Fortschritte in der Transplantationsmedizin
Maschine wird Fettleber in ein gesundes Organ verwandeln

Bessere Herzen, Nieren, Lungen und Lebern: Franz Immer, Herzchirurg und Geschäftsführer von Swisstransplant erklärt, welche rasanten Fortschritte die Transplantationsmedizin macht.
Publiziert: 24.04.2023 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 24.04.2023 um 11:36 Uhr
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Silvia TschuiGesellschafts-Redaktorin

Eine Art Herzbox eröffnet ganz neue Perspektiven in der Transplantationsmedizin, wie SonntagsBlick gestern berichtete. Das neuartige Verfahren, Ex-vivo-Maschinenperfusion genannt, erlaubt jetzt schon, Organe wie Herz oder Leber länger als zuvor funktionstüchtig und somit transplantierbar zu erhalten.

Franz Immer (55), Facharzt für Herzchirurgie und Geschäftsführer der Stiftung Swisstransplant, weiss, weshalb in der Transplantationsmedizin auch sonst gute Zeiten auf uns zukommen. Denn in Zukunft sind weitere Anwendungen des Verfahrens geplant, etwa die gezielte Verbesserung entnommener Organe ausserhalb des Körpers, bevor sie schliesslich implantiert werden. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Leber: «Eine ausserhalb des Körpers aufbewahrte krankhafte Fettleber, die Laboranten gezielt richtig durchbluten und der sie die richtigen Nährstoffe zuführen, kann sich über einige Tage erholen und schliesslich normale, gesunde Werte aufweisen», sagt Immer. Und je gesünder das Organ ist, desto grösser ist auch die Chance auf eine erfolgreiche Transplantation. Das Verfahren sei bereits erfolgreich getestet worden und stehe kurz vor der Einführung: «Wir gehen davon aus, dass wir in etwa zwei bis drei Jahren Lebern transplantieren können, die mit Ex-vivo-Maschinenperfusion aktiv verbessert wurden.» Und es gäbe bereits einen Fall, in dem ein Lungengerinnsel, das zum Tod einer jungen Frau führte, aus dem entnommenen Organ wieder entfernt werden konnte – und die erneut funktionsfähige Lunge acht Stunden später ihre Aufgabe in einem neuen Körper erfolgreich ausführte.

Stark verbesserte Kunstherzen

Aber auch weitere Erfolgsmeldungen lassen Hoffnung aufkommen: «Die heute verwendeten Kunstherzen, oft Metall-Goretex-Konstruktionen, haben einen Quantensprung in der Qualität gemacht», sagt Immer. Sie verlängern den Zeitraum, den ein Patient zur Transplantation überbrücken muss, erheblich – oder machen eine Transplantation manchmal sogar unnötig.

Franz Immer, Direktor Swisstransplant, weiss, welche Innovationen in der Transplantationschirurgie auf uns zukommen.
Foto: Keystone
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Während gerade die Schweiz in diesem medizinischen Bereich seit längerem sehr innovativ ist, stammen andere, ebenfalls höchst interessante Entwicklungen aus anderen Ländern. Etwa im Bereich der sogenannten Xenotransplantation – also dem Implantieren von tierischen Organen. «In diesem Bereich sind uns die Chinesen und die USA weit voraus», sagt Immer – auch wenn eine erste Transplantation eines genetisch veränderten Schweineherzens in den USA in Baltimore im Jahr 2022 schliesslich einen tragischen Ausgang nahm: Der bereits vor der Operation stark geschwächte Patient verstarb nach einigen Wochen. Die zunächst erfolgreiche Operation gilt aber gemäss internationaler Fachpresse trotzdem als Meilenstein, der grosse Hoffnungen auf die Zukunft ermöglicht.

Lange Warteliste für Spenderniere in der Schweiz

Mangel herrscht in der Schweiz übrigens hauptsächlich an Spendernieren. Mehrere Tausend Menschen müssen hierzulande regelmässig wegen Nierenversagen zur Dialyse, ein Verfahren, bei dem das Blut von einer externen Maschine gereinigt wird. 850 Personen stehen auf der Warteliste für eine Spenderniere. Grund dafür sind die Nebenwirkungen einiger gängiger, entzündungshemmender Schmerzmittel, die dauerhaft oder zu hoch dosiert eingenommen, die Nieren schädigen.

Immer sieht in der Entwicklung neuer Medikamente denn auch die grösste Forschungslücke in der Schweiz: «Seit dem kontinuierlichen Wegfall der Patente lohnt es sich für Pharmaunternehmen nicht mehr, in die Entwicklung neuer Medikamente zu investieren. Dabei wäre beides notwendig: weitere Forschung in der Transplantationsmedizin wie auch Investitionen zur Medikamentenentwicklung.»

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