Wann ist ein Schulweg zumutbar?
So urteilen die Gerichte

Mehrmals haben Gerichte und Behörden bereits über die Zumutbarkeit von Schulwegen urteilen müssen. Vor allem Distanzen, Strassenübergänge und Verkehrsfrequenzen wurden thematisiert. Wir haben die wichtigsten Urteile zusammengefasst.
Publiziert: 12.08.2022 um 11:13 Uhr
|
Aktualisiert: 12.08.2022 um 11:58 Uhr

Kindergarten

• Das Überqueren einer stark befahrenen Strasse kann Kindergärtlern nicht zugemutet
werden. Auch nicht, wenn ein Fussgängerstreifen mit Mittelinsel
vorhanden ist. (Bildungs- und Kulturdepartement Luzern, 23. Januar 2012.)

• Risikobehaftete Strassen sind für die Kleinsten tabu: Konkret ist ein 1,2 Kilometer langer Schulweg entlang einer Kantonsstrasse ohne Trottoir, mit wenig Verkehr, dafür mit Schwerverkehr, ohne Begleitung nicht zumutbar. (Erziehungsdepartement Graubünden, 29. Januar 1997)

• Für das Bundesgericht ist nicht nachvollziehbar, dass eine St. Galler Gemeinde ein Mädchen in einen 700 Meter entfernten Kindergarten eingeteilt hat, obwohl es einen zweiten in ihrer Nähe gab. (Bundesgericht, 27. Juli 2014)

Ein 1,7 Kilometer langer Schulweg, der 30 Minuten dauert, ist für alle Primarschüler zumutbar.
Foto: GAETAN BALLY
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Primarstufe

• Neun- bis zehnjährige Viertklässler sind in der Lage, eine stark frequentierte, übersichtliche und mit Verkehrsampeln gesicherte Strasse zu überqueren. (Erziehungsrat Zürich, 4. November 1997)

• Ein 1,7 Kilometer langer Schulweg, der 30 Minuten dauert, ist für alle Primarschüler zumutbar. Aber nur, wenn Strassenübergänge Ampeln haben. (Entscheid des Bundesrates, 1. Juli 1998)

• Für Erst- und Zweitklässler ist eine Tempo-80-Strasse mit 10 bis 15 Fahrzeugen pro Stunde zu gefährlich. (Schulrekurskommission Zürich, 21. Januar 2002)

Oberstufe

• Ein Schulweg von 2,8 Kilometern und eine anschliessende Bahnfahrt von acht Minuten ist für eine 13-Jährige Oberstufenschülerin zumutbar. (Urteil des Bundesgerichts, 25. Juli 2005)

Alle Stufen

• Eine Glarner Schulkommission wollte, dass ein Junge die Schule im Nachbarort besucht und die Eltern für den Transport aufkommen. Das Verwaltungsgericht entschied dagegen: Die Eltern müssen nicht für den Transport aufkommen. (Verwaltungsgericht Glarus, 2. Oktober 2014).

• Für niemanden zumutbar ist ein Schulweg entlang einer schnell befahrenen, kurvenreichen Strasse, die unübersichtlich ist und über kein Trottoir verfügt – auch nicht mit Fahrrädern und Mofas. (Erziehungs- und Kulturdepartement Luzern, 11. November 1997)

Für viele Kinder beginnt dieser Tage mit dem Kindergarten- oder Schuleintritt ein neuer Lebensabschnitt. Damit sie den Weg von Zuhause ins Schulhaus sicher hinter sich bringen, sensibilisiert die Kampagne «Stoppen für Schulkinder» alle Verkehrsteilnehmenden.

Wann ist ein Schulweg zumutbar?

Schulen stellen sich häufig auf den Standpunkt, dass die Eltern für den Schulweg ihres Kindes zuständig seien. «Das stimmt aber nicht immer», sagt Schulweg-Experte Pascal Regli vom Fachverband Fussverkehr Schweiz. «Dieser Grundsatz bezieht sich einzig und alleine auf zumutbare Schulwege.»

Ob ein Schulweg zumutbar ist, hängt von mehreren Kriterien ab: Das Alter des Kindes, die Art des Schulweges (Topografie, Beleuchtung usw.) und Gefahrenfaktoren wie Verkehr oder gefährliche Kreuzungen spielen eine Rolle. «Jeder Fall ist für sich einzigartig. Es gibt deshalb keine allgemeine Praxis», so Regli.

Das gilt auch für zurückzulegende Distanzen. 1,5 Kilometer und 30 Minuten Laufzeit gelten in der Regel als zumutbar – wenn daheim eine halbstündige Mittagszeit eingelegt werden kann.

Wird der Schulweg als unzumutbar eingestuft, ist in der Regel die Schule für den Transport (mit)verantwortlich.

Schulen stellen sich häufig auf den Standpunkt, dass die Eltern für den Schulweg ihres Kindes zuständig seien. «Das stimmt aber nicht immer», sagt Schulweg-Experte Pascal Regli vom Fachverband Fussverkehr Schweiz. «Dieser Grundsatz bezieht sich einzig und alleine auf zumutbare Schulwege.»

Ob ein Schulweg zumutbar ist, hängt von mehreren Kriterien ab: Das Alter des Kindes, die Art des Schulweges (Topografie, Beleuchtung usw.) und Gefahrenfaktoren wie Verkehr oder gefährliche Kreuzungen spielen eine Rolle. «Jeder Fall ist für sich einzigartig. Es gibt deshalb keine allgemeine Praxis», so Regli.

Das gilt auch für zurückzulegende Distanzen. 1,5 Kilometer und 30 Minuten Laufzeit gelten in der Regel als zumutbar – wenn daheim eine halbstündige Mittagszeit eingelegt werden kann.

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Unsere Tipps für den Schulweg

Der Schulweg ist gefährlich, besonders für noch unerfahrene Erstklässler. Viele Eltern bringen ihre Kinder deshalb mit dem Auto zur Schule – und verschlimmern damit die Situation erst noch.

Der Schulweg ist gefährlich, besonders für noch unerfahrene Erstklässler. Viele Eltern bringen ihre Kinder deshalb mit dem Auto zur Schule – und verschlimmern damit die Situation erst noch.

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