «gecrisperte» Reispflanzen, die gegen die Reisbräune immun sind. Oder mehltauresistente Trauben.

Dass ­ diese nicht grossflächig angebaut werden, liegt an der Gesetzgebung, die eine grosse Schwachstelle des Verfahrens ­regelt: Weil unklar ist, wie sich die gen­veränderten Sorten, die ihr ­Erbgut an die ­nächsten Generationen weitergeben, auf ­Ökosysteme auswirken werden, zögern ­sowohl die EU wie auch die Schweiz, «gecrisperte» Pflanzen zuzulassen.

Das, wenn man Pflanzen so designen könnte, dass sie kaum Wasser bräuchten, für Schäd­linge unattraktiv wären und trotzdem grossen Ertrag lieferten? Nun, man kann – der Mensch begann damit schon vor 11 000 Jahren, als er sich dazu entschied, Ackerbau zu be­treiben. Er wählte Getreidesorten aufgrund ihres Ertrags aus und baute sie gezielt an.

Was wir heute an Gemüse und Getreide essen, ist fast ­alles vom Menschen designt – in der Natur kommen keine Ochsenherztomaten und keine prallen Erdbeeren vor. Die schlechte Nachricht: 11 000 Jahre haben wir nicht mehr, um unsere Sorten den veränderten Klimabedingungen ­anzupassen. Der Klimawandel schreitet so rasch voran wie noch nie in der Erdgeschichte. Mit CRISPR/Cas9 steht eine Technik zur Verfügung, die eigentlich dasselbe tut wie jahr­tausendealte Züchtung: Mit zielgerichteten ­Eingriffen ins Erbgut lassen sich Eigenschaften eliminieren, verstärken oder gar neu hinzufügen. Wie mit ­einer Schere können Forscher Abschnitte der DNA «ausschneiden» und mit anderer DNA – etwa von anderen Pflanzen – wieder «füllen». Die Resultate sind vielfältig. So gibt es bereits «gecrisperte» Reispflanzen, die gegen die Reisbräune immun sind. Oder mehltauresistente Trauben.

Dass ­ diese nicht grossflächig angebaut werden, liegt an der Gesetzgebung, die eine grosse Schwachstelle des Verfahrens ­regelt: Weil unklar ist, wie sich die gen­veränderten Sorten, die ihr ­Erbgut an die ­nächsten Generationen weitergeben, auf ­Ökosysteme auswirken werden, zögern ­sowohl die EU wie auch die Schweiz, «gecrisperte» Pflanzen zuzulassen.

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3. Die Mischung machts

«Die Wissenschaft bestätigt einzelne Aspekte von dem, was Permakultur-Anbauer prakti­zieren», sagt der ETH-Professor für Agraröko­logie Christian Schöb. Er erforscht seit 2016 an einer Versuchsanlage am Zürcher Universitäts-­Campus Irchel Artenmischungen. «Misch­kulturen von Gräsern sind ertragreicher, langfristig stabiler und gesünder und ­benötigen weniger Pestizide als Monokulturen», sagt er. Mit Gräsern meint er Getreide wie Weizen oder Gerste.

In Versuchsfeldern ­untersucht er, welche Artenmischungen ertrags­steigernd aufeinander wirken, und vergleicht diese mit Monokulturen. In Messungen über vier Jahre ermitteln er und sein Team ­gemeinsam mit 23 anderen, global verteilten Forschungs­stationen das Aufkommen von ­Unkräutern, wie die Zusammensetzung der ­Mikroorganismen in den unterschiedlichen ­Mischungen aussieht, wie viel Nährstoffe und CO2 die Pflanzen in den unterschiedlichen Kombinationen speichern und wie ertragreich die Pflanzen sind. Auch wenn ­einige Ergebnisse noch ausstehen, zeichnet sich ab: In Misch­kulturen ist der Ertrag höher, das Aufkommen von Unkräutern kleiner, das Mikro­biom des Bodens anders und das Aufkommen von Schädlingen ge­ringer. Sind insbesondere Leguminosen, also Pflanzen wie Lupinen oder Erbsen, mit Getreide kombiniert, zeichnet sich eine gegenseitige Ertrag­s-steigerung ab. Permakultur und Arten­mischungen sind also klare Gewinner, geht es um Biodiversität, Ertragssteigerung und Pestizidverminderung. Zur Frage der Ernte hat auch Schöb Lösungen bereit.

Vor allem im Tierfutterbereich sei es sinnvoll, etwa Eiweiss­erbsen mit Gerste anzupflanzen. Beides sei gleichzeitig erntbar und komme ins Silo. Auch könnten neu­artige Sä- und Erntemaschinen, die das Erntegut mechanisch voneinander trennen, entwickelt werden. Dann muss man die Mischkultur so auswählen, dass der Erntezeitpunkt derselbe ist, und an den Maschinen müsste nur ein weiterer Trennungsschritt an­gebracht werden. Schöb wünscht sich ein Um­denken: «Aktuell sind nur rund 0,5 Prozent der Schweizer Ackerflächen mit Mischkulturen bewirtschaftet – unsere Böden würden uns ­danken, wenn diese Fläche grösser würde.»

«Die Wissenschaft bestätigt einzelne Aspekte von dem, was Permakultur-Anbauer prakti­zieren», sagt der ETH-Professor für Agraröko­logie Christian Schöb. Er erforscht seit 2016 an einer Versuchsanlage am Zürcher Universitäts-­Campus Irchel Artenmischungen. «Misch­kulturen von Gräsern sind ertragreicher, langfristig stabiler und gesünder und ­benötigen weniger Pestizide als Monokulturen», sagt er. Mit Gräsern meint er Getreide wie Weizen oder Gerste.

In Versuchsfeldern ­untersucht er, welche Artenmischungen ertrags­steigernd aufeinander wirken, und vergleicht diese mit Monokulturen. In Messungen über vier Jahre ermitteln er und sein Team ­gemeinsam mit 23 anderen, global verteilten Forschungs­stationen das Aufkommen von ­Unkräutern, wie die Zusammensetzung der ­Mikroorganismen in den unterschiedlichen ­Mischungen aussieht, wie viel Nährstoffe und CO2 die Pflanzen in den unterschiedlichen Kombinationen speichern und wie ertragreich die Pflanzen sind. Auch wenn ­einige Ergebnisse noch ausstehen, zeichnet sich ab: In Misch­kulturen ist der Ertrag höher, das Aufkommen von Unkräutern kleiner, das Mikro­biom des Bodens anders und das Aufkommen von Schädlingen ge­ringer. Sind insbesondere Leguminosen, also Pflanzen wie Lupinen oder Erbsen, mit Getreide kombiniert, zeichnet sich eine gegenseitige Ertrag­s-steigerung ab. Permakultur und Arten­mischungen sind also klare Gewinner, geht es um Biodiversität, Ertragssteigerung und Pestizidverminderung. Zur Frage der Ernte hat auch Schöb Lösungen bereit.

Vor allem im Tierfutterbereich sei es sinnvoll, etwa Eiweiss­erbsen mit Gerste anzupflanzen. Beides sei gleichzeitig erntbar und komme ins Silo. Auch könnten neu­artige Sä- und Erntemaschinen, die das Erntegut mechanisch voneinander trennen, entwickelt werden. Dann muss man die Mischkultur so auswählen, dass der Erntezeitpunkt derselbe ist, und an den Maschinen müsste nur ein weiterer Trennungsschritt an­gebracht werden. Schöb wünscht sich ein Um­denken: «Aktuell sind nur rund 0,5 Prozent der Schweizer Ackerflächen mit Mischkulturen bewirtschaftet – unsere Böden würden uns ­danken, wenn diese Fläche grösser würde.»

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4. Nehmt euch an der eigenen Nase!

Nun soll noch einmal Frau Helfenstein vom ­Bauernverband das Wort haben. Und weil sie am Telefon träfe Worte findet, im Originalton: «Wenn Sie etwas für Klima und Arten­vielfalt tun wollen, dann kaufen Sie bio und ­lokal und achten Sie nicht nur auf den Preis. Leider kaufen viele Konsumenten nur die ­perfektesten Äpfel. Man kann aber nicht vom Bauern verlangen, Früchte und ­Gemüse ohne jedes Fleckchen zu ­liefern, und gleichzeitig nach einer Produktion ohne Pflanzenschutzmittel rufen. Beides schliesst einander aus. Und natürlich stossen Kühe Methan, ein Treib­hausgas, aus. Reduzieren kann man das, wenn man weniger Rindfleisch konsumiert. In der Schweiz den Kuhbestand verringern, wenn der Konsum gleich hoch bleibt, ist ­Unsinn. Sonst müssen wir Fleisch ­importieren, was für die Umwelt noch schlechter ist. Der Bauernverband ist sehr für Innovation, wir erhoffen uns von Smart Farming viel. Auch Sortenmischungen und Agro­forestry, eine Kombination von Forst- und Landwirtschaft, scheinen uns vielversprechend. Bauern haben grösstes ­Interesse daran, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Es sind ihre Felder, die wie letztes Jahr verdörren. Wir sind die Ersten, die es trifft.»

Nun soll noch einmal Frau Helfenstein vom ­Bauernverband das Wort haben. Und weil sie am Telefon träfe Worte findet, im Originalton: «Wenn Sie etwas für Klima und Arten­vielfalt tun wollen, dann kaufen Sie bio und ­lokal und achten Sie nicht nur auf den Preis. Leider kaufen viele Konsumenten nur die ­perfektesten Äpfel. Man kann aber nicht vom Bauern verlangen, Früchte und ­Gemüse ohne jedes Fleckchen zu ­liefern, und gleichzeitig nach einer Produktion ohne Pflanzenschutzmittel rufen. Beides schliesst einander aus. Und natürlich stossen Kühe Methan, ein Treib­hausgas, aus. Reduzieren kann man das, wenn man weniger Rindfleisch konsumiert. In der Schweiz den Kuhbestand verringern, wenn der Konsum gleich hoch bleibt, ist ­Unsinn. Sonst müssen wir Fleisch ­importieren, was für die Umwelt noch schlechter ist. Der Bauernverband ist sehr für Innovation, wir erhoffen uns von Smart Farming viel. Auch Sortenmischungen und Agro­forestry, eine Kombination von Forst- und Landwirtschaft, scheinen uns vielversprechend. Bauern haben grösstes ­Interesse daran, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Es sind ihre Felder, die wie letztes Jahr verdörren. Wir sind die Ersten, die es trifft.»

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5. Wenn Fischkot zu Gold wird

Es ist eine bestechende Vorstellung: Fische und Gemüse in einem geschlossenen Kreislauf zu züchten – Fische düngen Wasser, welches als Nährstofflösung für das darin gezogene ­Gemüse dient. Das Gemüse filtert das Wasser, welches wieder den Fischen zugeführt wird. Die Vorteile dieses Systems, Aquaponics genannt, sind klar: Es braucht wenig Boden und bis zu 90 Prozent weniger Wasser als ­herkömmliche Landwirtschaft, kann fast überall betrieben ­werden und schont die Fischbestände in den Meeren.

Das Konzept wurde von der EU auch als die Nahrungmittelproduktion der Zukunft gefördert. Mittlerweile ist es stiller ­darum geworden, und in den Grossverteilern finden sich kaum Aquaponics-Fische oder Gemüse. Ein Besuch eines Kurses für Aquaponiker an der Zürcher Fachhochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt die Gründe: Sowohl Fischzucht wie auch ­Gemüseproduktion sind komplex. Nur schon zu verstehen, wie der PH-Wert des Wassers, der Anstieg von Nitrit und der Abbau von giftigem Ammonium zu unschädlicherem Nitrat zu­sammenhängen, benötigt ­einiges an Hirnzellen. Forschungsleiterin und ZHAW-Professorin ­Ranka Junge sagt denn auch: «Die Anfangs­euphorie ist leider etwas verpufft.» Zum einen sei die Wechselwirkung zwischen Fischhaltung und Gemüsezucht komplexer als ­angenommen. Beispielsweise muss das ­Wasser sowohl bei der Gemüse- als auch bei der Fischzucht stets kontrolliert werden – im Falle der Fische, damit sie nicht sterben, im Falle des Gemüses, da der Fischkot zur Gemüsezucht zu wenig Phosphor und Kalium liefert.

Nach Bedarf muss das Wasser entweder mit Sauerstoff angereichert und gefiltert, oder aber mit fehlenden Nährstoffen ergänzt werden. Wolle man all dies kommerziell betreiben, benötige es gut ausgebildete Spezialisten, etwa einen Fischwart wie auch einen ­Gemüsezüchter mit Kenntnissen in biologischer Schädlingsbekämpfung – ­«ansonsten züchtet man Blattläuse und Schimmelpilze», sagt ­Junge. Geerntet sei damit aber noch nichts, auch hierfür braucht es Personal. «Solange in der Schweiz noch ­genug Regen fällt, um konventionelle Landwirtschaft zu betreiben, lohnen sich Bau und ­Unterhalt einer solchen Anlage nur in Ausnahmefällen», meint Junge. «Riesiges Potenzial sehe ich aber in ­China, wo grösste Anteile der ­Böden verseucht sind, oder in wüstenähnlichen Gebieten.» Hier­zulande könnten nicht-­kommerzielle Betriebe wie Schulen, Heime oder Genossenschaften von einer Anlage profitieren.

Es ist eine bestechende Vorstellung: Fische und Gemüse in einem geschlossenen Kreislauf zu züchten – Fische düngen Wasser, welches als Nährstofflösung für das darin gezogene ­Gemüse dient. Das Gemüse filtert das Wasser, welches wieder den Fischen zugeführt wird. Die Vorteile dieses Systems, Aquaponics genannt, sind klar: Es braucht wenig Boden und bis zu 90 Prozent weniger Wasser als ­herkömmliche Landwirtschaft, kann fast überall betrieben ­werden und schont die Fischbestände in den Meeren.

Das Konzept wurde von der EU auch als die Nahrungmittelproduktion der Zukunft gefördert. Mittlerweile ist es stiller ­darum geworden, und in den Grossverteilern finden sich kaum Aquaponics-Fische oder Gemüse. Ein Besuch eines Kurses für Aquaponiker an der Zürcher Fachhochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt die Gründe: Sowohl Fischzucht wie auch ­Gemüseproduktion sind komplex. Nur schon zu verstehen, wie der PH-Wert des Wassers, der Anstieg von Nitrit und der Abbau von giftigem Ammonium zu unschädlicherem Nitrat zu­sammenhängen, benötigt ­einiges an Hirnzellen. Forschungsleiterin und ZHAW-Professorin ­Ranka Junge sagt denn auch: «Die Anfangs­euphorie ist leider etwas verpufft.» Zum einen sei die Wechselwirkung zwischen Fischhaltung und Gemüsezucht komplexer als ­angenommen. Beispielsweise muss das ­Wasser sowohl bei der Gemüse- als auch bei der Fischzucht stets kontrolliert werden – im Falle der Fische, damit sie nicht sterben, im Falle des Gemüses, da der Fischkot zur Gemüsezucht zu wenig Phosphor und Kalium liefert.

Nach Bedarf muss das Wasser entweder mit Sauerstoff angereichert und gefiltert, oder aber mit fehlenden Nährstoffen ergänzt werden. Wolle man all dies kommerziell betreiben, benötige es gut ausgebildete Spezialisten, etwa einen Fischwart wie auch einen ­Gemüsezüchter mit Kenntnissen in biologischer Schädlingsbekämpfung – ­«ansonsten züchtet man Blattläuse und Schimmelpilze», sagt ­Junge. Geerntet sei damit aber noch nichts, auch hierfür braucht es Personal. «Solange in der Schweiz noch ­genug Regen fällt, um konventionelle Landwirtschaft zu betreiben, lohnen sich Bau und ­Unterhalt einer solchen Anlage nur in Ausnahmefällen», meint Junge. «Riesiges Potenzial sehe ich aber in ­China, wo grösste Anteile der ­Böden verseucht sind, oder in wüstenähnlichen Gebieten.» Hier­zulande könnten nicht-­kommerzielle Betriebe wie Schulen, Heime oder Genossenschaften von einer Anlage profitieren.

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6. Fette Ernte dank ­Drohnen und Robotern

Stellen Sie sich vor, Heerscharen von Drohnen fliegen über Felder und erkennen via Sensoren Unkräuter und Schädlingsbefall. Die Daten ­schicken sie an Feldroboter, die auto­matisch loslaufen, zielgenau Unkräuter ausstechen oder kleinräumig Pestizide versprühen. Drohnenerfassung der Temperatur und Luftfeuchtigkeit über den Feldern zeigt an, wo genau wie viel gewässert werden muss. So sparen Bauern Arbeitskräfte und Wasser, steigern den Ertrag und senken den Pestizid­einsatz.

Ähnliche Sensoren stellen aufgrund von Feuchtigkeits- und Nährstoffgehaltsmessungen genau fest, welche Pflanze wo in welcher ­Häufung wie gedeihen wird. Der Bauer – oder Pflanzroboter – könnte dann zielgenau dichter oder weniger dicht und jeweils andere Arten ­setzen. Hierfür existiert bereits ein Fach­begriff: «Spot Farming» nennt Achim ­Walter, Professor am Departement für Umweltwissenschaften an der ETH, das Verfahren, welches eine punktgenau optimierte Landwirtschaft bezeichnet. Auch sonst ist dort vieles dieser Zukunftsvision bereits Realität. ­Einen Prototypen des Unkraut­roboters gibt es. Auch die mit Sensoren ­bestückten Drohnen fliegen bereits über Test­felder.

Geht es nach der Vision von Walter, liegt in «Smart Farming» die Zukunft. Zwei Wermutstropfen: Noch stakst der Roboter recht ­ungelenk über das Testfeld. Und Berechnungen zur benötigten Energie, um all die Drohnen und kleinen Landwirtschafts­roboter herzustellen und zu unterhalten, gibt es, sagt Walter auf Nachfrage, auch noch nicht. In Zeiten drohenden Energie- und Rohstoffmangels wirkt das nun wiederum nicht sehr smart.

Mehr Informationen: www.smartfarming.ethz.ch

Stellen Sie sich vor, Heerscharen von Drohnen fliegen über Felder und erkennen via Sensoren Unkräuter und Schädlingsbefall. Die Daten ­schicken sie an Feldroboter, die auto­matisch loslaufen, zielgenau Unkräuter ausstechen oder kleinräumig Pestizide versprühen. Drohnenerfassung der Temperatur und Luftfeuchtigkeit über den Feldern zeigt an, wo genau wie viel gewässert werden muss. So sparen Bauern Arbeitskräfte und Wasser, steigern den Ertrag und senken den Pestizid­einsatz.

Ähnliche Sensoren stellen aufgrund von Feuchtigkeits- und Nährstoffgehaltsmessungen genau fest, welche Pflanze wo in welcher ­Häufung wie gedeihen wird. Der Bauer – oder Pflanzroboter – könnte dann zielgenau dichter oder weniger dicht und jeweils andere Arten ­setzen. Hierfür existiert bereits ein Fach­begriff: «Spot Farming» nennt Achim ­Walter, Professor am Departement für Umweltwissenschaften an der ETH, das Verfahren, welches eine punktgenau optimierte Landwirtschaft bezeichnet. Auch sonst ist dort vieles dieser Zukunftsvision bereits Realität. ­Einen Prototypen des Unkraut­roboters gibt es. Auch die mit Sensoren ­bestückten Drohnen fliegen bereits über Test­felder.

Geht es nach der Vision von Walter, liegt in «Smart Farming» die Zukunft. Zwei Wermutstropfen: Noch stakst der Roboter recht ­ungelenk über das Testfeld. Und Berechnungen zur benötigten Energie, um all die Drohnen und kleinen Landwirtschafts­roboter herzustellen und zu unterhalten, gibt es, sagt Walter auf Nachfrage, auch noch nicht. In Zeiten drohenden Energie- und Rohstoffmangels wirkt das nun wiederum nicht sehr smart.

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