Stadtkantone nehmen Hunde an die kurze Leine
Jetzt müssen auch die Kleinen in die Schule

Hundeschule ist nicht in jedem Kanton Pflicht. Doch in Zürich müssen künftig auch Besitzer mit Kleinhunden in den Kurs. Ein Augenschein in der Rafzerfelder Welpenschule.
Publiziert: 28.08.2021 um 16:46 Uhr
Katja Richard

Bald kommen zu Sophie Müller (58) nicht nur Welpen in den Kurs, sondern auch Hunde, die für immer klein bleiben, so wie Chihuahuas, Pudel oder Spaniels. «Auch die müssen lernen, wie man Kommandos folgt, an der Leine geht oder beim Restaurantbesuch geduldig unter dem Tisch bleibt», erklärt Müller, die seit 20 Jahren Leiterin der Welpenkurse Rafzerfeld ist.

Im September geht das neue Hundegesetz im Zürcher Kantonsrat in die Vernehmlassung, ab Januar soll es in Kraft treten. Seit 2017 das nationale Obligatorium für Hundekurse abgeschafft wurde, bestimmt jeder Kanton selber darüber (siehe Box). Bislang mussten in Zürich nur grosse Hunde ab 15 Kilo in die Ausbildung, neu wird es für alle Rassen obligatorisch, dafür verkürzt und vereinfacht. Statt 14 sind für den praktischen Kurs nur noch sechs Lektionen erforderlich.

Viel Bewegung, klare Regeln

An Nachfrage wird es in der Rafzerfelder Welpenschule dennoch nicht mangeln. Wegen Corona ist auch hier der Hundeboom spürbar. Besonders in den letzten Monaten ist die Nachfrage gestiegen, meist an Samstagen. «Offensichtlich sind viele wieder aus dem Homeoffice ins Büro zurückgekehrt», so Müller. Die Hundegruppe ist durchmischt, beliebt seien derzeit Labradoodles und weitere Mischlinge. Es sei aber alles dabei, vom Dalmatiner über den Retriever bis zum Deutschen Schäferhund.

Seit 28 Jahren leitet Sophie Müller (58) die Welpenkurse Rafzerfeld.
Foto: Zvg
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Wichtig sei, dass sich Besitzer vor der Anschaffung über die Rasse informieren. «Viele suchen sich den Hund nach dem Äusseren aus, wissen aber nicht, was in ihm steckt», so Müller. Darum sei es am besten, wenn künftige Halter schon vor dem Kauf einen Theoriekurs besuchen, um sich zu informieren: «Wer sich einen Ridgeback oder Münsterländer anschafft, muss wissen, dass es ein Jagdhund ist. Dieser Instinkt ist so stark, dass man ihn unter Umständen immer an der Leine führen muss.» Zudem brauchen solche Rassen viel Bewegung, klare Regeln und eine Aufgabe: «Wenn ich von Kursteilnehmern höre, dass der Hund daheim das Sofa auseinandernimmt, bedeutet das meistens Langeweile und Unterforderung.»

Stadtkantone nehmen Hunde an die kurze Leine

Seit 2017 das nationale Obligatorium für Hundekurse vom Parlament aufgehoben wurde, bestimmt jeder Kanton selber über die Auflagen für Halter. Am lockersten ist es im Kanton Jura, in Bern und der Zentralschweiz, strenger sind städtische Kantone wie Genf, aber auch das Tessin.

Ursprünglich galt in der ganzen Schweiz ein Obligatorium für Hundekurse, eingeführt wurde es nach einem tragischen Vorfall in Oberglatt ZH. Im Dezember 2005 attackierten drei Pitbull Terrier den sechsjährigen Süleyman und bissen ihn zu Tode. Das Entsetzen war gross. Das Parlament führte daraufhin ein nationales Hundekurs-Obligatorium ein, das 2008 in Kraft trat.

Inzwischen haben viele Kantone die Kurse wieder abgeschafft – oder nur noch für sogenannte Listenhunde wie Bullterrier, Pitbull oder Dobermann einen Kurs vorgeschrieben. Im Kanton Thurgau kommt es ausserdem auf das Gewicht des Tieres an: Wenn der Hund 15 Kilo oder mehr auf die Waage bringt, muss er in die Ausbildung.

Beim Hundedachverband begrüsst man die Kurse, wünscht sich aber eine schweizweite Ausbildungspflicht, nicht nur für die «gefährlichen» Rassen: «Es geht um das Individuum. Wichtig ist die Ausbildung für jeden Hund und auch den Halter. Vor allem für jene Personen, die sich erstmals einen Vierbeiner anschaffen, ist das sinnvoll», sagt Hansueli Beer, Präsident der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG). Davon sei man aber weit entfernt. Bisher haben nur die Kantone Glarus, Freiburg und Wallis wieder ein Obligatorium eingeführt.

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Seit 2017 das nationale Obligatorium für Hundekurse vom Parlament aufgehoben wurde, bestimmt jeder Kanton selber über die Auflagen für Halter. Am lockersten ist es im Kanton Jura, in Bern und der Zentralschweiz, strenger sind städtische Kantone wie Genf, aber auch das Tessin.

Ursprünglich galt in der ganzen Schweiz ein Obligatorium für Hundekurse, eingeführt wurde es nach einem tragischen Vorfall in Oberglatt ZH. Im Dezember 2005 attackierten drei Pitbull Terrier den sechsjährigen Süleyman und bissen ihn zu Tode. Das Entsetzen war gross. Das Parlament führte daraufhin ein nationales Hundekurs-Obligatorium ein, das 2008 in Kraft trat.

Inzwischen haben viele Kantone die Kurse wieder abgeschafft – oder nur noch für sogenannte Listenhunde wie Bullterrier, Pitbull oder Dobermann einen Kurs vorgeschrieben. Im Kanton Thurgau kommt es ausserdem auf das Gewicht des Tieres an: Wenn der Hund 15 Kilo oder mehr auf die Waage bringt, muss er in die Ausbildung.

Beim Hundedachverband begrüsst man die Kurse, wünscht sich aber eine schweizweite Ausbildungspflicht, nicht nur für die «gefährlichen» Rassen: «Es geht um das Individuum. Wichtig ist die Ausbildung für jeden Hund und auch den Halter. Vor allem für jene Personen, die sich erstmals einen Vierbeiner anschaffen, ist das sinnvoll», sagt Hansueli Beer, Präsident der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG). Davon sei man aber weit entfernt. Bisher haben nur die Kantone Glarus, Freiburg und Wallis wieder ein Obligatorium eingeführt.

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Leitplanken setzen und Konsequenz

Persönlich mag Müller grosse Hunde, sie ist Besitzerin eines Riesenschnauzers, einer anspruchsvollen Rasse: «Sie haben einen eigenen Willen, sprich, sie sind etwas stur. Darum braucht es mehr Beharrlichkeit – das belohnen sie mit viel Charakter und Herz.» Durch den witzigen Schnauz löse die Rasse trotz ihrer Grösse auch weniger Angst aus als zum Beispiel ein Boxer oder ein Rottweiler: «Im Wesen sind sie sich aber nicht unähnlich.» Die Trainerin betont, dass es keine «gefährlichen» Rassen gebe. «Molosser, also massige Hunde, sind über Jahrzehnte für ihre guten Eigenschaften als Wach- und Schutzhunde gezüchtet worden, darum zeigen sie Beschützerinstinkt. Wenn das in eine falsche Richtung geht, liegt es meist an der Haltung und Erziehung.»

Überhaupt sind es am Schluss die Menschen, die in der Hundeschule am meisten zu lernen haben: «Es ist gar nicht so einfach, Leitplanken zu setzen und konsequent zu bleiben.» Wer möchte, dass der Hund nicht aufs Sofa kommt, muss ihm das von Anfang an beibringen und es durchziehen. «Sonst verwirrt ein plötzliches Nein. Aber das grösste Thema bleibt die Beschäftigung, auch kleine Hunde brauchen Zeit.»

Kurs ist mehr als Pflicht

Als Hundeflüsterin würde sie sich aber keinesfalls bezeichnen: «Ich bin da ganz pragmatisch, wichtig ist meine Erfahrung mit den verschiedensten Rassen.» Ziel sei, dass sich der Hund gut in unsere Gesellschaft einfüge – besonders in der Stadt, wo das Leben immer dichter wird. Darum kommen viele Teilnehmer über die Kurspflicht hinaus in die Schule: «Es macht Freude, wenn sich Halter und Hund verstehen und miteinander arbeiten können.»

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