Weine von Stag's Leap Wine Cellars gewannen in Paris
Hier schlugen amerikanische Weine zum ersten Mal die französischen

An einer legendären Blindverkostung im Jahr 1976 in Paris gewannen zwei Weine aus den USA. Das Ereignis gilt auch heute noch als Initialzündung für den Erfolg von amerikanischen Weinen.
Publiziert: 23.06.2022 um 14:03 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2022 um 20:14 Uhr
Nicolas Greinacher

Der Schock der Franzosen sitzt auch heute noch tief. Im Jahr 1976 organisierte der englische Weinhändler Steven Spurrier (1941–2021) in Paris eine Blindverkostung, an der Weine aus Kalifornien gegen die allerbesten französischen Weine antraten.

Elf Jury-Mitglieder degustierten insgesamt 20 Weine blind und gaben jedem Wein eine Punktzahl. Am Ende wurden die einzeln vergebenen Punktzahlen jedes Weins zusammengezählt. Sowohl bei den Weiss- als auch bei den Rotweinen war die Überraschung perfekt: amerikanische Weine auf dem ersten Platz!

Grosse Ehre für Stag's Leap Wine Cellars 1973

Nicht nur die kalifornische Konkurrenz liess der Wein links liegen, sondern auch die wesentlich teureren und bekannteren Bordeaux-Rotweine. Darunter waren unter anderem Château Haut Brion 1970, Château Mouton Rothschild 1970 oder Château Léoville-las-Cases 1971.

Der englische Weinhändler Steven Spurrier (M.) organisierte die legendäre Weindegustation von Paris im Jahr 1976, welche als Judgment of Paris in die Geschichte eingegangen ist.
Foto: Stag's Leap Wine Cellars
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Bei den Weissweinen siegte der Chardonnay Château Montelena Winery des Jahrgangs 1973, ebenfalls aus Kalifornien. Auch er liess die wesentlich teureren französischen Konkurrenten aus dem Burgund hinter sich. Ironischerweise handelte der Organisator der Degustation, Spurrier, nur mit französischen Weinen und war überzeugt davon, dass die amerikanischen Weine keine Chance hätten.

Kurz darauf publizierte das amerikanische Magazin «Time» einen Artikel über den aussergewöhnlichen Anlass, während die französische Presse den Vorfall ignorierte. Erst als der Time-Artikel Wellen schlug, zog die französische Presse nach und stellte die Resultate der Degustation infrage.

Jeweils eine volle Flasche des weissen und roten Sieger-Weins wird heute übrigens im Smithsonian Institution Museum als Gegenstand aufbewahrt. In dieses Museum schaffen es nur Gegenstände, welche die amerikanische Kulturgeschichte für immer geprägt haben.

Zürcher Degustation knapp 50 Jahre später

Die kalifornischen Weine von Stag's Leap Wine Cellars, übrigens nicht zu verwechseln mit Stags' Leap Winery, haben auch heute einen exzellenten Ruf. Vor kurzem war der leitende Winzer Marcus Notaro (51) in Zürich zu Gast und stellte seine Weine persönlich vor.

Beide Weissweine, der 2019er Chardonnay Karia sowie der 2020er Sauvignon Blanc Aveta, überzeugten durch eine reife und dennoch frische Aromatik sowie einen zurückhaltenden Holzeinsatz. Da das Weingut Stag's Leap Wine Cellars vor allem für Rotweine berühmt ist, freute ich mich auf den anschliessenden Rotweinvergleich.

Der 2016er Cask 23 Cabernet Sauvignon ist genau so, wie ich mir einen Bilderbuch Cabernet sauvignon aus dem Napa Valley in Kalifornien vorstelle: Tiefdunkel in der Farbe mit intensiven, reifen Aromen von schwarzen Früchten und einem Hauch von Rauch, Schokolade und gerösteten Mandeln.

Krönender Abschluss war der 1996er S.L.V. Cabernet Sauvignon: Elegant, finessenreich, würzig und mit feingliedrigen Tanninen beweist dieser Traumwein, dass Stag's Leap Wine Cellars fast ein halbes Jahrhundert nach der historischen Degustation in Paris immer noch erstklassige Weine keltert.

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