Die Pandemie und der Wein
So wirkt sich Corona auf den Schweizer Weinmarkt aus

Lockdown und der Verzicht auf persönliche Treffen haben Auswirkungen auf den Weinkonsum. In einigen Kantonen wurde aber auch mehr getrunken. Das zeigt eine Befragung, die in der ganzen Schweiz durchgeführt wurde.
Publiziert: 01.12.2021 um 15:02 Uhr
Shirley Amberg

Covid-19 hatte auf viele verschiedene Sektoren dramatische Auswirkungen – einschliesslich der Weinindustrie. Für das Jahr 2020 rechnet die International Wine Organization in Europa mit einem Umsatzrückgang von 35 und einem Wertverlust von 50 Prozent.

In der Schweiz sehen die Zahlen nicht viel besser aus: Gemäss des Schweizerischen Weinhandelsverbands ist der Branchenumsatz bereits während der Lockdown-Phase um 35 Prozent gesunken. Die Wirtschaft hat sich inzwischen zwar wieder etwas erholt, doch die Aussichten bleiben eher düster. Die Gastronomen konnten keinen Wein verkaufen, und viele Veranstaltungen, die normalerweise hohe Umsätze generieren, wurden durch die Pandemie ausgelöscht.

Konkurrenz durch ausländische Weine

Dieser Umstand deutet auf kurz-, mittel- und auch langfristige Probleme für die Schweizer Weinwirtschaft hin: Liquiditätsmangel, Handels- und Logistikprobleme sowie die Wettbewerbspositionierung gegenüber ausländischen Produktionen, deren Preise unweigerlich sinken, etwa Bordeaux-Weine, die derzeit mit bis 30 Prozent niedrigeren Preisen als im Vorjahr auf den Markt gebracht werden.

Dieses Schild haben wir für viele Wochen nicht gesehen.
Foto: Shutterstock
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Um einen umfassenden Überblick über die Situation und die Perspektiven der Branche zu erhalten, haben die École hôtelière de Lausanne und die Hochschule für Weinbau und Önologie in Zusammenarbeit mit der European Association of Wine Economists eine Studie zum Verhalten der Weinkonsumenten in der Schweiz während der Pandemie gemacht.

Für die Studie wurden insgesamt 927 Personen aus der Schweiz befragt, die regelmässig Wein trinken.

Schweizer trinken Wein vermehrt allein

Die überwiegende Mehrheit der deutschsprachigen Befragten hat ihren Alkoholkonsum nicht verändert – mit Ausnahme von Umfrageteilnehmern aus Basel und Graubünden. Dort wurde, wie auch in der französischsprachigen Schweiz und im Tessin, während (und seit) der Pandemie mehr getrunken.

Vor der Krise konsumierte die Mehrheit der Befragten Wein häufig mit der Familie, mit Freunden und Kollegen. In der italienischsprachigen Schweiz hingegen war es schon immer üblich, Wein auch allein zu trinken.

Der Konsum unter Freunden und Kollegen ist eingebrochen, und es ist schweizweit zu beobachten, dass die Menschen immer mehr allein Wein konsumieren.

Kaum mehr als 10 Franken für eine Flasche

57 Prozent der Schweizer Konsumenten kaufen Weine zwischen 11 und 20 Franken, 24 Prozent sind bereit, für eine Flasche auch mehr zu bezahlen. Die Mehrheit der deutschsprachigen Weinkonsumenten zögert jedoch, mehr als 10 Franken für eine Flasche zu bezahlen.

Die drei Haupteinkaufskanäle

  1. Supermärkte
  2. Fachgeschäfte
  3. Direktkäufe ab Weingut

Der wesentlichste Unterschied: Während mehr als 80 Prozent der Tessiner und Welschen oft direkt bei den Winzern einkaufen, tun dies weniger als 60 Prozent der Deutschschweizer.

Seit dem Beginn der Krise haben knapp drei Vierteil der Befragten gar keinen Wein mehr gekauft. Nur 30 Prozent der Befragten gaben an, Wein online bestellt zu haben, davon sechs Prozent zum ersten Mal und acht in grösseren Mengen als üblich.

Die Aussichten

Die Situation ist nach wie vor schwierig: Gastronomen und Verbraucher haben ihre Einkäufe reduziert, und angesichts der unsicheren Bedingungen werden diese auch in den kommenden Monaten voraussichtlich weitgehend auf Eis liegenbleiben.

Mehr als die Hälfte der Befragten haben seit der Pandemie das Gefühl, dass sie mehr Wein aus der Gegend kaufen sollten, um lokale Produzenten zu unterstützen.

Schweizer Weinproduzenten scheinen diesen Trend erkannt zu haben und sind in den sozialen Netzwerken sehr präsent. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, über diese Kanäle Angebote erhalten zu haben.

Die Schweizer Weinwirtschaft hat ohne Zweifel unter der Pandemie gelitten und ist nach wie vor mit einer grossen Unsicherheit konfrontiert. Doch die durch den Direktvertrieb gewachsene Nähe der Schweizer Winzer zu ihren Kunden gibt längerfristig Anlass zu (massvollem) Optimismus.

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