Die Flohmi-Saison geht los
Alles andere als angestaubt

Alles andere als angestaubt: Auf Flohmis findet man zwar Gebrauchtes, danach stöbert längst nicht nur, wer sparen will. Secondhand ist hip und boomt: Alleine im Mai finden in der Schweiz über 50 Flohmärkte statt.
Publiziert: 29.04.2023 um 00:34 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2023 um 17:21 Uhr
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Seinen ersten Flohmi-Stand hatte Robin Harteveld (42) schon als 15-Jähriger: «Da habe ich Spielsachen und Bücher verkauft». Heute organisiert er in Freiburg gleich zwei Flohmärkte. Da ist zum einen der Traditionelle in der Altstadt auf dem Klein-Sankt-Johann Platz, den es seit 40 Jahren gibt. «Der ist sehr familiär, viele kommen aus der Nachbarschaft und mit ihren Kindern.»

Der kleine Quartierflohmi ist bereits anfangs März in die Saison gestartet, er findet jeden ersten Samstag im Monat statt. Je nach Wetter sind es etwa 15 bis 30 Stände, das sei aber stark wetterabhängig. «Im April hat es in Strömen geregnet, da war ich ganz allein dort», sagt Harteveld und lacht. Seit fünf Jahren betreibt er auch den Freiburger Flohmarkt am Place Python an jedem letzten Samstag im Monat. Hier gibt es mehr Stände und Profi-Händler: «Aber es ist auch genug Platz für Neuankömmlinge. Wir haben Anbieter und Besucher von Bern und sogar aus dem Wallis.»

Quartierflohmi in der Freiburger Altstadt für die ganze Familie: Die Töchter von Harteveld, Lina (im Wagen) und Maïa (am Ziehen).
Foto: Zvg

Flohmi-Land Schweiz

Allein ist Harteveld längst nicht mehr. Im Frühling startet die Flohmi-Saison so richtig durch – und die Begeisterung für Altes und Gebrauchtes erlebt in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Bereits im Mai gibt es von Aarberg BE bis Genf über 50 Flohmärkte, darunter die grossen Samstagsmärkte wie in Basel auf dem Petersplatz oder in Zürich auf dem Bürkliplatz. Andere finden nur ein bis zweimal pro Saison statt, so der Flohmarkt in der Zuger Altstadt.

Flohmi-Profi in Freiburg: Robin Harteveld mit seiner Lebensgefährtin Sandra Perriard.
Foto: Zvg
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Neben traditionellen entstehen neue Märkte, viele diversifizieren sich, einerseits mit Design und Antiquitäten, vor allem aber auch mit Kleidern. Im Schnitt hängen in der Schweiz 118 Kleidungsstücke im Schrank, pro Jahr kommen 60 neue Stücke dazu. Laut Fashion Revolution Schweiz werden 40 Prozent der Kleider nie oder nur 2 bis 4 Mal getragen. Jedes Jahr werden 6,3 kg Altkleider pro Person weggegeben. Die Modeindustrie produziert je nach Quelle 1,2 bis 1,7 Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Emissionen – mehr als Luft- und Schifffahrt zusammen.

Der «Floh» kommt aus Paris

Die ersten Flohmärkte gab es schon vor 150 Jahren, entstanden sind sie in Frankreich und Belgien. Der Begriff «Flohmarkt» kommt vermutlich aus dem Französischen, dort die Märkte für Gebrauchtes «Marché aux Puces». In Paris kauften Lumpenhändler schon im Mittelalter die abgetragenen Kleider der Reichen, um damit zu handeln. Oft waren Flöhe in der Garderobe. Wegen der Flohplage wurden die Händler schliesslich in den Norden von Paris geschickt, dort fand um 1890 der erste Flohmarkt statt. Zur selben Zeit entstanden auch in Belgien Trödlermärkte. Der berühmte «Place du Jeu de Balle» gibt es seit 1873 und findet bist heute Stadtviertel Marolles in Brüssel statt.

Die ersten Flohmärkte gab es schon vor 150 Jahren, entstanden sind sie in Frankreich und Belgien. Der Begriff «Flohmarkt» kommt vermutlich aus dem Französischen, dort die Märkte für Gebrauchtes «Marché aux Puces». In Paris kauften Lumpenhändler schon im Mittelalter die abgetragenen Kleider der Reichen, um damit zu handeln. Oft waren Flöhe in der Garderobe. Wegen der Flohplage wurden die Händler schliesslich in den Norden von Paris geschickt, dort fand um 1890 der erste Flohmarkt statt. Zur selben Zeit entstanden auch in Belgien Trödlermärkte. Der berühmte «Place du Jeu de Balle» gibt es seit 1873 und findet bist heute Stadtviertel Marolles in Brüssel statt.

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Flohmi statt Fast Fashion

Wer früher noch aus Budget-Gründen und womöglich etwas verschämt Secondhand kaufte, ist heute hip. Gebrauchtes ist nachhaltig und bringt die Kreiswirtschaft ins Laufen. Statt Fast Fashion im 90er-Look findet man Flohmi womöglich ein Original aus dieser Zeit. Hartevelds Lebensgefährtin Sandra Perriard hatte letzte Woche in Bulle einen Stand an einem Secondhand-Mode-Markt organisiert: «Mit 250 Ständen wohl der grösste der Schweiz, da waren insgesamt sicher 600 Mädchen und Frauen, die ihre Kleider verkauft haben.»

Die Präsidentin vom Flohmarkt Bürkliplatz betreibt auch selber einen Stand: Monika Luck.
Foto: zvg

Dass es solche Märkte gibt, darüber freut sich Monika Luck (72), sie ist die Flohmi-Präsidentin am Zürcher Bürkliplatz. «Auf den Tagesplätzen werden wir mit Kleidern überschwemmt. Aber wir wollen auch Antiquitäten, Schmuck, Porzellan, also Trouvaillen jeder Art anbieten.» Der Bürkli-Flohmi zählt zu den ältesten und traditionellsten Märkten in der Deutschschweiz und das soll er auch bleiben. «Wir recyceln schon seit über 50 Jahren, jetzt ist es einfach modern geworden», so Luck.

Nicht zu viel Kleider, das ist auch den Betreibern des Zentralmarkts bei der Dampfzentrale in Bern wichtig. «Wir haben ein Kontingent, Mode darf pro Stand nicht mehr als ein Drittel ausmachen», sagt Fabio Minerva (39). Der IT-Spezialist hat den Flohmi gemeinsam mit seinen Eltern vor zwei Jahren übernommen. «Wir wollen ein Potpourri an ausgesuchtem Alltäglichem und Seltenem», so Minerva.

Zentralmarkt in Bern: Hier ist das Kleider-Angebot auf einen Drittel limitiert.
Foto: Zvg

Platz hat es am Zentralmarkt für alles und jeden: vom Kitsch bis zu Wertvollem, vom Gymischüler bis zum Händler. Den Boom bekommt Minerva schon nach kurzer Zeit zu spüren. Letztes Jahr hat er noch 50 bis 60 Stände angeboten, jetzt sind es schon gegen 90. Für den ersten Markttag, der diesen Sonntag stattfindet, sei man total ausgebucht: «Aber man kann es noch spontan versuchen, falls jemand nicht erscheint – das kommt immer vor.»

Das sind die 11 schönsten Flohmärkte der Schweiz

Am Wochnende schlendern wir gerne durch Flohmis und shoppen einzigartige Vintage-Teile. Das sind die schönsten Schweizer Trödelmärkte.

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Flohmärkte in Ihrer Nähe

Grosse Schweizer Flohmärkte

Zürich
Flohmarkt auf dem Bürkliplatz
Jeden Samstag von Mai bis Oktober von 7 bis 17 Uhr


Basel
Flohmarkt auf dem ­Petersplatz
Januar bis Oktober & ­November bis Dezember samstags von 7.30 bis 16 Uhr


Bern
Flohmarkt Grosse Halle
Ganzjährig, jeden ersten Sonntag im Monat von 8 bis 16 Uhr

Luzern
Flohmarkt am Reusssteg
Jeden Samstag von Mai bis Oktober von 7 bis 16 Uhr

Genf
Flohmarkt von ­Plainpalais
Mittwochs, samstags und jeden ersten Sonntag des Monats von 6.30 bis 18.30 Uhrr

Neuenburg
Brocante, Le Landeron
28. bis 30. September, von 9 bis 18 Uhr

Basel
Nachtflohmarkt in der Markthalle
Nächster Termin: 6. Oktober, von 18 bis 23 Uhr

St. Gallen
Lattich-Flohmarkt im Güterbahnhof
Nächster Termin: 13. Oktober von 10 bis 16 Uhr

Grosse Schweizer Flohmärkte

Zürich
Flohmarkt auf dem Bürkliplatz
Jeden Samstag von Mai bis Oktober von 7 bis 17 Uhr


Basel
Flohmarkt auf dem ­Petersplatz
Januar bis Oktober & ­November bis Dezember samstags von 7.30 bis 16 Uhr


Bern
Flohmarkt Grosse Halle
Ganzjährig, jeden ersten Sonntag im Monat von 8 bis 16 Uhr

Luzern
Flohmarkt am Reusssteg
Jeden Samstag von Mai bis Oktober von 7 bis 16 Uhr

Genf
Flohmarkt von ­Plainpalais
Mittwochs, samstags und jeden ersten Sonntag des Monats von 6.30 bis 18.30 Uhrr

Neuenburg
Brocante, Le Landeron
28. bis 30. September, von 9 bis 18 Uhr

Basel
Nachtflohmarkt in der Markthalle
Nächster Termin: 6. Oktober, von 18 bis 23 Uhr

St. Gallen
Lattich-Flohmarkt im Güterbahnhof
Nächster Termin: 13. Oktober von 10 bis 16 Uhr

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