Fit oder fett
Die schwierige Suche nach den Ursachen

Chronische Krankheiten ­haben viele Symptome, aber nur wenige, oft versteckte Ursachen. Detektivarbeit ist gefragt.
Publiziert: 08.05.2015 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 12:25 Uhr

Ärzte können nützlich sein, ausser man nützt sie falsch. Und das ist leider die Regel. Man geht zum Doktor, weil es irgendwo juckt oder schmerzt und weil man erwartet, dass er oder sie dieses Symptom zum Verschwinden bringt. Man kriegt sein Rezept, geht zur Apotheke und schluckt dreimal täglich nach dem Essen eine Tablette – und geht wieder zum Arzt, wenn neue Symptome unterdrückt werden müssen.

Für den Allgemeinmediziner Dr. John van Limburg Stirum aus Kilchberg ist das der «völlig falsche Ansatz». Ein Symptom ist für ihn nicht mehr als ein Hinweis auf ein tiefer liegendes, chronisches Problem. Weitere Hinweise müssen sich aus einer ausführlichen Befragung – Fachjargon Anamnese – ergeben. Für van Limburg Stirum ist das Detektivarbeit: «Sehen, tasten, fragen, reden lassen.» Oft fällt der Groschen nur zufällig. «Ah, dann sind Sie im Beruf also manchmal ätzenden Gasen ausgesetzt?» Doch diese Zufälle könne man steuern. Dazu brauche es aber Zeit, für die es keine Tarmed-Punkte gibt. «Junge Ärzte in teuren Praxen können sich diese Arbeitsweise gar nicht leisten.»

95 Prozent der Fälle haben die gleichen Gründe

Nach 30 Jahren Praxis und Forschung fasst van Limburg Stirum seine Erfahrungen der häufigsten chronischen Krankheiten wie folgt zusammen: Hinter den üblichen Symptomen wie chronische Müdigkeit, Ausschläge, Darmbeschwerden und rheumatische Schmerzen steckt in 95 Prozent aller Fälle eine der folgenden Ursachen: Erstens Nahrungsmittel­unverträglichkeiten, dann Narbenstörfelder, Belastungen durch Umweltgifte, Stress durch Nebenwirkungen von Medikamenten und schliesslich Entzündungsherde, die beispielsweise durch wurzeltote Zähne hervorgerufen werden. Der Therapieerfolg hängt entscheidend davon ab, dass man die Ursache erkennt und beseitigt.

Gelingt dies, sind spektakuläre Erfolge möglich. Etwa von invalid, depressiv und selbstmordgefährdet zu 100 Prozent arbeitsfähig, voll motiviert und frei von Medikamenten in nur 30 Tagen nach der Sanierung eines Entzündungsherdes an einer Zahnwurzel.

Doch in vielen Fälle kommt Van Limburg Stirum zu spät. Erklärung: Jede Krankheit durchläuft verschiedene Stadien. In den ersten spürt man als Patient vor allem die Selbstheilungskräfte, Schnupfen, Fieber, akute Entzündungen wie etwa Arthritis. In den nächsten Phasen wird Arthritis zur Arthrose und die Lungenentzündung artet zum Lungenkrebs aus. «Dann kann ich die Krankheit meist nur noch verwalten und die Schmerzen lindern.»

Ursachen statt Symptome bekämpfen spart Kosten

Van Limburg Stirum ist überzeugt, dass man die Kosten des Gesundheitssystems massiv senken und die Qualität verbessern könnte, wenn die Ärzte schon im entzündlichen Stadium die Ursache anstelle der Symptome bekämpfen würden. Beispiel: Wenn man saures Aufstossen mit Antazida (Entsäuerungsmitteln) bekämpft, ist zwar das Auf­stossen (vorerst) weg. Dafür aber ist der Magensaft nicht mehr sauer genug, um die Eiweisse richtig zu verdauen und krankmachende Bakterien unschädlich zu machen. Diese gelangen in den Darm, bringen die Darmflora durcheinander, das Immunsystem wird geschwächt  und dann ist alles möglich.

Van Limburg Stirum vergleicht das Immunsystem gern mit einem Pitbull-Terrier. «Wenn man ihn stört, beispielsweise auch mit Impfungen, weiss man nie, ob, wann und wo er zurückbeisst.»

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