Eine Jagd-Szene in der Mongolei.
Foto: Getty Images

Abenteuer Mongolei
Endlose Weiten und wilde Natur

Lust auf grenzenlose Freiheit? Willkommen in der Mongolei! Das zentralasiatische Land lockt mit menschenleerer Weite, Tausenden Wildpferden und nomadischen Traditionen. Zu Besuch in einer Jurte inmitten karg-kühler Landschaft und warmer Gastfreundschaft.
Publiziert: 21.02.2019 um 09:13 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2019 um 09:17 Uhr
Christian Bauer

Das Leckerste an einem Schafskopf sind die Muskeln um die Augen, sagen die Mongolen. Und wenn ein weit gereister Gast kommt, gebührt ihm die Köstlichkeit. Aus einem Topf, aus dem gemeinsam sechs Menschen mit den Fingern essen, starrt mich ein gekochter Schädel an. Kein einfacher Anblick. Und: Was an diesem Ding ist eigentlich essbar? Alles, sagen die Mongolen.

Auf Dschingis Khans Spuren

Mit Händen, die seit Kindertagen Fleisch von Schafsschädeln pulen, löst Hausherrin Joohonoo das Gewebe von den Knochen und reicht es mir. «Für dich.» Ablehnen kann ich die schlabbrige Masse nicht, denn das Tier wurde eigens für mich geschlachtet – mitten in der Jurte, in der ich für ein paar Tage mit der Nomadenfamilie lebe.

Die Mongolei – nirgendwo passen die Anfangsworte der Fernsehserie «Star Trek» besser als hier: unendliche Weiten. Der zentralasiatische Staat zwischen Russland und China hat eine Fläche von 1,5 Millionen Quadratkilometern. Wer einen Vergleich braucht: Das sind 37-mal die Schweiz – bei gerade mal 3 Millionen Einwohnern, wovon gut die Hälfte in der Hauptstadt Ulan-Bator wohnt. Statistisch lebt auf dem Land also eine Person auf einem Quadratkilometer. Diese grenzenlose Freiheit, durch die wie in einem Traumland Abertausende Pferde ziehen, trifft mich mitten ins Herz.

Auch wenn die weissen Wildpferde, genau wie die Przewalski-Pferde, keine waschechten Wildpferde mehr sind: In der Mongolei leben die eleganten Tiere so frei wie sonst kaum wo auf der Welt.
Foto: ZVG
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Mongolei: Daten und Fakten

HauptstadtUlan-Bator (Ulaanbaatar)
Fläche1'564'116 km²
Einwohner3.03 Millionen
BIP pro Kopf 2016US$ 3660, 117. der Weltrangliste. Im Vergleich dazu CH: US$ 81'324 (4. Rang)
WährungTögrög
Unabhängigkeit1206
ZeitzoneUTC+7 bis UTC+8
SprachenMongolisch, Burjatisch, Oiratisch

Kulturelle Highlights gibt es in der Mongolei wenige

Der internationale Tourismus (Zahlen sprechen von 470 000 Besuchern, wovon mehr als die Hälfte Geschäftsleute sind) fokussiert sich daher hauptsächlich auf Naturerlebnisse, zum Beispiel die Grasebenen, die wilden Przewalski-Pferde (siehe Box), Dinosaurierfriedhöfe und die Wüste Gobi in der Grenzregion zu China. Und natürlich auf das traditionelle Nomadenleben, an dem man bei Gastfamilien teilhaben kann.

Ein sinnliches Erlebnis, das mich weit in die Vergangenheit katapultiert. Denn seit vielen Jahrhunderten hat sich die Lebensweise in der mongolischen Hochebene kaum verändert – wenn man von den Sonnenkollektoren und gelegentlichen Satellitenschüsseln vor den Jurten absieht. Die Basics sind nach wie vor wie zu jenen Zeiten, als im Mittelalter der mongolische Held Dschingis Khan den Rest der Welt eroberte. Zwei Mal im Jahr ziehen die Nomaden mit ihrem Hab und Gut und den Viehherden um: im Sommer zu einer offenen Fläche, wo der Wind die Mücken verscheucht, im Winter an einen geschützten Ort. Die Temperaturen können dann bis auf minus 30 Grad fallen. Dass in strengen Wintern Hunderttausende Tiere verenden, ist keine Seltenheit.

Das Leben in der Mongolei

So faszinierend mein Einblick in die unbekannte Kultur ist, so hart ist das Leben für Joohonoo (36) und ihren Mann Ochiroo (40). Beide schuften von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang für das karge Leben. Erste Aufgabe am Morgen ist es, das Vieh einzufangen, das über Nacht frei herumlaufen durfte – in einem Land ohne Zäune, ein Paradies für Pferde, Kühe und Schafe. Und eine Plage für die Nomaden.

Fast zwei Stunden braucht Ochiroo, um die Pferde zurück zur Jurte zu treiben. Währenddessen melkt Joohonoo die Yaks und zotteligen Kühe und verarbeitet die Milch zu Joghurt, Käse und Rahm. Lebensgrundlage für die Nomaden sind seit jeher Fleisch und Milchprodukte. Über den Mangel an Gemüse, Obst und Kohlenhydrate können Ernährungsgurus nur den Kopf schütteln.

Lebensmittelpunkt der beiden ist ihre Jurte, die wie ein weisser Klecks in der braunen Landschaft steht, etwa zwei holprige Jeep-Stunden vom nächsten Laden entfernt – in der riesigen Mongolei schon fast eine zentrale Wohnlage.

Knapp 20 Quadratmeter haben sie zum Leben und Arbeiten. Hier werden nicht nur Töpfe, Werkzeuge und Kleider aufbewahrt, sondern auch das Schaffleisch aufgehängt und die Milch verarbeitet. Sonst hat es nicht viel: einen Herd, einen Schrank, eine Kommode, ein Küchengestell und zwei Einzelbetten (für ein Doppelbett ist schlichtweg kein Platz) – ein minimales Leben, das die Jugend kaum noch reizt. Landflucht und der damit einhergehende Verlust der nomadischen Kultur sind ein grosses Problem. Die Hauptstadt Ulan-Bator platzt dafür mittlerweile aus allen Nähten.

Auch Joohonoos und Ochiroos zwei Kinder lernen in der Metropole. Ob sie zurückkommen werden? «Wahrscheinlich nicht», sagt Joohonoo, die sich ein Leben in der Stadt allerdings kaum vorstellen kann. «Da gibt es doch keine Freiheit.» Irgendwie kann man sie nach ein paar Tagen hier richtig gut verstehen.

Dschingis Khan: Urgrossvater von 16 Millionen Menschen

Um Kaiser Dschingis Khan (etwa 1155 bis 1224) kommt man in der Mongolei nicht herum. Fast überall prangt sein Name: am Flughafen, an Banken, Geschäften und Unternehmen. Kein Wunder: Dschingis Khan ist der Vater der Mongolen, der die einzelnen Stämme zu einem gemeinsamen Volk vereinte. Nicht nur das: Nachdem Dschingis im Jahr 1206 zum grossen Khan gewählt wurde, begann eine Expansionsphase sondergleichen. Er und seine Nachfolger eroberten das gesamte Gebiet von Nordchina, das lange unter mongolischer Herrschaft war, bis nach Osteuropa und dem Nahen Osten – das grösste Reich der Welt. Dabei gingen die Mongolen mit solcher Grausamkeit vor, dass sie

«Geissel der Menschheit» genannt wurden. Selbst Papst Innozenz IV. (1195–1254) schrieb dem Grosskhan einen Bittbrief, er möge auf weitere Angriffe verzichten. Zum Glück für Europa (die Mongolen kamen bis nach Polen, Österreich und Ungarn) starb im Jahr 1241 der Khan, und die Mongolen zogen sich in ihr Stammgebiet zurück. Danach kam es zu keinen weiteren Angriffen auf Zentraleuropa. Gewusst? Dschingis Khan war ein potenter Mann, der mit unzähligen Frauen Kinder zeugte. Rechnungen gehen davon aus, dass heute 16 Millionen (!) Nachfahren des einstigen Herrschers in Asien leben.

Haus aus Holz und Filz

Mongolische Jurten sind – obwohl sie schlicht aussehen – perfekt für das nomadische Leben unter extremen Wetterbedingungen designt. Die Wände bestehen aus einem Holzgerüst, das wie ein Akkordeon zusammengeschoben werden kann. In der Mitte der Jurte tragen zwei Pfähle ein Holzrad – die zentrale

Öffnung im Dach, aus der einst der Rauch des offenen Feuers zog (heute haben die Öfen ein Rohr). Isoliert wird die Jurte mit verschiedenen Schichten aus Stoff (heute auch oft einer Plastikplane) und Filz. Letzterer variiert in der Dicke je nach Jahreszeit. Der Filz wird heute industriell hergestellt, in früheren Zeiten wurde die Schafswolle von einem Reiter hinter seinem Pferd hergezogen, bis sie nach etwa 15 Kilometern verfilzt war. Einfaches Prinzip: Für den Aufbau der gesamten Jurte benötigen zwei Männer etwa drei Stunden. Zentrum der Jurte ist ein einfacher Ofen, der zum Heizen und Kochen benutzt wird. Die wenigen Gegenstände sind darum im Kreis an der Zeltwand aneinandergereiht. Dabei ist der Aufbau in jeder Jurte gleich: Die Tür zeigt nach Süden, im Westen (links beim Eintreten) ist der Bereich des Mannes, im Osten derjenige der Frau. Im Hintergrund (Norden) befindet sich ein Schrein für die buddhistischen Götter.

Die letzten Wildpferde?

Die Nachricht kam wie ein Schock: Lange Zeit glaubte man, die Przewalski-Pferde, die man in zwei Naturreservaten wieder angesiedelt hatte, seien die letzen Wildpferde – Pferde also, die nie domestiziert wurden. Neue Studien zeigen: Das stimmt so nicht. Die heutigen kleinwüchsigen Tiere, die nur durch Zuchtprogramme überleben konnten, sind ausgewilderte Hauspferde – allerdings schon vor mehreren tausend Jahren! Wirkliche Wildpferde gibt es demnach keine mehr auf der Welt. Egal: Die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen, ist dennoch ein eindrückliches Erlebnis. Gute Chancen auf eine Sichtung hat man im Khustain National Park unweit der Hauptstadt Ulan-Bator. Beste Tageszeit ist die Dämmerung, wenn die Herden zu den Wasserstellen trotten. Tipp: Fragen Sie Ihren Guide, ob Sie eine Wanderung unternehmen dürfen; dabei kommt man den Tieren sehr nahe und sieht zudem Hirsche und Adler. Pferde sind auch heute noch ein wichtiges Statussymbol der Mongolen. Jede Nomadenfamilie züchtet so viele Tiere wie möglich.

Kurz und Knapp: Reisetipps für Mongolei
  • Flüge: Es gibt keine Direktflüge von der Schweiz in die Mongolei. Daher bietet sich die russische Fluglinie Aeroflot an, die von Zürich mit einmaligem Umsteigen in Moskau direkt in die Hauptstadt Ulan-Bator fliegt.
  • Einreise: Für die Einreise genügt ein gültiger Reisepass.
  • Mietauto: Nur ein kleiner Teil des Landes ist mit Asphaltstrassen ausgebaut. Der Rest sind holprige Pisten. Ein Mietwagen ist daher nur zu empfehlen, wenn man sich in der Nähe der Hauptstadt aufhält. Für weitere Touren empfiehlt sich eine organisierte Reise oder ein Wagen mit Fahrer.
  • Touren: Das mongolische Reiseunternehmen Mongolia Travel bietet Rundreisen an und kann auch individuelle Reisewünsche erfüllen.
  • Gesundheit: Nebst den üblichen Impfungen, die auf Fernreisen zu empfehlen sind, sind für die Mongolei keine besonderen Impfungen nötig.
  • Flüge: Es gibt keine Direktflüge von der Schweiz in die Mongolei. Daher bietet sich die russische Fluglinie Aeroflot an, die von Zürich mit einmaligem Umsteigen in Moskau direkt in die Hauptstadt Ulan-Bator fliegt.
  • Einreise: Für die Einreise genügt ein gültiger Reisepass.
  • Mietauto: Nur ein kleiner Teil des Landes ist mit Asphaltstrassen ausgebaut. Der Rest sind holprige Pisten. Ein Mietwagen ist daher nur zu empfehlen, wenn man sich in der Nähe der Hauptstadt aufhält. Für weitere Touren empfiehlt sich eine organisierte Reise oder ein Wagen mit Fahrer.
  • Touren: Das mongolische Reiseunternehmen Mongolia Travel bietet Rundreisen an und kann auch individuelle Reisewünsche erfüllen.
  • Gesundheit: Nebst den üblichen Impfungen, die auf Fernreisen zu empfehlen sind, sind für die Mongolei keine besonderen Impfungen nötig.
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