Sammlungen von Städten und Gemeinden
Werke, die niemand zu Gesicht bekommt

In den Archiven der Schweizer Gemeinden lagern Kunstschätze. Dass sie nur selten das Tageslicht sehen, liegt nicht unbedingt an den Verwaltungen.
Publiziert: 05.02.2022 um 15:22 Uhr
|
Aktualisiert: 05.02.2022 um 16:35 Uhr
Ein grosser Teil der Werke aus den Kunstsammlungen der Schweizer Gemeinden lagert in Archiven im Stil des Archivs der Bundeskunstsammlung (Bild).
Foto: Keystone
1/7
Jonas Dreyfus

In der Schweiz existieren Kunstsammlungen, die fast niemand kennt, obwohl in ihren Archiven Werke mit Millionenwert lagern: die Sammlungen der Städte und Gemeinden. Die Bilder, Fotografien und Skulpturen werden nach strengen Kriterien von Fachkundigen im Rahmen der Kulturförderung ausgewählt mit dem Ziel, Künstlerinnen und Künstler aus der Region zu unterstützen. Dann hängen sie in Altersheimen, in Büros der Verwaltung oder sind in temporären Ausstellungen zu sehen. Der grösste Teil lagert jedoch in Archiven, wo sie niemand zu Gesicht kriegt.

Mit Steuergeldern gekauft und dann der Öffentlichkeit vorenthalten, könnte man meinen. Doch das stimmt nicht, denn es gibt in fast allen Gemeinden Bestrebungen, die Sammlungen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Allerdings mit mässigem Erfolg.

In der Artothek Aarau wird wöchentlich ein Werk verliehen – was noch verhältnismässig viel ist im Vergleich zu ähnlichen Angeboten. In der Artothek der Gemeinde Meggen LU sind gemäss Claudia Emmenegger, Leiterin Kultur, 2020 nur vier und 2019 nur zwei Bilder ausgeliehen worden. Die Stadt Luzern hatte von 2004 bis 2012 eine Artothek, stellte das Angebot aber ein, weil es für die Nutzer der Bibliothek offenbar zu wenig attraktiv war. Selbst die Kunst für die Büros von Verwaltungsmitarbeitern ist oft schwierig an den Mann oder die Frau zu bringen. Viele Kulturabteilungen organisieren sogenannte «Bild sucht Büro»-Aktionen, um die Werke aus den Lagerräumen ans Tageslicht zu bringen.

Die Stadt Biel gibt jährlich 100'000 Franken für Kunstanschaffungen aus

Der grösste Teil der Sammlungen hat ihren Ursprung Anfang des 20. Jahrhunderts. Einige – darunter die Sammlung der Stadt Biel BE – gehen sogar bis ins 19. Jahrhundert zurück. Sie zeigen, wie sich das künstlerische Schaffen unter Einfluss der jeweiligen Zeit während Jahrhunderten entwickelt hat und repräsentieren damit auf einer Mikroebene eine Art kollektives künstlerisches Gedächtnis unseres Landes.

Während sich die Kriterien für den Ankauf von Werken heutzutage nicht mehr gross von dem eines Museums für zeitgenössische Kunst unterscheiden, sind die Budgets, die dafür zur Verfügung stehen, sehr unterschiedlich. Das zeigt eine Umfrage von Blick. So gibt die Stadt Biel jährlich einen stattlichen Betrag von 100'000 Franken für den Erwerb von Werken regionaler Künstlerinnen und Künstler aus und nochmals 60'000 für Lagerung und Unterhalt. In der Stadt Bern sind es jährlich nur 10'000 bis 20'000 Franken – allerdings deckt die Sammlung mit Werken aus der Berner Szene einen relativ kleinen Radius ab. Auch die Stadt Aarau gibt rund 20'000 Franken pro Jahr für seine Sammlung aus, Luzern 80'000, Winterthur ZH 70'000.

Noch grösser sind die Unterschiede bei den Gemeinden. So hat Allschwil in Baselland mit rund 20'000 Einwohnern 20'000 Franken für seine Sammlung zur Verfügung, Meggen in Luzern mit 6500 Einwohnern pro Jahr 25'000 Franken. Wettingen AG – auch rund 20'000 Einwohner – muss im Jahr 2022 mit 8000 Franken Kunstbudget auskommen.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?