Gopfried Stutz!
Versicherungen, die mehr aus- als einschliessen

Im Zwist mit Krankenkassen verweisen Rechtsschutzversicherungen gerne an die Ombudsstelle – um selbst nicht tätig zu werden.
Publiziert: 19.06.2017 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2019 um 14:16 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist
Unabhängige Experten raten daher, das Kleingedruckte genau zu lesen.

Stellen Sie sich vor, Sie schliessen eine Rechtsschutzversicherung ab. Jahr für Jahr zahlen Sie Prämien. Dann bekommen Sie ein Problem mit der Krankenkasse. Umsonst habe ich die Rechtsschutzversicherung ja nicht abgeschlossen, sagen Sie sich ... Aber hoppla! Die Versicherung verweist Sie an die Ombudsstelle. Die sei ja gratis.

Warum verweisen Rechtsschutzversicherungen an die Ombudsstelle?

Offenbar kein Einzelfall. Im Jahresbericht der Ombudsstelle Krankenversicherung heisst es: «Leider kommt es häufig vor, dass Rechtsschutzversicherungen, statt die versicherte Leistung zu erbringen, die Versicherten an die Ombudsstelle verweisen, damit die ihnen unentgeltlich hilft. Diese Versicherten haben somit bei ihrer Rechtsschutzversicherung für eine Leistung Prämien bezahlt, die sie nun nicht erhalten.»

Das ist ein starkes Stück! Doch sonderlich erstaunt bin ich nicht. Rechtsschutzversicherungen haben es an sich, dass sie mehr ausschliessen als einschliessen. Familien-, Erbschafts-, Baurechts- und Streitigkeiten mit Banken sind praktisch nie versichert. Die Stiftung Konsumentenschutz nahm vor drei Jahren mit dem «Kassensturz» elf Rechtsschutzversicherungen unter die Lupe. Ernüchterndes Fazit: Nur eine ist gut, fünf sind ungenügend. Die einzige mit der Note «Gut» ist die wenig bekannte Dextra.
 

Lesen Sie das Kleingedruckte!


Unabhängige Experten raten daher, das Kleingedruckte genau zu lesen, um zu wissen, welche Rechtsgebiete überhaupt versichert sind. Doch nicht nur Laien sind schnell mal überfordert, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zu verstehen und zu vergleichen. Schliesslich weiss man nur in den seltensten Fällen, auf welchem Rechtsgebiet man in ferner Zukunft Ärger bekommen könnte.

Mangelnde Deckung von Rechtsschutzversicherungen
 

Der «Beobachter» hat regelmässig über die mangelnde Deckung von Rechtsschutzversicherungen berichtet – bis er selber eine lancierte. Und praktisch alle Rechtsgebiete einschliesst, auch Streitigkeiten unter Eheleuten. Dies freilich nur bis zu einem Betrag von 5000 Franken.

Abonnenten können zwischen zwei Varianten wählen: «Beobachter Assistance» übernimmt die Kosten für Anwälte, Mediatoren und Expertisen bis 5000 Franken pro Rechtsstreit.

Einen umfassenderen Schutz bietet «Beobachter Rechtsschutz», bei dem Privat- und Verkehrsrechtsschutz bis 300'000 Franken gedeckt sind. Sie kosten 58 beziehungsweise 260 Franken. Dazu kommt noch das Jahresabo von 108.80 Franken.

Rund 40 Prozent aller Haushalte haben eine Rechtsschutzversicherung. Der hohe Anteil ist wohl mit den verhältnismässig tiefen Prämien – um die 200 Franken – zu erklären. Das ist etwa der Betrag, der ein Anwalt in Rechnung stellt, um das Telefon abzunehmen.

Was nichts kostet, ist nichts wert. Das gilt natürlich nicht für die Ombudsstellen. Nur muss man wissen: Die Ombudsstelle wird nicht tätig, wenn man Ansprüche gegenüber einer Rechtsschutzversicherung hat oder bereits durch einen Anwalt vertreten ist.

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