So kommuniziert der Hund
Verstehst du wuff wuff?

Hundegebell kann manchmal nerven – laute Worte bewirken aber meist das Gegenteil. Die Hundetrainerin Ingrid Blum erklärt, wie man das Bellen des Hundes verstehen und reduzieren kann.
Publiziert: 09.11.2022 um 15:32 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2022 um 15:46 Uhr
Ingrid Blum

«Still jetzt! Psst! Aus! Ruhe! Fertig!», schreit der Hundehalter, nachdem es an der Tür geklingelt hat. Der Hund rennt wild bellend vor der Eingangstüre herum, man kann vor lauter Lärm nichts mehr verstehen. Weil Menschen meistens in solchen Situationen mit lautem und aggressivem Tonfall den bellenden Hund «abstellen» möchten, bedeutet diese Stimmung für den Hund erhöhte Alarm- und Abwehrbereitschaft. Aus Sicht des Hundes hat der Mensch ein echtes Problem, da er sich so überdreht benimmt, weshalb der Hund immer lauter wird und quasi mitbellt.

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Menschen reden, Hunde bellen

Bellen ist grundsätzlich keine Verhaltensstörung, kann aber zu störendem Verhalten werden. Bellen drückt immer eine emotionelle Verfassung aus. Verhaltensforscher fanden heraus, dass Hunde aufgrund ihrer Anpassungsähnlichkeit das Bellen als einen Kanal der Kommunikation mit uns Menschen verfeinert haben. Menschen reden, Hunde vokalisieren. Bei Testreihen mit Kindern ab sechs Jahren kam heraus, dass Kinder in diesem Alter Hundegebell ab Tonband emotionell verstehen können. Blind geborene Menschen brachten Ergebnisse auf ähnlichem Niveau wie Sehende. Bei Hunden, die mit Menschen zusammenleben, wird Bellen häufig beobachtet. Bei streunenden und wilden Hunden tritt es hingegen nur selten auf.

Auch kleine Hunde bewachen ihr Revier: Mit Gebell.
Foto: Getty Images
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Kommunikation ist wichtig: Hunde bellen, um dem Menschen etwas mitzuteilen.
Foto: Getty Images

Die akustische Struktur des Hundebellens spiegelt den inneren Zustand wider. Zum Beispiel sind bei isoliert gehaltenen Hunden die Töne höher als bei einem Hund, der wegen der Türklingel bellt. Auch rassetypische Besonderheiten wurden im Bellverhalten deutlich erfasst.

Zwischen Gefahr und Angst

Wenn Hunde allein sein müssen und dies noch nicht können, rufen sie nach vertrauter Gesellschaft. Dieser Ruf ist hoch frequentiert, monoton und anhaltend, kann auch in Heulen übergehen. Droht Gefahr, rufen Hunde um Hilfe. Der Ton ist warnend, kurz und scharf. Bei Vorfreude oder Freude ist das Bellen hoch frequentiert, rasch aufeinanderfolgend in Serie. Das gleiche Bell-Muster kann man auch beim Anblick anderer Hunde hören.

Hunde bellen nicht immer gleich: Manchmal lauern sie Gefahr.
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Wenn Hunde mit bestimmten Umwelteinflüssen oder Lebensumständen ihres Alltages gebührend überfordert sind, stehen sie unter chronischem Stress, der sich in aufgeregtem Bellen als Reaktion zeigen kann. Angstbellen klingt hysterisch, im Ton spürt man die Angst mitschwingen.

Wachsam und hartnäckig

Wählt man eine Rasse, die genetisch fixierte Eigenschaften wie zum Beispiel Wachsamkeit, Territorialität, hohe Erregbarkeit, Hartnäckigkeit oder auch Selbständigkeit mitbringt, darf man damit rechnen, dass Belllaute im Alltag dazugehören.

Emigrierte Hunde, die sich plötzlich in einer ihnen unbekannten Welt befinden, können anfänglich sehr zurückhaltend und stoisch ruhig wirken. Neue Eindrücke, ständige Reizüberflutung, nicht selber handeln können, weil angeleint, unbekannte Geräusche und unbekannte Sprache, schlechte Erfahrungen, die Angst auslösen, können bei übernommenen Hunden zum Bell-Problem werden.

Genetik kann man nicht weg erziehen: Bellen kann und soll man einem Hund nicht abgewöhnen.
Foto: Getty Images

Auch gesundheitliche Ursachen, oft genetisch bedingt, begünstigen verunsichertes Bellen. Nicht wenige Hunde leiden an Sehschwächen oder sind hörbehindert, ohne dass dies der Halter sofort merkt. Solche Einschränkungen können sich in vermehrtem Bellen äussern, wenn in der Ferne etwas noch Unerkanntes auftaucht. Oder Hunde erschrecken sich, wenn sie manche Tonfrequenzen nicht wahrnehmen können und dann das Ereignis plötzlich vor ihnen steht.

Im Alter werden auch beim Hund manche Sinne schlechter. Wenn alte Hunde dann bellen, hören sie sich nicht mehr selber, also bellen sie höher oder schriller. Auch Menschen, die schlecht hören, reden lauter.

Genetik ist nicht wegerziehbar

Bellen gehört zur Kommunikation von Hunden, so wie Miauen zu Katzen, Wiehern zu Pferden und Muhen zu Kühen. Kaum jemand käme auf die Idee, genannten Tieren ihre Lautäusserungen abtrainieren zu wollen, nur bei Hunden sieht das anders aus. Da nervt das Gebell oder Hunde werden als «Kläffer» tituliert. Das ist sehr unfair, denn Hunde haben ihre Belllaute im Zusammenleben mit dem Menschen verfeinert und: Der Mensch hat den Hund bewusst und gewollt darauf selektiert.

Hunde unterhalten sich untereinander meistens nicht bellend. Diese Kommunikationsform ist der Ausdruck, dem Menschen etwas mitzuteilen. Die Ansprüche des Menschen in der heutigen Umwelt haben sich stark verändert. Von Hunden erwartet man, dass sie möglichst ruhig, angepasst und unauffällig sind. Sucht man sich eine Rasse aus, sollte man unbedingt auf die ursprüngliche Aufgabe achten, damit man weiss, was auf einen zukommen kann.

Ingrid Blum ist Hundetrainerin: Für sie ist es wichtig, Emotionen und Verhaltensweisen des Vierbeiners zu verstehen.
Foto: Zvg

Genetik ist nicht wegerziehbar. Wenn früher beispielsweise das Geläut der Meute dankbar geortet und dann zu Pferde verfolgt wurde, ist dieselbe Rasse heute immer noch lauthals unterwegs, auch ohne Meute. Die grossen und kleinen Wächter, die man auf den Höfen hielt, um Alarm zu bellen, wenn Fremde erschienen, werden dieses Erbe auch heute noch zuverlässig anzeigen. Viele sollten Misstrauen gegenüber Fremden zeigen, und auch dies hat sich bis heute nicht verändert. Hunde hatten ihren «Job» zu machen, der Mensch nutzte und formte die Fähigkeiten, die ihm besseres Überleben sicherte. Heute erledigen Hunde immer noch ihre genetisch fixierte Arbeit, nur, Mensch und Umwelt haben sich verändert.

Angst und Unsicherheit

Wichtig ist, den eigenen Hund gut kennenzulernen. Wie wir wissen, steht hinter der Lautäusserung immer eine Emotion. Wir müssen herausfinden, welche, und dann sollten wir überlegen, was uns der Hund mitteilen möchte. Die Hilfestellung des Menschen ist gefragt, da Hunde vorwiegend mit ihren Menschen bellend kommunizieren. Zudem darf man davon ausgehen, dass Hundehalter wissen, dass Bellen natürlich ist, und dies dürfen sie auch ihrer Umwelt erklären. Unwissende Leute halten einen bellenden Hund bereits für gefährlich, das muss nicht sein.

Hinter Gebell steckt oft auch Angst und Unsicherheit: Statt einer Bestrafung, ist es wichtig zu verstehen, was in dem Hund vorgeht.
Foto: Getty Images

Oft steckt hinter dem Bellen Angst oder Unsicherheit, aus welchen Gründen auch immer. Angst darf man nicht ignorieren und kann sie auch nicht bestrafen. Der Hund kann nichts dafür, wenn er Angst hat, und wir haben auch nicht zu entscheiden, ob er Angst haben darf. Wir müssen Hilfe anbieten und Vertrauen aufbauen, damit wir in unserer Schutzfunktion vom Hund ernst genommen werden. Bedeutet, wenn wir möchten, dass der Hund aufhört zu bellen, und ihm dies freundlich mitteilen, er uns auch trauen kann, dass wir die Aufgabe nun übernehmen und die Sache selbst regeln.

Ingrid Blum ist dipl. internationale Hundetrainerin nach T. Rugaas, dipl. tierpsychologische Beraterin I.E.T. und spezialisiert auf Hundesprache und -Verhalten, mit eigener Hundeschule, www.hundeschule-fee.ch.

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