Sich als Familie neu organisieren
Das ist für Kinder bei einer Trennung am wichtigsten

Wenn Eltern sich trennen, bedeutet das auch für die Kinder viel Stress. Was die Kleinen brauchen, um so eine Situation möglichst gut meistern zu können, erklärt eine Expertin, die Trennungsfamilien unterstützt.
Publiziert: 25.01.2021 um 19:26 Uhr
Christa Hürlimann «Schweizer Illustrierte»

Wie schmerzvoll eine Trennung ist, haben wohl alle schon erlebt. Wie viel schwieriger dieser Prozess für ein Paar mit Kindern ist, will man sich als Mutter oder Vater gar nicht erst vorstellen.

Doch für Familien in solchen Situationen gibt es Hilfe: Das Beratungsangebot KET des Marie Meierhofer Instituts für das Kind befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema Trennung und Scheidung – immer mit Fokus auf das Kind und sein Wohlergehen in Beziehung zu seinen Eltern.

Das Angebot richtet sich an Eltern, die sich bereits getrennt haben, wie auch an solche, die es vorhaben. Das Team von Psychologinnen unterstützt die Trennungsfamilien dabei, sich neu zu organisieren, und achtet darauf, die Anliegen und Bedürfnisse der Kinder direkt in den Prozess einfliessen zu lassen.

Konflikte zwischen den Eltern können Kinder enorm unter Stress setzen. Das Marie Meierhofer Institut bietet ein Beratungsangebot für Familien in Trennungssituationen.
Foto: gettyimages
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Sabine Brunner arbeitet beim Marie Meierhofer Institut für das Kind unter anderem für die Beratung für Kinder und Eltern in Trennung KET. Sie erklärt, was für Kinder bei einer Trennung der Eltern am wichtigsten ist. Darauf sollten Eltern bei einer Trennung achten:

Die Spannungen reduzieren

«Bei einer Trennung gibts üblicherweise Streit zwischen den Eltern, und es herrscht eine spannungsvolle Atmosphäre, das ist sehr belastend für die Kinder», sagt Sabine Brunner. In der KET-Beratung des Marie Meierhofer Instituts arbeiten die Fachpersonen mit den Eltern daran, diese Spannungen zu reduzieren, wie sie erzählt: «Viele Eltern wollen dem Kind zuliebe auch nach der Trennung Zeit miteinander verbringen, da muss man schauen, in welchem Umfang dies sinnvoll ist, und wo jeder Elternteil die Zeit mit dem Kind besser für sich allein gestaltet, weil sie sich sonst nur übereinander ärgern. Wir arbeiten mit den Paaren Frustrationen und Ärger auf.

Manchmal verbessert sich ein Konflikt, indem man das Thema endlich mal anspricht. Manchmal können wir den Eltern helfen, einen Weg zu finden, sich zu beruhigen, wenn sie merken, dass sie sich total aufregen. Nur schon zu vermeiden, sofort zu antworten und stattdessen nochmals darüber zu schlafen, kann helfen.»

Den Kindern gut zuhören

«Eltern müssen genau hinhören und hinschauen und sensibel auf die Zeichen achten, die ihre Kinder ihnen zum Verständnis ihres Befindens geben: Wo steht jedes Kind im Augenblick, was braucht es?», sagt Sabine Brunner. Und daran denken: « Das Kind und seine Bedürfnisse entwickeln und verändern sich immer wieder.»

Die soziale Welt der Kinder erhalten

«Jedes Kind muss seine soziale Welt weiterhin pflegen können, auch wenn es vielleicht umziehen muss oder künftig an zwei Orten lebt. Dazu gehört seine Freizeitgestaltung, die Gspändli, der Schulweg: wenn das alles am neuen Ort nicht gut zu erreichen ist, mag das Kind vielleicht weniger gern dort sein.»

Die Geschwisterbeziehungen berücksichtigen

«Wir beobachten immer wieder, dass gerade junge Kinder sich besser auf einen Wechsel in der getrennten Familie einlassen können, wenn sie von älteren Geschwistern begleitet werden. Sie fühlen sich dann weniger allein, und die Geschwister können sich gegenseitig helfen, die Situation besser zu verstehen. Gemeinsam kann eine Kinderwelt erschaffen werden, die in schwierigen Dynamiken entlastend sein kann.»

Drittpersonen einbinden

«Ebenfalls hilfreich sind andere Personen wie Grosseltern und sonstige Bezugspersonen, die das Kind wahrnehmen, sich um seine Befindlichkeit sorgen und ihm Räume bieten, die helfen, die Situation zu beruhigen. Diesen Personen ist es manchmal auch in konfliktträchtigen Situationen möglich, eine Brücke zwischen den Eltern zu bauen, indem sie beide Elternteile schätzen und unterstützen.»

Sich praktisch organisieren

«Die Sachen sind immer am falschen Ort: Das Kind ist bei Papa, aber die Gitarre und die Wanderschuhe hat es bei Mama liegen lassen – Familien mit zwei Haushalten müssen oft Dingen nachrennen», erzählt Sabine Brunner. Hier sei es wichtig, einfache Lösungen zu finden. «Wer es sich leisten kann, kauft zum Beispiel ein zweites Paar Wanderschuhe.»

Besondere Bedürfnisse in Patchwork-Situationen berücksichtigen

«Wenn eine neue Partnerin oder Partner mit Kindern zur Familie stösst, ist es für die Kinder wichtig, regelmässig Exklusivzeit mit den eigenen Eltern zu haben», sagt Sabine Brunner. Aber: «Sie müssen auch eingebunden werden in die neue Familiensituation – auch wenn sie vielleicht nur halb- oder viertelzeit dort leben.»

Artikel aus «Schweizer Illustrierte»

Dieser Artikel wurde vom Family-Channel der «Schweizer Illustrierte» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.schweizer-illustrierte.ch/family

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