Wein aus getrockneten Trauben
Darum ist Amarone der ideale Winterwein

Der Dry January ist Geschichte. Und weil der Winter immer noch da ist, schlägt jetzt die Stunde der opulenten, schweren Rotweine.
Publiziert: 04.02.2024 um 13:44 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2024 um 10:46 Uhr
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Draussen weht die Bise und drinnen knistert das Feuer im Kamin. Zeit zum Relaxen bei einem Glas Amarone. Der Wein mit den Aromen von getrockneten Früchten, dunklen Kirschen und Schokolade schmeichelt dem Gaumen mit opulenter Textur und Süsse. Etwas zu essen braucht es nicht. Allenfalls passt ein Stück Früchtebrot mit kräftigem Käse dazu.

Der Klassiker aus den Hügeln der Region Valpolicella boomte in den letzten 30 Jahren. Die Menge an verarbeiteten Amarone-Trauben versechsfachte sich zwischen 1990 und 2020 auf 27'575 Tonnen pro Jahr.

Die Amarone-Legende

Dabei – so die Legende – soll der Amarone ein Versehen gewesen sein, denn die Valpolicella-Winzer verwenden die getrockneten Trauben für den süssen Recioto della Valpolicella. Wegen des hohen Zuckergehaltes der Trauben stoppt die Gärung und der Wein behält eine natürliche Restsüsse von 50 bis 100 Gramm pro Liter. In den 1930ern soll ein Recioto-Fass ganz durchgegoren sein, was den Kellermeister beim Verkosten derart schockte, dass ihm das Wort «amaro» (bitter) über die Lippen kam. 1953 kam der erste Amarone auf den Markt.

Zu Winterabenden vor dem Kamin passt ein Glas Amarone.
Foto: Getty Images/Westend61
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Viel Kraft dank Appassimento

Heute ist die Amarone-Produktion eine Wissenschaft für sich. Bereits Ende September werden vor der Lese geeignete Parzellen ausgewählt. Eine Hälfte des Ertrags geht in die Amarone-Produktion, die andere wird für den leichteren, kirschfruchtigen Valpolicella verwendet.

Die Amarone-Trauben werden nach der Ernte in luftigen Hallen auf grossen Gitterrosten getrocknet. Wasser verdunstet, Zucker, Säure und Tannin werden konzentriert.

Appassimento heisst dieser Prozess, der, gesetzlich vorgeschrieben, bis 1. Dezember dauert. Dann wird der verbliebene zuckerreiche Saft aus den geschrumpften Trauben gepresst. Laut aktuellem Gesetz muss Amarone mindestens 14 Volumenprozent aufweisen und darf maximal neun Gramm Restzucker pro Liter haben.

Klimawandel als Ursache für zu viel Alkohol

Wegen der globalen Erwärmung reifen die Trauben immer früher aus und erreichen schon im September einen potenziellen Alkoholgehalt von 12,5 Volumenprozent. Wer mit der Ernte wartet riskiert, dass der Alkoholgehalt beim Appassimento auf 17 Volumenprozent schnellt. In diesem Fall ist ein Restzuckergehalt von 12,5 Gramm erlaubt. Dann präsentiert sich der Amarone schwer und süss am Gaumen.

Elegantere Amarone sind gefragt

Nicht jedem gefällt der üppige Rote. Viele Konsumenten verlangen weniger Alkohol, weniger Süsse und mehr Eleganz. Spitzenwinzern der Region machen Furore mit Amarone die nur ein oder zwei Gramm Restzucker enthalten.

Um diese elegantere Stilistik klar von den Kraftpaketen abzugrenzen, wird bereits über die Schaffung von geografischen Unterzonen diskutiert. Die «Vallate» (Täler) dürfen aber nur auf dem Etikett stehen, wenn der Alkoholgehalt nicht höher als 13,5 Volumenprozent ist.

Für die Produzenten wäre eine solche Regelung ideal: Die alkoholreichen Varianten werden weiterhin ihr Publikum finden. Wer einen Wein mit mehr Trinkfluss zum Essen bevorzugt, freut sich über die leichteren Amarone. Die passen dann auch zu Fleisch vom Grill m Sommer.


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