Fünf Arten, zu feiern
Und welcher Weihnachtstyp bist du?

Wie feierst du Weihnachten? Fanatiker planen die perfekte Feier, Spirituelle richten sich nach den Sternen, und Muffel verschanzen sich daheim vor dem Fernseher. Weihnachten ist nicht gleich Weihnachten. Das zeigt unser nicht ganz ernster Blick in die guten Stuben.
Publiziert: 17.12.2022 um 12:39 Uhr
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft / Magazin

So feiern: Weihnachtsfans

Der alte Christbaum ist noch nicht einmal entsorgt, da gibt es bei ihnen wieder nur ein Thema: nächste Weihnachten. Dafür brennen sie. Im Dezember fahren die Weihnachtsfans alles an Beleuchtung auf, was sich in den vergangenen 20 Jahren auf dem Estrich angesammelt hat. Verpacken das Haus damit, Gartenzwerge inklusive. Und machen die Nacht zum Tag. Das Programm an Heiligabend ist eng getaktet: Erst das Krippenspiel, für das die Familie seit Wochen probt, dann der Sechs-Gänger mit der Weihnachtsgans als Krönung. Und vor der Bescherung zupfen die Kinder in diesen Familien tapfer «Stille Nacht» auf der Geige – schliesslich zahlen die Eltern nur dafür jährlich einen Tausender Unterrichtsgeld.

Das Tischgespräch: Wo gibt es die schönsten Nordmanntannen? Welches Weihnachtsmenü kochen wir nächstes Jahr?

Foto: Thomas Meier

So feiern: Weihnachtsmuffel

Diese Zeitgenossen gibt es in jedem Bekanntenkreis. Sie haben schon seit Anfang November schlechte Laune. Motzen über Glühwein und Weihnachtsmärkte. Meiden beleuchtete Weihnachtsbäume wie Vampire das Sonnenlicht. Weihnachten? Verlogener Kommerz! Am meisten hassen sie sich aber selbst: Nämlich dann, wenn sich ihr Körper zu Wham!s «Last Christmas» bewegt – und sie aus Versehen auf Weihnachten hereinfallen. Und so sieht der Weihnachtsabend beim Muffel-Paar aus: ein Abend vor der Flimmerkiste mit «Der Pate» und Al Pacino, dazu ein Thai-Curry vom Lieferdienst und ein Gutterli Primitivo. Spätestens um 22 Uhr gehts ab ins Bett.

Weihnachten feiern alle gleich? Fehlanzeige. Wir zeigen, was an Heiligabend in den guten Stuben vor sich geht.
Foto: Unsplash

Das Tischgespräch: Reichst du mir die Gabel, Schatz? Oder: Schalte auf Stopp, ich muss aufs WC.

Foto: Getty Images


So feiern: Woke

Jedes Jahr vor Weihnachten das gleiche Ritual: der Familienstamm. Die Mitglieder stimmen ab: entweder das pervertierte Konsumfest unterstützen oder boykottieren. Heuer steht es fifty-fifty, das Zünglein an der Waage: die Dreijährige, sie ist erst unsicher, lenkt nach einem Tag Bedenkzeit ein – weil: «Gschänkli uspacke!» Der Baum ist gemietet, mit Tannenzapfen aus dem heimischen Wald behängt. Im selbst gebastelten Weihnachtskrippenspiel fahren Maria und Josefine ihren Jesus mit dem Lastenvelo zu den drei Königinnen. Und beim Essen lässt man sich nicht lumpen: Vater zaubert einen veganen Linsenbraten mit Rotkohl aus dem Schrebergarten auf den Tisch.

Das Tischgespräch: Wie erklären wir den Kindern, dass der Weihnachtsmann nächstes Jahr eine Frau ist?

Foto: INTERFOTO


So feiern: Jung-Eltern

Das Baby gibt den Takt vor. Sagt die Grossfamilie die Feier ab 18 Uhr an, sind die Jung-Eltern beleidigt. Ihre Maus muss um diese Zeit daheim im Bettli liegen, nur dort kann sie schlafen. Also feiert die Familie am Nachmittag. Das Essen bis zur Unkenntlichkeit zerkleinert, zerstampft und möglichst ohne Salz serviert. Das Dessert mit Banane gesüsst. Das Kind soll auch mitessen können. Wer «Rimuss» – Solidarität mit dem kleinen Abstinenzler! – nicht mag, greift heimlich zum Flachmann. Gesungen wird erst in ein paar Jahren wieder, man will das Kind nicht überreizen.

Das Tischgespräch: Warum quatschen Grosseltern Jung-Eltern in die Erziehung rein? Elternzeit.

Foto: Getty Images


So feiern: Spirituell-Beseelte

Die Sterne haben immer recht. Und so liegt neben jedem Teller ein Tischkärtchen mit dem jeweiligen Horoskop, das die Mutter in einem Abendkurs in Astrologie erarbeitet hat. Die grossen Verlierer dieses Jahr: Widder-Menschen. Davon gibts in der Familie einige. Sie sind in diesen Tagen schnell beleidigt und verbreiten schlechte Stimmung. Mutters Tipp, um die Gemüter in Einklang zu bringen: gleich zu Beginn eine Meditationssession, olfaktorisch und geistig unterstützt von Räucherstäbchen. Dazu gibts traditionelle fernöstliche Klänge, die die Eltern aus einem Yoga-Retreat in Bali mitgebracht haben. Das Essen ist clean: gebratener Tofu mit Reis, zum Dessert Pudding mit Chia-Samen. Ganz wichtig: kein Alkohol. Ist schlecht fürs Karma.


Das Tischgespräch: Sri Lanka oder Bali – welche Meditationszentren sind besser? Was macht eigentlich das Jenseits-Sprachrohr Pascal Voggenhuber?

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