Warnzeichen oder nicht?
So ernst musst du Blut in Urin oder Stuhl nehmen

Wenn der Titel dieser Story bei dir Unbehagen auslöst, solltest du ihn erst recht lesen. Denn es sind vor allem Menschen, die Anzeichen von schweren Krankheiten aus Angst ignorieren, bei denen die Heilung bestimmter schwerer Krankheiten zu spät kommt.
Publiziert: 07.09.2023 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2023 um 15:17 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Blut im Urin

Wie beunruhigt muss ich sein?
Wenn Männer ihm in der Sprechstunde darüber berichten, dass das WC nach dem Wasserlassen voller Blut gewesen sei, stehe ihnen der Schreck ins Gesicht geschrieben, schreibt André Reitz (53), Urologe in der Klinik Hirslanden in Zürich, in seinem Sachbuch «Kompass Männergesundheit». Er erklärt denn Männern dann, dass wohl nicht alles Blut war. «Meist wird der Blutanteil überschätzt, durch die sehr stark färbende Eigenschaft des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin.» Eine Rotfärbung des Urins sei trotzdem ein ernstzunehmendes Ereignis, das in jedem Falle ärztlich untersucht werden sollte.

Wovor könnte mich das Zeichen warnen?
Häufigste Ursache von blutigem Urin ist gemäss Reitz eine Entzündung der Harnwege mit entsprechenden Symptomen. Auch Entzündungen der Nieren und der Prostata oder Nierensteine führen manchmal zu blutigem Urin. Sei der Urin rot gefärbt, ohne dass Schmerzen, Fieber oder andere Symptome auftreten, müsse man sich so schnell wie möglich von einem Urologen untersuchen lassen. In diesem Fall könne der Urin ein Warnzeichen für Blasenkrebs sein.

Urinproben in Plastikbechern. Je nach Ernährung und Wasseranteil kann sich die Farbe stark unterscheiden und im Extremfall nach einem Anteil von Blut aussehen, obwohl das nicht zutrifft. Trotzdem gilt: Lieber einmal zu viel mit solchen Bedenken zum Arzt als einmal zu wenig.
Foto: Getty Images/Science Photo Library RF

Welche Untersuchungen schaffen Klarheit?
Zuerst wird untersucht, ob der Urin rote und weisse Blutzellen und den Infektparameter Nitrit, Zucker oder Eiweiss enthält. Diese Werte können auf einen Infekt hinweisen. Mit dem Ultraschallgerät werden die Nieren, die oberen Harnwege, die Harnblase und die Prostata inspiziert. Lässt sich damit die Herkunft des Blutes im Urin nicht hinreichend klären, so sind weitere Massnahmen wie eine Blasenspiegelung erforderlich. Je nach Befund wird der Urin dann noch mikroskopisch auf Krebszellen hin überprüft.

Ein hoch aufgelöstes Foto von Blut, das in Wasser tropft. Im WC sieht derselbe Vorgang weniger ästhetisch aus.
Foto: Getty Images
Spezialist für Neuro-Urologie

André Reitz (53) ist ärztlicher Leiter des Kontinenzzentrums in der Klinik Hirslanden in Zürich. Sie gehört zur Hirslanden-Gruppe, die 17 Kliniken in 10 Kantonen betreibt. Das Zentrum ist spezialisiert auf Probleme rund um die Blase und den Beckenboden. Neben Frauen und Männern werden auch Kinder behandelt. Reitz veröffentlichte Anfang Jahr den «Kompass Männergesundheit». Es ist die vierte, stark überarbeitete Auflage eines Sachbuches, das er im Jahr 2007 herausbrachte. Der Urologe mit Spezialgebiet Neuro-Urologie stammt aus Münster (D). Er lebt seit 2000 im Kanton Zürich und ist deutsch-schweizerischer Doppelbürger.

zVg

André Reitz (53) ist ärztlicher Leiter des Kontinenzzentrums in der Klinik Hirslanden in Zürich. Sie gehört zur Hirslanden-Gruppe, die 17 Kliniken in 10 Kantonen betreibt. Das Zentrum ist spezialisiert auf Probleme rund um die Blase und den Beckenboden. Neben Frauen und Männern werden auch Kinder behandelt. Reitz veröffentlichte Anfang Jahr den «Kompass Männergesundheit». Es ist die vierte, stark überarbeitete Auflage eines Sachbuches, das er im Jahr 2007 herausbrachte. Der Urologe mit Spezialgebiet Neuro-Urologie stammt aus Münster (D). Er lebt seit 2000 im Kanton Zürich und ist deutsch-schweizerischer Doppelbürger.

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Wer ist besonders gefährdet?
Als Hauptrisikofaktor für Blasenkrebs gilt das Rauchen, aber auch der berufsbedingte Kontakt mit Chemikalien kann eine Ursache sein, wie Reitz gegenüber Blick sagt. Besonders gefährdet seien zum Beispiel Maler, Lackierer und Arbeiter in Metall- oder Chemiebetrieben, die über längere Zeit Chemikalien ausgesetzt sind, die bestimmte Kohlenwasserstoffe enthalten. Auch Coiffeure, die mit Haarfärbemitteln und Chemikalien hantieren, sind gefährdet.

Blut im Stuhl

Wie beunruhigt muss ich sein?
Blut im Stuhl kann auf harmlose, aber auch auf ernstzunehmende Krankheiten hinweisen. Wer es in der WC-Schüssel mit blossem Auge sehen kann, muss gemäss Reitz umgehend einen Gastro- oder Proktologen aufsuchen. Umfragen zeigen, dass Frauen in so einem Fall durchschnittlich vier Tage vergehen lassen, Männer zehn. Beides sei genug früh, sagt Reitz. Viele Männer würden das drohende Problem jedoch Monate bis Jahre verdrängen, oftmals sei es dann zu spät für eine Heilung. Das gelte insbesondere auch für Prostatakrebs. «Mich suchen regelmässig Männer Anfang 60 auf, deren Väter an Krebs gestorben sind, die noch nie eine Voruntersuchung machen liessen, und jetzt auch an einem Karzinom leiden.»

Wovor könnte mich das Zeichen warnen?
Im besten Fall vor Hämorrhoiden oder Verletzungen des Enddarmes, im schlechtesten Fall vor Darmkrebs. Bei Männern ist diese Krebsart die häufigste nach Prostatakrebs und Lungenkrebs. Jede achte Tumorerkrankung betrifft sie.

Welche Untersuchungen schaffen Klarheit?
Die Darmspiegelung ist die einzig verlässliche Untersuchung, die Tumore im Darm erkennt, und zwar in einem Stadion, in dem sie noch gar nicht bösartig sind. Wer direkte Vorfahren hat, die an Darmkrebs erkrankten, sollte sich ab 40, der Rest ab 50 einer Darmspiegelung unterziehen. Es gibt auch Screenings, bei denen eine Stuhlprobe nach Blut untersucht wird, das man von blossem Auge nicht sieht. Sie sind für Personen gedacht, die sich keiner Spiegelung unterziehen wollen, und haben den grossen Nachteil, dass sie Tumore in einem frühen Stadion nicht sicher genug identifizieren.

Wer ist besonders gefährdet?
Gefährdet sind Personen, die sich ungesund ernähren, respektive so, dass der Stuhl lange Zeit im Darm verbringt, bis er ausgeschieden wird. Alkoholkonsum, Übergewicht, erbliche Veranlagung und entzündliche Darmerkrankungen sind weitere Risikofaktoren. 

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