Nicht mehr nur Bier
Jetzt gibts sogar Gin ohne Alk

Der Markt für alkoholfreie Getränke wächst. Längst gibt es mehr als ein alkoholfreies Bier in den Einkaufsregalen, und auch bei Spirituosen wie Gin und Martini vergrössert sich das nicht alkoholische Sortiment laufend.
Publiziert: 27.06.2021 um 14:11 Uhr
|
Aktualisiert: 29.06.2021 um 14:49 Uhr
Anna Uebelhart

Es ist ein heisser Sommertag im Juni. Am Hauptbahnhof in Zürich werden Getränke an Passanten verteilt. Den Reisenden werden aber nicht Wasserflaschen oder Rivella in die Hand gedrückt, nein, es ist ein neues Getränk von Feldschlösschen. Wird da am helllichten Tag Bier an potenziell Minderjährige verteilt? Nein, die Getränkeproben sind zitronig, also eine Art Panaché, und enthalten keinen Alkohol. Diese und eine weitere Neuheit mit Apfelgeschmack ergänzen die alkoholfreie Palette der Brauerei, die nun aus vier alkoholfreien Bieren besteht.

Nicht nur die Biermarke aus Rheinfelden AG, auch andere Getränkehändler und
-produzenten setzen vermehrt auf alkoholfreie Getränke. Die Auswahl bei süssen Apérogetränken und Mixgetränken wird immer grösser. Das Getränkefachgeschäft Drinks of the World sagt, es zeichne sich seit einigen Jahren eine gewisse Tendenz hin zu alkoholfreien Getränken ab. Und die Online-Weinhandlung Flaschenpost schreibt auf ihrer Website: «Der Trend zum bewussten Genuss hat die Produktion von alkoholfreiem Wein beflügelt.»

Alkoholfreier Wein aus Schweizer Trauben

Ein weinähnliches Getränk stellt das Schweizer Unternehmen Vertschi auf Basis von Verjus, also dem Saft ausgepresster unreifer Schweizer Trauben, Wasser, Zucker und natürlichem Aroma her. Die beiden Erfinder, Sommelier Markus Utiger und Koch Roland Zeller, arbeiten mit Winzer Andreas Meier zusammen. Vertschi sieht auch optisch aus wie Weisswein oder Rosé. Sowohl seine hellgelbe oder rosa Farbe als auch die dunkelgrüne Glasflasche mit Etikett. Trotzdem: Die Entwickler sehen Vertschi nicht «nur» als Weinersatz, sondern als eigenständiges Produkt auf dem Getränkemarkt.

Mit den Neuheiten, einmal Apfelgeschmack und einmal Zitrone, hat Feldschlösschen vier alkoholfreie Biere im Sortiment.
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Das Angebot bei alkoholfreiem Wein ist in der Schweiz noch bescheiden. Anders sieht es beim Bier aus. In den 90er-Jahren hat das alkoholfreie Bier von Clausthaler mit dem Werbeslogan «Nicht immer, aber immer öfter» noch fast alleine den Markt dominiert. Heute ist die Auswahl deutlich grösser – und der Vorreiter wird immer mehr verdrängt. Bei Drinks of the World macht sich der Trend der alkoholfreien Getränke vor allem bei den Craft-Bieren, also handwerklich gebrautem Bier, bei dem hochwertige Zutaten und alte Brau-Traditionen im Fokus stehen, deutlich bemerkbar. Der Händler bietet 64 verschiedene Bierstile an, und die alkoholfreien Craft-Biere liegen auf Rang vier aller verkauften Bierstile. Damit machen sie 6,2 Prozent der verkauften Craft-Bier-Liter aus. Noch im Januar habe der Verkaufsanteil bei den alkoholfreien Craft-Bieren bei 4,9 Prozent gelegen. Dieser Anteil sei zwar relativ klein, doch es sei ein gewaltiger Anstieg in den letzten fünf Jahren, sagt die Kommunikationsverantwortliche Stefanie Schmid.

Auch bei Coop wird alkoholfreies Bier immer beliebter. Die Nachfrage steige stark, so Mediensprecher Kevin Blättler. Besonders gut kommt bei der Kundschaft das Schweizer Bier an. Ein solches ist auch das Lola Bier aus Bern. Im Sortiment von Coop gibt es das Craft-Bier aus Bern als hopfenbetontes Indian Pale Ale und als Witbier, eine obergärige belgische Bierspezialität.

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Gin, Wodka und Martini ohne Promille

Der Alkoholfrei-Trend macht auch vor Aperitivos und Spirituosen nicht halt. Von Martini gibt es seit März zwei nicht alkoholische Wermuts, die auch beim Schweizer Spirituosenhändler Drinks.ch erhältlich sind. Dieser führt ausserdem 29 alkoholfreie Spirituosen im Sortiment, die meisten davon Gin, aber auch Alternativen zu Whisky, Rum, Wermut und Wodka sind im Onlineshop erhältlich.

Die alkoholfreien Spirituosen eignen sich neben dem pur Trinken auch zum Mixen von sogenannten Mocktails, also Drinks, die keinen Alkohol enthalten. In der Atelier Classic Bar in Thun BE machen diese einen Fünftel der Karte aus. «Ich denke, dass ein ansprechendes alkoholfreies Angebot aus ethischer, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht heute nicht mehr von der Getränkekarte wegzudenken ist», sagt Barchef und der vom Falstaff Barguide zum Bartender des Jahres 2021 gekürte Ivan Urech. Ähnlich sieht es auch Barkeeper Marc Uthe. Er hat vergangenen August mit dem Drink Sangrial, einer Komposition, die auch eine alkoholfreie Alternative zu Gin enthält, die Nullpromille Trophy in Bern gewonnen. Er hofft, dass seine Mocktails die alkoholfreie, aber kreative Ausrichtung auf eine neue Getränkewelt beeinflussen, sagt Marc Uthe.

Mocktail-Rezept von Barkeeper Marc Uthe

Sangrial von Marc Uthe

4 cl Supasawa Sour Cocktail Mixer

3 cl Sangria Mix Sirup Monin

2 cl Tonka Bean Sirup Monin

4 cl Siegfried Wonderleaf Gin (alkoholfrei)

5 cl Salty Grapefruit Lemonade

Deko: Tonkabohne, Löwenzahn, Gänseblümchen

zvg

Sangrial von Marc Uthe

4 cl Supasawa Sour Cocktail Mixer

3 cl Sangria Mix Sirup Monin

2 cl Tonka Bean Sirup Monin

4 cl Siegfried Wonderleaf Gin (alkoholfrei)

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Sozialer Druck beim Alkoholkonsum

Der Markt für alkoholfreie Getränke, insbesondere solche, die wie ihr Pendant aussehen und schmecken, wächst. «Weil qualitativ immer bessere Getränke zu haben sind, die hervorragend zu den unterschiedlichsten Speisen passen», sagt Ernährungsforscher und Autor Dominik Flammer. Durch diese Getränke haben Menschen, die aus verschiedenen Gründen auf Alkohol verzichten, trotzdem die Möglichkeit, zum EM-Spiel ein Bier zu trinken oder in der Bar einen kühlen Drink zu geniessen, denn von vielen Events ist Alkohol kaum wegzudenken. Wer darauf verzichtet, muss sich Sprüche anhören und gegen den sozialen Druck ankämpfen. Würde es uns also nicht eher guttun, die Omnipräsenz alkoholischer Getränke in Frage zu stellen, statt sie mit fast identisch aussehenden Alternativen aufrechtzuerhalten? Dominik Flammer sieht das anders: Wer nach «Alternativen» zum Alkohol suche, der habe doch bereits ein ernsthaftes Problem mit diesem. Und das sei, trotz der Corona-Sauferei, nur eine Minderheit der Bevölkerung, meint er.

Auch die beiden Barkeeper Ivan Urech und Marc Uthe sehen die Entwicklung positiv. Die Frage sei, wie man mit dem sozialen Druck, der durch Alkohol entsteht, umgehe. Ein schönes non-alkoholisches Angebot erleichtere einem in dieser Hinsicht aber wohl einiges, sagt Urech. Und Marc Uthe: «Der Gast sollte sich nie von sozialem Druck leiten lassen, sondern immer erst für sich entscheiden. Sicherlich gibt es viele, die in der Gemeinschaft mithalten wollen und daher mit dem Strom schwimmen.»

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