Vitamin D
Pillen oder ab ins Solarium?

Von Oktober bis März ist die Sonne in unseren Breitengraden zu schwach. Was tun? Solarium oder Supplemente?
Publiziert: 17.11.2017 um 16:20 Uhr
|
Aktualisiert: 03.04.2019 um 16:33 Uhr
Von Werner Vontobel

Zunächst ein paar Fakten: Vitamin D ist wichtig. Die meisten Krankheiten, von der Erkältung über Osteoporose, Herzkrankheiten bis hin zu Krebs gehen mit einem Mangel an Vitamin D einher. Dieses wird durch Einstrahlung der Sonne auf die Haut gebildet – doch von Oktober bis März ist die Sonne in unseren Breitengraden zu schwach.  Dabei ist schon im Sommer etwa die Hälfte der Bevölkerung mit Vitamin D unterversorgt – und zwar auch dann, wenn man 30 Nanogramm pro Milli­liter Blut als ausreichend erachtet. Einige Forscher vermuten, dass das Optimum über 50 liegt. Kurz: Es besteht Handlungsbedarf.

Wie viel Sonnelicht brauchen wir wirklich?
Foto: Getty Images

Wie viel Sonnelicht brauchen wir?

Zwei Möglichkeiten stehen zur Auswahl: Vitaminpillen oder Solarien. Was ist besser und welche Dosierung ist optimal? Der Sonnenbank-Hersteller Ergo­line hat uns dazu zwei Studien geschickt. Studie 1: Dreimal 6 bis 12 Minuten Solarium wöchentlich erhöhte den Vitamin-D-Spiegel bei 35 Holländern im ­Alter von 18 bis 33 Jahren in drei Monaten von 24 auf 44. Täglich eine Pille mit 1000 i.E. Vitamin D3 brachte eine Steigerung von 23 auf 37. In der Kontroll­gruppe sank der Wert von 25 auf 22.

Sonnenersatz In trüberen ­Jahreszeiten wird Vitamin D knapp.
Foto: Getty Images

Studie 2: Nach vier Wochen mit je zwei Bestrahlungen bei 18- bis 68-Jährigen stieg der Spiegel von 14 auf 27 und blieb dann bei einmal Sonnenbank pro Woche stabil.

Ergoline verwies zudem auf eine Studie des Dermatologen Professor Günther Hofbauer von der Univer­sität Zürich. Seine Studie sei noch nicht abgelaufen, meinte dieser, eine Zwischenanalyse zeige jedoch keinen Anstieg des Vitamin-D-Spiegels.

Pillen mit mehr Wirkung

Die meisten Kapseln sind mit einem Vitamin D-Gehalt von 62,5 µg (2.500 I.E.) hochdosiert.
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«Die Fähigkeit, Vitamin D über die Haut zu synthetisieren, nimmt mit dem Alter drastisch ab», sagt Hofbauer. Tests mit Jungen liessen sich deshalb nicht direkt auf eine Normalbevölkerung übertragen. Für Hofbauer sind Pillen (er empfiehlt 1000 i.E. täglich) klar die bessere Lösung. Mehr Wirkung, weniger Nebenwirkungen. Entgegen den Behauptungen der Solarienhersteller erhöhe UV-Licht das Risiko, an weissem und schwarzem Hautkrebs zu erkranken, auch wenn Sonnenbrände vermieden werden.

Tatsächlich zeigt eine über mehrere Jahre laufende Studie mit über 100 000 Norwegerinnen, dass Solarienbesucher ein um 55 Prozent höheres Risiko haben, an Hautkrebs zu erkranken. Auch hier gibts Gegenargumente. Erstens: Die 55 Prozent klingen zwar eindrücklich, bedeuten aber bloss, dass das Risiko von 0,2 auf 0,3 Prozent steigt. Zweitens: Die Sola­rienbesucher wiesen im Schnitt einen um zehn Milligramm höheren Vitamin-D-Spiegel auf. Unter dem Strich könnte man folgende Rechnung machen: Solarien verursachen in Norwegen jährlich 200 bis 300 Todesfälle durch Hautkrebs, vermindern aber per Saldo 3000 bis 4000 Todesfälle durch andere Krebsarten.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch eine Zusammenfassung aller einschlägigen Studien zwischen 1981 und 2011: «Insgesamt überwiegen die gesundheitlichen Vorteile von sorgfältig dosierten Sonnen- und Solarienbädern die damit verbundenen Hautkrebs-Risiken.»

Ein erster Eindruck: Selbst junge Leute haben viel zu wenig Vitamin D im Blut. Abhilfe ist dringend nötig. Diese ist mit Pillen ­allerdings billiger und risikoloser zu erreichen als mit dem Solarium.

Infrarot fördert Hautreparatur

Doch da ist noch etwas. Das Licht der Sonne und der Solarien produziert nicht nur Vitamin D. Darauf weist auch Hofbauer hin: Infrarotes Licht etwa fördere die Reparaturvorgänge in der Haut, weisses Licht sei nachweislich gut gegen Winterdepressionen, und ultraviolettes Licht (sowohl UVA als auch UVB) rege die Ausschüttung von Endorphinen an und löse damit ein Glücksgefühl aus. Viele Leute schätzen auch die bräunende Wirkung der UVA-Strahlen. All das können Pillen nicht.

Deshalb kann es sich auch im Winter lohnen, sich an die Sonne oder ins Solarium zu legen. Auch wenn dazu noch keine Studien vorliegen.

Vitamin D: Straft uns die Evolution?

Unsere Urahnen haben noch keine Pillen geschluckt, sondern ihr Vitamin D durch Sonneneinstrahlung auf die nackte Haut gewonnen. Sonnenbänke produzieren nicht das exakt gleiche Licht, sind aber doch die natür­lichere und damit auch gesündere Lösung als ­Pillen. Dieses Argument baut darauf auf, dass uns die Evolution so eingerichtet hat, dass wir unter den natürlichen Lebensbedingungen (der Vorfahren) am besten gedeihen.

Die Gegenthese: Die ­Evolution ist nur auf Fortpflanzung fixiert und nicht daran interessiert, ältere Menschen gesund zu ­halten. Ergo nimmt die Fähigkeit, Vitamin über die Haut zu produzieren ab, und es kann sich lohnen, die Natur mit Vitamin-D-Pillen zu überlisten.

Die Meinungen sind geteilt, die Faktenlage ist ­widersprüchlich. Zwar scheint die These von der sinkenden Eigenproduktion zu stimmen, nicht aber die Schlussfolgerung daraus, nämlich, dass Sonne oder Solarium nichts bringen. So zeigt etwa eine Studie in einem holländischen Alters- und Pflegeheim, dass einmal Solarium pro Woche den Vitamin-D-Spiegel selbst bei 70- bis 90-Jährigen in nur acht Wochen verdoppelt. Allerdings auf sehr tiefem Niveau.

Unsere Urahnen haben noch keine Pillen geschluckt, sondern ihr Vitamin D durch Sonneneinstrahlung auf die nackte Haut gewonnen. Sonnenbänke produzieren nicht das exakt gleiche Licht, sind aber doch die natür­lichere und damit auch gesündere Lösung als ­Pillen. Dieses Argument baut darauf auf, dass uns die Evolution so eingerichtet hat, dass wir unter den natürlichen Lebensbedingungen (der Vorfahren) am besten gedeihen.

Die Gegenthese: Die ­Evolution ist nur auf Fortpflanzung fixiert und nicht daran interessiert, ältere Menschen gesund zu ­halten. Ergo nimmt die Fähigkeit, Vitamin über die Haut zu produzieren ab, und es kann sich lohnen, die Natur mit Vitamin-D-Pillen zu überlisten.

Die Meinungen sind geteilt, die Faktenlage ist ­widersprüchlich. Zwar scheint die These von der sinkenden Eigenproduktion zu stimmen, nicht aber die Schlussfolgerung daraus, nämlich, dass Sonne oder Solarium nichts bringen. So zeigt etwa eine Studie in einem holländischen Alters- und Pflegeheim, dass einmal Solarium pro Woche den Vitamin-D-Spiegel selbst bei 70- bis 90-Jährigen in nur acht Wochen verdoppelt. Allerdings auf sehr tiefem Niveau.

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Wie viel Vitamin D ist genug?

Setzt man die Limite bei 30 (Nanogramm pro Milliliter Blut) an, so sind in unseren Breitengraden rund 70 Prozent der Bevölkerung mit Vitamin D unterversorgt – vor allem Senioren, Frauen und Übergewichtige. Gemäss der Gesundheitsorganisation GrassrootHealth liegt das Optimum bei 50 bis 70. In speziellen Fällen wie Krebs oder Multipler Sklerose seien auch 100 Nanogramm pro Milliliter angezeigt.

Bowles (s. Haupttext) empfiehlt generell 80 bis 100. Ab 100 besteht die Gefahr von Kalkablagerungen im Bindegewebe. Harndrang ist ein Indiz dafür. Vitamin K2 stoppt die Verkalkung. Wie erreicht man diese Werte? Nach GrassrootHealth brauchen Erwachsene 8000 i. U. Vitamin D3 täglich, um den Blutspiegel nur schon auf 40 Nanogramm zu steigern. Mit Sonne allein ist das schwierig.

Im Hochsommer und im Bikini liegen zwar je nach Hauttyp 10 000 i. U. in 5 bis 20 Minuten drin. Doch im Normalfall schafft man nur wenige 100 i. U. Sonne hat gegenüber Vitamin-D-Tropfen oder Kapseln Vorteile. Sie bildet wasserlösliches Vitamin D und zudem noch das für Herz und Kreislauf wichtige Cholesterolsulfat.

Setzt man die Limite bei 30 (Nanogramm pro Milliliter Blut) an, so sind in unseren Breitengraden rund 70 Prozent der Bevölkerung mit Vitamin D unterversorgt – vor allem Senioren, Frauen und Übergewichtige. Gemäss der Gesundheitsorganisation GrassrootHealth liegt das Optimum bei 50 bis 70. In speziellen Fällen wie Krebs oder Multipler Sklerose seien auch 100 Nanogramm pro Milliliter angezeigt.

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