So wichtig ist der Darm für das Wohlbefinden
«Wir werden die Psyche über den Darm beeinflussen können»

Die Zusammensetzung der Darmbakterien nimmt Einfluss auf unser psychisches Wohlergehen.
Publiziert: 08.05.2020 um 17:20 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2020 um 09:18 Uhr
Moritz Lüchinger

Unser Verdauungssystem ist ein wahres Wunderwerk und extrem wichtig. Trotzdem ist es erst wenig erforscht. Ausgebreitet würde es ungefähr die Fläche von zwei Tennisfeldern einnehmen. Milliarden von Bakterien, Pilzen und sogar Viren bevölkern unseren Darmtrakt.

Die Gesamtheit dieser Kleinstlebewesen, die die Windungen unseres Darms besiedeln, nennt man Mikrobiom. «In unserem Darm leben etwa zwei Kilogramm Bakterien», erklärt Professor Stephan Vavricka vom Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie in Zürich.

Ohne Mikrobiom geht nichts

Die Bakterien sind enorm wichtig. Sie helfen uns beispielsweise bei der Abwehr von krankmachenden Keimen. Ausserdem sind sie wichtig für die Verdauung, etwa bei der Aufnahme von essenziellen Aminosäuren.

Unser Wohlergehen hängt auch von unserem Darm ab.
Foto: Getty Images
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Was sind essentielle Aminosäuren?

Essentielle (lebensnotwendige) Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteine. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, da der menschliche Körper sie nicht selbst herstellen kann. Essentielle Aminosäuren übernehmen wichtige Funktionen im Körper und sind an verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt.

Zu den essentiellen Aminosäuren zählen:

  • Lysin (Lys)
  • Tryptophan (Trp)
  • Leucin (Leu)
  • Valin (Val)
  • Histidin (His)
  • Isoleucin (Ile)
  • Threonin (Thr)
  • Phenylalanin (Phe)
  • Methionin (Met)

Essentielle (lebensnotwendige) Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteine. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, da der menschliche Körper sie nicht selbst herstellen kann. Essentielle Aminosäuren übernehmen wichtige Funktionen im Körper und sind an verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt.

Zu den essentiellen Aminosäuren zählen:

  • Lysin (Lys)
  • Tryptophan (Trp)
  • Leucin (Leu)
  • Valin (Val)
  • Histidin (His)
  • Isoleucin (Ile)
  • Threonin (Thr)
  • Phenylalanin (Phe)
  • Methionin (Met)
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Das Mikrobiom ist ein austarierter Mikrokosmos, der mitunter schnell aus der Balance gebracht werden kann. Faktoren wie die genetische Disposition, das Alter, das Geschlecht, aber auch die Umwelt oder persönliche Faktoren wie Stress, Ernährung oder Medikamente können es in seinem empfindlichen Gleichgewicht stören.

Der Darm und die Psyche

Eine solche Störung kann verschiedenste Beschwerden auslösen. Intuitiv würde man davon ausgehen, dass ein Ungleichgewicht des Mikrobioms zu Magen-Darm-Problemen führt. Dem ist auch so. Aber der Darm hat viel mehr Einfluss auf uns, als man auf den ersten Blick denken mag. Wie viel, das beginnt die Wissenschaft erst zu begreifen.

Vermutlich nimmt der Verdauungstrakt nicht unwesentlich Einfluss auf unser psychisches Befinden. «Man geht davon aus, dass der Darm mit dem Hirn kommuniziert», sagt Vavricka.

Verschiedene Nervensysteme stehen miteinander im Austausch

Es existieren offenbar verschiedene, autonom voneinander agierende Nervensysteme, die aber im Austausch miteinander stehen. So hat auch der Darm sein eigenes Nervensystem, das sogenannte enterische Nervensystem. «Diese beiden Systeme kommunizieren miteinander. Man nennt das die Darm-Hirn-Achse» erläutert Vavricka.

Das heisse aber nicht, dass man durch eine schlechte Ernährung zum Beispiel eine Schizophrenie entwickeln könne, betont Vavricka. Verschiedene Studien legen jedoch nahe, dass eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms durchaus Einfluss auf unsere Stimmung nehmen kann.

Der Darm beeinflusst unser psychisches Wohlbefinden

Bis jetzt weiss man noch relativ wenig über das Zusammenspiel von Darm und psychischem Wohlbefinden. Versuche mit Mäusen haben aber gezeigt, dass durchaus ein Zusammenhang zu existieren scheint. In einem Test wurden Labormäuse mit Fleisch ernährt und hatten deswegen eine andere bakterielle Zusammensetzung im Darm als vegetarisch ernährte. Die mit Fleisch ernährten Tiere wiesen eine höhere Lernfähigkeit auf und waren weniger ängstlich.

Aber auch beim Menschen scheint es einen Zusammenhang zu geben. So zeigten sich Gefängnisinsassen in den Niederlanden weniger aggressiv, wenn sie über einen längeren Zeitraum Probiotika einnahmen. Einer anderen Studie zufolge hatten Menschen mit chronischem Erschöpfungssyndrom weniger Angstzustände, wenn sie täglich ein bestimmtes Darmbakterium zu sich nahmen.

Darmflora kann beeinflusst werden

Das Mikrobiom scheint also tatsächlich Einfluss auf unser Wohlbefinden zu nehmen. Heisst das jetzt, dass wir in Zukunft Depressionen mit Nahrungsmitteln bekämpfen können? «Ich bin überzeugt davon, dass wir eine Zeit erleben werden, in der wir den Darm so beeinflussen können, dass er die Psyche beeinflusst. Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft gezielte Probiotika eingesetzt werden oder auf einen einzelnen Menschen abgestimmte Cocktails davon verabreicht werden» sagt Vavricka dazu.

Ein Wundernahrungsmittel für gute Laune gibt es dem Spezialisten zufolge aber nicht. Man kann jedoch zumindest versuchen, seine Darmflora richtig aufzubauen. «Dazu nimmt man Probiotika oder sogenannte Präbiotika zu sich», erklärt Vavricka.

Probiotika sind in vielen Nahrungsmitteln zu finden, beispielsweise in Kefir, Sauerkraut oder Naturjogurt. Präbiotika hingegen sind Ballaststoffe, die das Wachstum von guten Bakterien anregen. Sie kommen in vielen pflanzlichen Lebensmitteln vor, zum Beispiel in Chicorée oder Topinambur.

Mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung kann zumindest dazu beigetragen werden, dass sich die Bakterien in unserem Darm wohlfühlen und mit ihrem auch unser Wohlbefinden steigt.

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