Für Weinkennerinnen kann der Restaurantbesuch zum Ablöscher werden
Zeigt den Frauen die Weinkarte!

In den meisten Fällen bekommt der Mann am Tisch die Weinkarte überreicht. Ein Rollenklischee, das dringend aus der Welt geschafft gehört.
Publiziert: 19.01.2024 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 29.02.2024 um 13:52 Uhr
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Stell dir vor: Du, weiblich, sitzt mit deiner Begleitung, männlich, in der Beiz. «Darfs zum Apéro ein Cüpli sein?», fragt die Bedienung. «Ja, gern», sagst du und möchtest wissen, welche Schaumweine glasweise angeboten werden. Prosecco. Schön. Aber ist der Prosecco Brut oder Extra Dry?

Du verkneifst dir die Frage. Denn wer möchte schon kompliziert tun. Also riskierst du für das Glas Prosecco den sensorischen Blindflug. Weil es beim Wein zum Essen besser laufen soll, verlangst du die Weinkarte. Die wird auch prompt gebracht und deiner männlichen Begleitung überreicht.

Wem darf ich die Weinkarte überreichen?
Foto: Getty Images
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Frauen schmökern gern in der Weinkarte

Kennt ihr euch gut, wird er dir die Karte weiterreichen. Ist eure Verbindung lose oder gar geschäftlicher Natur, wird dein Begleiter in Zugzwang kommen. Was tust du in diesem Fall? Sagst du: «Lass mich mal sehen» und schnappst dir die Weinkarte?

Oder möchtest du ihn nicht blossstellen und schaust zu, wie er verstohlen sein Smartphone zückt, das Weinangebot auf den gängigen Bewertungsportalen checkt, um dann einen süssen roten Longseller aus Süditalien zu den Fischknusperli auszuwählen?

Gender-Gap in der Beiz

Alexandra Banhidi (33) ist diplomierte Sommelière und Vorstandsmitglied des Sommelierverbands Deutschschweiz. Sie weiss, wie guter Weinservice geht und arbeitet als Weinberaterin bei einem Gastro-Grosshandel. Tausend Weine stehen ihr zur Verfügung, wenn sie für Gastrobetriebe die Weinkarten bestückt.

Das Problem mit den Weinkarten kennt Banhidi: «Besonders in der traditionellen Gastronomie in ländlichen Regionen läuft das oft so. Der Mann am Tisch bekommt automatisch die Weinkarte und bestellt. Nicht zu fragen, wer den Wein auswählen möchte, ist ein Fauxpas. Im Sommelierverband sensibilisieren wir unsere Mitglieder für dieses Thema und übermitteln, dass auf jeden Fall gefragt werden soll, wer die Weinauswahl treffen möchte.»

Spitzen-Weinservice in der Spitzengastronomie

Kein Thema ist die Karten-Frage in hippen Beizen mit jungem Publikum oder in der Spitzengastronomie. In den Sterne-Tempeln haben gut ausgebildete Sommeliers und Sommelières das richtige Gespür für die Gäste.

Sie machen das Zusammenspiel von Speisen und Wein für jeden Gang zum Erlebnis. Und wer gern mehr über Wein erfahren möchte, bekommt von den Fachleuten noch jede Menge Zusatzinfos zu Weinregionen, Rebsorten und Finessen im Weinausbau.

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