Kommunikation mit dem Katzenschwanz
Vorsicht, wenn das Büsi wedelt!

Der Schwanz der Katze ist ein Alleskönner: Er dient nicht nur der Balance und Kommunikation, sondern ist auch ein Stimmungsbarometer.
Publiziert: 04.11.2022 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2022 um 10:48 Uhr
Regina Röttgen

Der Katzenschwanz ist das verlängerte Ende der Wirbelsäule, er besteht aus Muskeln, Sehnen, Haut, zumeist auch Fell und natürlich Wirbeln – je nach Rasse zwischen 21 und 24. Zahlreiche Muskeln machen ihn bis in die Spitze hochbeweglich. So kann die Katze ihren Schwanz nicht nur heben und senken, sondern auch strecken, krümmen, um die Schwanzwurzel rotieren oder unabhängig vom restlichen Schwanz nur die Schwanzspitze bewegen.

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Ob langjähriger Besitzer, Liebhaber und Züchter: Das «Schweizer Katzen Magazin» richtet sich mit vielseitigen und kompetenten Beiträgen an alle Freunde der Samtpfoten. Dieser Artikel stammt aus dem Katzen Magazin – für noch mehr Verständnis und Freude mit Ihrer Katze!

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Balance

So beweglich wie der Katzenschwanz ist, so vielfältig sind auch seine Aufgaben. Mit seiner Hilfe balanciert die Katze zum Beispiel problemlos in für Menschen schwindelerregenden Höhen umher. «Ähnlich einem Seiltänzer, der zur Balance eine Stange benutzt, erreicht die Katze über ihren Schwanz eine Verlängerung des Körpers und so ihr Gleichgewicht», erklärt Tierpsychologin Isabelle Rohner aus Edlibach ZG.

Spielend über schwindelerregende Höhen: Ihr Gleichgewicht hält die Katze auch dank ihrem beweglichen Schwanz.
Foto: Getty Images

Wie ein Ruder gleicht die Katze beim Springen, Klettern und Rennen ihr Gewicht mit dem Schwanz aus, indem sie ihn in die entgegengesetzte Richtung streckt. Zudem landet die Katze dank ihres Schwanzes meist auf allen vieren. «Mithilfe ihres Schwanzes leitet die Katze im freien Fall den Stellreflex ein.» Dafür rudert sie mittels ihres Schwanzes geschickt um die eigene Achse.

Nicht ohne Schwanz: Damit können Katzen kommunizieren und balancieren.
Foto: Getty Images
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Der Schwanz hilft auch für die Landung auf allen Vieren.
Foto: Getty Images

Zeichensprache

Der Schwanz dient der Katze jedoch nicht nur als Hilfsmittel, um überall elegant herumzustolzieren und zu landen. Als Teil des Geschlechtsakts kommen dem Katzenschwanz gleich mehrere Bedeutungen zu. «Eine weibliche Katze kann nur gedeckt werden, wenn sie den Schwanz nicht zum Schutz über ihr Geschlechtsteil hält», erklärt Rohner. Sie nimmt ihn folglich zur Seite. Ihr Interesse signalisiert sie unter anderem auch durch Schwanzschlagen und einen senkrecht in die Höhe gerichteten Schwanz. «Nach dem Akt signalisiert der Schwanz dann dem Kater, dass er schleunigst Abstand gewinnen muss, sonst läuft er Gefahr, von der Kätzin verletzt zu werden.»

Als Teil des Geschlechtsakts kommen dem Katzenschwanz gleich mehrere Bedeutungen zu.
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Ihren Emotionen verleiht die Katze besonders über den Schwanz Ausdruck, er dient als Kommunikationsmittel. So zeigt die Samtpfote durch einen senkrecht hoch getragenen Schwanz an, dass sie freundlich gestimmt ist. Kitten strecken auch zur Begrüssung ihrer Mutter den Schwanz hoch. Bei der Begrüssung anderer Artgenossen steht der hoch erhobene Schwanz ebenfalls für eine freundliche Geste. Hierbei scheint die Rangordnung in der sozialen Gruppe eine wichtige Rolle zu spielen. Simona Cafazzo von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Wien fand 2008 heraus, dass im Rang niedriger gestellte Katzen diese Schwanzposition öfters zeigen als ranghöhere. Letztere wurden zudem häufiger mit hoch erhobenem Schwanz begrüsst als Katzen anderer Ränge.

Schlägt der Katzenschwanz unruhig von einer Seite zur anderen, bedeutet dies meist Anspannung bei seinem felligen Besitzer. Peitscht der Schwanz regelrecht hin und her, ist dies ein deutliches Zeichen von Aggressivität. Geht es um eventuelle Abwehr oder gar Angriff, trägt die Katze ihren Schwanz eng am Körper, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und so eventuellen Verletzungen aus dem Weg zu gehen.

Spürt die Samtpfote Furcht oder fühlt sich bedroht, nimmt sie eine defensive Körperhaltung ein und plustert ihren Schwanz auf.
Foto: Getty Images

Spürt die Samtpfote Furcht oder fühlt sich bedroht, nimmt sie eine defensive Körperhaltung ein und plustert ihren Schwanz auf. «So versucht sie sich optisch grösser zu machen, um gefährlicher und bedrohlicher auszusehen», erläutert die Katzenexpertin, weshalb der Schwanz als Antwort auf hormonelle Signale aufgrund von Stress oder Angst sein Volumen verdoppelt. «Bei der sogenannten Piloerektion erhebt sich der Haarfollikel über die Hautoberfläche und das Haar richtet sich auf.» Oft stellen sich gleichzeitig die Rückenhaare mit auf. Das geschieht ganz automatisch. «So wie es bei Kältezittern oder Erregung zu einer vom vegetativen Nervensystem gesteuerten Kontraktion des Haarbalgmuskels kommt, so geschieht dies auch bei Angst. Willentlich steuern kann die Katze solches Verhalten nicht.» Ihren Emotionen verleiht die Katze also häufig unbewusst über ihren Schwanz Ausdruck – was ihn zum hervorragenden Stimmungsbarometer macht.

Duftnachrichten

Die Katze verteilt ihre Duftstoffe über den Schwanzansatz, indem sie um die Beine des Menschen streicht.
Foto: Shutterstock

Ganz bewusst hingegen setzt die Katze ihren Schwanz beim Markieren ein, der olfaktorischen Kommunikation unter Artgenossen. «Neben den sogenannten Kaudaldrüsen im Afterbereich besitzt die Katze weitere Talgdrüsen an Kopf, den Pfotenballen und auch im Bereich des Schwanzansatzes», sagt Rohner. Über diese Hautdrüsen verbreitet die Katze Duftstoffe, auch Pheromone genannt. «Mittels einer rüttelnden Schwanzbewegung kann die Katze die Pheromone und den Urin dann gezielt platzieren.» Der Schwanz nimmt dazu eine typische Stellung ein: hoch erhoben mit leicht zitternder Schwanzspitze markiert die Katze in typischer Rückwärtsstellung. Doch ist dies nicht der einzige Weg des Markierens. «Die Pheromone verteilen sich zudem über den Schwanzansatz. Streicht die Katze zum Beispiel um die Beine ihres Menschen oder dieser streichelt den Schwanzansatz, dann bleiben die Pheromone haften.»

Ein Leben ohne Schwanz?

Bei so vielen Aufgaben, die dem Schwanz zukommen, stellt sich natürlich die Frage: Was machen Katzen, die von Geburt an nur einen Stummelschwanz besitzen oder ihren Schwanz durch einen Unfall verloren haben? Kurzschwanzkatzen zumindest gibt es schon lange. Eine der ältesten Aufzeichnungen ist auf 1868 datiert, als Charles Darwin über Katzen mit kurzen Schwänzen im Malaiischen Archipel berichtete. In seinem Buch «The Variation of Animals and Plants under Domestication» schrieb er auf Seite 47, dass innerhalb des Malaiischen Archipels, Siam, Pegu und Burma alle Katzen einen kurzen Schwanz hätten, dessen Länge in etwa der Hälfte eines normalen Schwanzes entspreche und am Ende meist einen Knorpel aufweise.

Kurzschwanzrassen sind in Südostasien, Japan oder den USA beliebt.
Foto: Getty Images/EyeEm

Noch heute sind Kurzschwanzrassen insbesondere im Südosten und Osten Asiens sehr beliebt. Lebensnotwendig scheint der Schwanz daher nicht zu sein. «Ob von Geburt an oder durch Unfall, in gewisser Weise sind Katzen mit kurzen Schwänzen zwar handicapiert, lernen jedoch sehr gut damit umzugehen», weiss Rohner aus Erfahrung. Ihre eigene Katze klettere auch mit kurzem Schwanz weiterhin auf Bäume und könne sich gut mit dem Rest des Körpers ausbalancieren. «Dennoch gibt es Situationen, in denen sie, wenn sie beispielsweise ausrutscht, sich mangels Schwanzes nicht schnell genug ausbalancieren kann und herunterfällt.» Je nach Tiefe des Falls könne eventuell der Stellreflex nicht ausgeführt werden.

Die bekanntesten Vertreter kurzschwänziger Katzen in der westlichen Welt sind die Japanische Bobtail, Manx, Amerikanische Bobtail, Pixie-Bob und Kurilischer Bobtail. Der Amerikanischen Bobtail wurde der Schwanz weggezüchtet, die Schwanzlosigkeit der Manx wiederum entstammt einer Genmutation, auf die heute gezielt hingezüchtet wird. «Dabei sind diese Tiere in puncto Kommunikation definitiv benachteiligt», meint Rohner. «Kommunikationsprobleme treten vor allem dadurch auf, dass andere Katzen und generell andere Säugetiere die Kommunikation schlechter lesen können, da ihrem Gegenüber ein wichtiges Kommunikationsmittel fehlt, an dem die Stimmung dieser Katze erkennbar wäre.» Leben die Tiere allerdings in einer Gruppe zusammen, lernen alle anderen Mitglieder recht schnell, sich auf die etwas andere Art der Kommunikation einzustellen.

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