Ihn zu decken, schadet ihm
Dein Arbeitskollege trinkt zu viel? Das kannst du tun!

In einem Büroumfeld jemanden auf persönliche Probleme anzusprechen, ist eine heikle Sache. So tun, als wäre nichts? Auch keine Lösung. So verhältst du dich richtig. Und so schützt du dich selbst. 8 Tipps.
Publiziert: 25.06.2024 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2024 um 20:48 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Man kennt sich womöglich sehr lange, ist freundschaftlich verbunden. Doch irgendwie taucht der Arbeitskollege in immer seltsameren Zuständen im Büro auf. Er vergisst Termine, wirkt verpeilt, seine Stimmung schwankt zwischen albern, traurig und wütend. Und dann noch diese Alkohol-Ausdünstungen – schon morgens! Was kann ich tun? Und soll ich überhaupt?

Ja, das solltest du! Und zwar, in dem du das Gespräch mit dem Kollegen suchst. Sucht Schweiz empfiehlt folgendes Vorgehen.

1

Stelle keine Diagnose

Du willst deinen Kollegen nicht falsch verdächtigen und suchst deswegen konkrete Hinweise dafür, dass er zu viel trinkt. Doch das ist vergebene Liebesmüh, denn nur eine Fachperson kann feststellen, ob jemand ein Alkoholproblem hat. Wenn jemand täglich mit einer Fahne zur Arbeit erscheint, ist das allerdings ein starkes Indiz dafür, dass die Person ihren Konsum nicht im Griff hat.

Arbeitgeber sind in der Schweiz rechtlich dazu verpflichtet, alle Massnahmen zur Verhütung von Berufsunfällen zu treffen. Zu diesem Zweck können sie auch den Konsum von alkoholischen Getränken einschränken oder ganz verbieten.
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Im Homeoffice verfliessen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Warum also nicht mal ein Glas Wein trinken zwischendurch? Vor allem wer suchtgefährdet ist, sollte wortwörtlich die Finger davon lassen.
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2

Verlang keine Eingeständnisse

Um dich im persönlichen Gespräch nicht zu sehr auf die Äste hinauszulassen, möchtest du, dass dein Gegenüber erst einmal zugibt, dass es ein Problem hat. So riskierst du aber, dass es sich dir gegenüber sofort verschliesst und noch stärker versucht, seinen Alkoholkonsum zu verheimlichen.

3

Verwende Ich-Botschaften

Damit das Gespräch nicht eskaliert oder vom Gegenüber abgebrochen wird, sagst du am besten, was du beobachtest und was dir Sorgen macht. Verwende dabei Sätze, die mit «Ich» beginnen. Einige Beispiele:

  • Mir ist aufgefallen, dass du oft sehr niedergeschlagen bist in letzter Zeit.
  • Es belastet mich, dass die Zahlen, die ich von dir brauche, immer öfter unvollständig sind.
  • Ich mache mir Sorgen, dass du deinen beruflichen Erfolg aufs Spiel setzt.

Alkohol muss nicht unbedingt angesprochen werden. Das Ziel ist, deinem Kollegen zu verstehen zu geben, dass dir etwas an ihm liegt und du deswegen besorgt bist. Wenn jemand täglich mit einer Fahne aufkreuzt, kannst du das thematisieren. Auch hier mit einer Ich-Botschaft: Ich rieche Alkohol, wenn du am morgen ins Büro kommst.

4

Decke deinen Kollegen nicht

Logisch musst du ihn nicht bei der ersten Gelegenheit ins Messer laufen lassen. Sei aber vorsichtig, wenn du deinen Kollegen deckst, seine Fehler ausbügelst oder ihn entlastest. Je länger du das tust, desto weniger hat er das Gefühl, dass sein Verhalten Konsequenzen hat. Du versuchst, für ihn seine Anstellung zu sichern, und bewirkst das Gegenteil.

Manchen Schnapsflaschen lassen sich besonders gut verstecken.
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5

Werde nicht zum Therapeuten

Vielleicht bist du die erste Person, mit der dein Kollege über seine persönlichen Probleme reden kann. Das ehrt dich, zwingt dich aber, dich abzugrenzen. Es ist Aufgabe von Fachpersonen, Menschen mit einem Alkoholproblem zu begleiten. Wenn dir ein Gespräch zu persönlich wird, kannst du das ansprechen und deinem Kollegen raten, sich professionell beraten zu lassen.

6

Rechtfertige den Konsum nicht

Dein Kollege tut dir leid. Deshalb versuchst du vielleicht, seinen Alkoholkonsum zu rechtfertigen. Du sagst Dinge wie: «Er trinkt, weil ihn seine Arbeit überfordert.» Oder: «Er hat Probleme zu Hause und trinkt deshalb.» Gute Gründe, übermässig Alkohol zu konsumieren, gibt es aber nie. Wenn sich jemand volllaufen lässt, um Sorgen zu vergessen oder sich zu entspannen, führt das in einen Teufelskreis.

Die meisten alkoholsüchtige Mitarbeitenden versuchen ihren Konsum zu verstecken oder trinken abends, wenn sie alleine sind.
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7

Behalte deine Leistung im Auge

Du zögerst, deiner oder deinem Vorgesetzten zu sagen, dass du aufgrund deines trinkenden Kollegen deine Arbeit nicht mehr schnell genug erledigen kannst? Logisch willst du ihn nicht anschwärzen. Wenn sich trotz eines persönlichen Gesprächs mit dem Betroffenen nichts ändert und du dich zunehmend belastet fühlst, solltest du mit der oder dem Vorgesetzten sprechen. Wichtig: Du musst den Alkohol nicht ansprechen, sondern kannst beim Arbeitsverhalten oder der Leistung bleiben. Eine Rückmeldung an die Chefin oder den Chef dient vor allem dazu, dich selbst nicht in die Sache verwickeln zu lassen.

8

Arbeitssicherheit geht vor!

Mitarbeitende tragen keine rechtliche Verantwortung. Verursacht dein Kollege jedoch unter Alkoholeinfluss einen Unfall, kann das für dich sehr belastend sein. Vor allem, wenn du wusstest, dass er nicht nüchtern war. Zögere nicht, deinem Vorgesetzten zu melden, wenn du vermutest, dass Mitarbeitende nicht in der Lage sind, Verantwortung beispielsweise für die Bedienung gefährlicher Maschinen zu übernehmen – unabhängig, ob Drogen im Spiel sind. Die Person gefährdet neben sich selbst auch andere.

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