Blick von oben auf Lugano See
Foto: Thomas Meier

Lugano neu entdecken
Spaziergang zu fünf Hotspots

Gutes Wetter und Italianità. Dafür ist das Tessin bekannt. Seit einigen Jahren versucht Lugano mit diesem Klischee aufzuräumen. In vielen Bereichen ist dies bereits gelungen – vor allem dank der jungen Einheimischen. Ein Spaziergang zu fünf Hotspots.
Publiziert: 23.04.2021 um 13:49 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2021 um 16:01 Uhr
Ramona Kobe

1. Viel italienisches Flair

«Ciao, buon giorno!» Wenn man sich trifft, dann voller Freude. Sei es zufällig auf der Strasse oder bewusst für eine Tasse Kaffee. Spätestens jetzt ist klar: Wir sind im Tessin, in Lugano. Eine Stadt, die als drittgrösster Finanzplatz der Schweiz bekannt ist. Doch nach der Einführung des Bankgeheimnisses litt sie lange. Davon spürt man nicht mehr viel, wenn man durch die engen Gassen schlendert. Lugano hat sich neu erfunden. Und hat heute weit mehr zu bieten als einen goldenen Spätsommer. Dafür verantwortlich sind junge Luganesi, die es zurück in die Heimat zieht. Mit neuen Ideen verändern sie die Stadt. Die Seebadis beispielsweise werden seit einigen Jahren vermehrt von Jungen geführt. Auch in den Bars und Restaurants, die auf der Piazza Riforma zum Verweilen einladen, haben immer öfter die Nachkommen das Sagen.

Im Sommer finden auf der Piazza Riforma zahlreiche Veranstaltungen statt.
Foto: zvg

Sie profitieren von den Vorteilen Luganos: viele Sonnenstunden, italienisches Flair, magischer See. Die Nähe des Wassers ist spürbar. Auch beim Shoppingbummel durch die Via Nassa, die mit ihren Edelboutiquen an die Zürcher Bahnhofstrasse erinnert. Dort könnte man auch sein, wenn die Kellner die Bestellung auf Deutsch aufnehmen. Das nervt die Tessiner. Die italienische Sprache ist ein wichtiger Teil ihrer Tradition, den sie nicht verlieren möchten. Auch wenn sie Italienisch sprechen, sind Tessiner stolze Schweizer. Und zeigen das gerne. Denn was für viele ein erholsamer Rückzugsort zwischen Bergen und Palmen ist, ist für über 68'000 ein Zuhause.

2. Die Stadt von oben erleben

Lugano ist schön. Und am schönsten ist die Stadt von oben. Die Funicolare – eine steile Standseilbahn – bringt inwenigen Minuten täglich Hunderte von Touristen auf den 925 Meter hohen Monte Brè. Dieser ist neben dem Monte San Salvatore ein beliebter Aussichtspunkt. Oben angekommen, präsentiert sich ein atemberaubendes Panorama: ein tiefblauer Lago di Lugano, grüne Berge, die an den Dschungel Südamerikas erinnern, und die Stadt selbst, die zwar die grösste des Tessins ist, von oben aber winzig klein erscheint.

Tessin its bekannt für gutes Wetter und Italianità.
Foto: zvg
Zehn Minuten östlich der Altstadt liegt die Talstation der Standseilbahn zum Hausberg Monte Brè. Lugano von oben: Der Monte Brè bietet ein atemberaubendes Panorama.
Foto: Thomas Meier

Man sagt, hier sei die sonnigste Gegend der Schweiz. So scheint im 340-Seelen-Dorf Brè, rund 15 Gehminuten vom Gipfel entfernt, über zehn Stunden am Tag die Sonne. Sommer und Winter. Nur einer von vielen Gründen, warum Brè einen Besuch wert ist. Es ist ein malerisches Dorf, das Wohnsitz von zahlreichen Künstlern, Bildhauern und Poeten war. Spuren ihrer Hinterlassenschaft: ein Kunstweg mit 20 Werken. Die gepflasterten Gässchen und kleinen Plätze zieren Arbeiten zeitgenössischer Künstler wie Aligi Sassu oder Armando Losa.

Verschiedene Wege führen zurück in die Stadt. Oder man nimmt den Bus.Entlang der Seepromenade gelangt man ins Stadtzentrum.
Foto: Thomas Meier

Die kleinen Steinhäuser – die Rustici – sind selbst eine Art Kunst. Sie erinnern an früher. Damals gab es noch keine Strasse, und die wenigen Einwohner lebten von ihren eigenen Produkten. Auch heute noch besitzen nur wenige ein Auto. Deshalb steht vor der Kirche eine gelbe Bank. Sitz jemand darauf, nimmt man ihn mit in die Stadt. So einfach kann Autostopp sein.

3. Kunst am See

Kunst und Kultur in Lugano: Neue Kulturangebote im LAC.
Foto: Thomas Meier

Mit seiner Lage in einem grenzüberschreitenden Sprach- und Kulturraum ist Lugano eine attraktive Region für den kulturellen Austausch. Die Stadt hat eine Handvoll Museen und Galerien, in denen Ausstellungen und Messen stattfinden. So auch im 2015 eröffneten Lugano Arte e Cultura (LAC). Theater, Tanz, klassische Musik und Ausstellungen von bekannten Künstlern bereichern das breit gefächerte Kulturangebot.

Noch bis Januar können die Werke des belgischen Meisters des Surrealismus, René Magritte, bewundert werden. Zu sehen ist eine Auswahl von Werken, die seinen Schaffensweg dokumentieren. Von den Anfängen bis zu den berühmtesten Bildern «La Mémoire» oder «La Grande Guerre». Solche Ausstellungen sind nicht die erste Wahl der jungen Leute. Daran wolle man aber laut dem Direktor Michel Gagnon noch arbeiten. «Wir schaffen Aktivitäten, die jungen Menschen die verschiedenen Künste näherbringen.» Man möchte die Kunst aus den üblichen Räumen herausholen, sie auf interaktive und spielerische Weise anbieten.

Solche Ausstellungen in LAC werden immer öfter gemacht.
Foto: zvg

Das LAC soll ein Treffpunkt werden. Im Sommer wurde der Vorplatz in ein Open-Air-Kino mit Live-Orchester verwandelt. Damit haben die Luganesi einmal mehr bewiesen, wie bedeutend die warmen Sommernächte sind. Und wenn man schon so nahe am See ist, wäre es ja schade, nicht draussen zu verweilen.

4. Das beste Essen

Junge Kochkunst im Grotto Castagneto: Tessiner Spezialitäten wiePolenta und Pasta mit Steinpilzen à la Stefano.
Foto: Thomas Meier

Pasta und Polenta, Minestrone und Merlot: Eine Reise ins Ticino ist auch immer ein kulinarischer Ausflug. Zahlreiche Restaurants bieten mediterrane Köstlichkeiten an, doch echte Tessiner Spezialitäten gibts nur in traditionellen, urigen Grotti. Etwa im Grotto Castagneto. Im Schatten der Bäume, gemütlich an einem Holztisch sitzend wird gegessen und getrunken: einfach und authentisch. Mit einem Plopp öffnen wir die Flaschen auf dem Tisch. Gazosa al limone – das Original aus dem Süden.

Vieles findet draussen statt: Früchte und Gemüse werden in den Gassen verkauft.
Foto: Thomas Meier

Kaum bestellt, werden uns Aufschnitt, Salami und Käse aus der Region serviert. Es folgen Polenta mit Steinpilzen und Pasta mit Wildschweinragout. Alles frisch, alles selbst gemacht. Und für einmal tatsächlich à la Nonna. Denn der 25-jährige Stefano Rizzato kocht nach Rezepten seiner Urgrossmutter. Vor fünf Jahren hat er das Grotto mit seiner Schwester übernommen. Für ihn ein Gefühl des Nachhausekommens. Weil das alte Häuschen keine Heizung hat, ist das Grotto von Dezember bis Feb-ruar geschlossen. Ansonsten sind Garten und Stübli regelmässig bis auf den letzten Platz besetzt. Einheimische und Touristen geniessen dann Stefanos Speisen. Was bei einem feinen Essen nicht fehlen darf? Ein Glas Merlot. In der Deutschschweiz ist Alkohol zum Zmittag unter der Woche nicht mehr so üblich. Hier ist das normal. Kein Wunder, halten die Tessiner den Rekord im Weintrinken. Na dann: Salute!

5. Aperitivo wie in Italien

Typischer Aperitivo im Gabbani: Cioccaro trifft man sich jeden Mittwoch zum Aperitivo vor dem Gabbani, benannt nach den gleichnamigen Brüdern.
Foto: zvg

Am Abend ist das italienische Flair einmal mehr spürbar. (Die aktuellen Covid-Lockerungen in der Schweiz: Museen und Läden sind offen sowie die Aussenbereiche von Sport-, Freizeitbetrieben und zoologischen Gärten. Auch Restaurant- und Bar-Terrassen sind mittlerweile offen.)

Jung und Alt trifft sich zum Aperitivo. Dieser gehört im Tessin genauso zur Tradition wie die Sprache. Das wissen auch die beiden Brüder Gabbani, die jeden Mittwoch einen besonderen Apéro anbieten. Draussen in den Gassen. Sie liessen sich von den Mailändern inspirieren. Dort erhält man zu einem Glas Wein einen Teller mit köstlichen Kleinigkeiten gratis dazu. Nicht so im Gabbani. Dort gibt es ein Buffet mit Häppchen. Ebenfalls kostenlos.

Ein Konzept, das funktioniert. Halb Lugano scheint sich hier zu treffen, um auf den Feierabend anzustossen oder spontan zu feiern. Meist geht man aus, ohne im Voraus mit Freunden abzumachen. «Hier kennt jeder jeden», erklärt Domenico Gabbani, der Besitzer des Restaurants. «In Lugano erlebt man was, schreibt Geschichte», sagt er. Die Leute seien gut gelaunt und entspannt. Das steckt an. Demnach ist die Stimmung auf der Piazza Cioccaro auch ausgelassen und fröhlich. Alle reden wild durcheinander, laut und schnell. Tessiner Frohnaturen halt.

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