Besserwisser, Sturköpfe und Co.
Diese Arten von Wein-Snobs begegnen einem immer wieder

Blick-Wein-Redaktorin Shirley Amberg arbeitet nun schon seit vielen Jahren in der Welt der Weine. Dabei trifft sie immer wieder auf besserwisserische Wein-Snobs, wie diese ganz persönlichen Erlebnisse von ihr zeigen.
Publiziert: 23.10.2021 um 15:11 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2021 um 10:45 Uhr
Shirley Amberg

Die Besserwisser

Einmal fragte mich jemand, ob ich einen Cabernet einschenke. Ich bejahte und sagte, dass es Cabernet Sauvignon sei. Darauf sagte sie: «Nein, ich möchte nur einen Cabernet.» Worauf ich sie fragte, ob sie denn einen Cabernet Franc wolle. Sie sah mich an, als wäre ich eine Vollidiotin, und sagte: «Cabernet: Es gibt einen Unterschied zwischen Cabernet Sauvignon und Cabernet ohne Sauvignon, aber offensichtlich kennen Sie den Unterschied nicht.»

Die Namedropper

Kürzlich war ich zu Besuch auf einem Weingut und plauderte im Vorhof mit dem Besitzer. Plötzlich stand ein Ehepaar vor uns, und der Mann sagte sehr selbstgefällig, dass sie «den Besitzer kennen und eine Weinverkostung wollen». Doch der Besitzer, der ja vor ihnen stand, hat die beiden noch nie gesehen.

Die Sturköpfe

Vor einigen Jahren erklärte mir eine Frau vor dem Beginn einer Degustation, dass sie keine süssen Weine mag. Einer der zu verkostenden Weine war ein hervorragender, süsslicher Riesling. Als es Zeit für den Riesling war, sagte ich beim Einschenken nichts zu der Frau. Sie probierte – und liebte ihn! Ich konnte es mir nicht verkneifen und sagte ihr, dass der Wein fast 15 Gramm Restzucker enthält. Daraufhin nahm die Frau das Glas und schüttete den Rest in den Spucknapf. Sie schaute mich bitterböse an und sagte: «Ich habe doch gesagt, dass ich keine süssen Weine mag!»

Mit der Zeit hat Blick-Wein-Redaktorin Shirley Amberg gelernt, sogenannten Wein-Snobs mit einem Augenzwinkern zu begegnen.
Foto: Shirley Amberg
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Die Vergleichenden

Öfter, als ich selbst kaum glauben kann, fällt der Satz: «Der Wein ist in Ordnung, aber nichts im Vergleich zu dem Château Pétrus, den ich zu Hause habe.» Der Wein, den die Leute jeweils nennen, ist zwar jedes Mal ein anderer. Aber immer und ausnahmslos sehr teuer und sehr berühmt. Dieser Satz fiel auch schon, als jemand einen spanischen Wein für 15 Franken degustierte und ihn dann mit einem Pinot aus der Bündner Herrschaft, der um die 200 Franken kostet, verglich.

Die Vergesslichen

Als ich einmal bei einem Weinfestival eingeschenkt habe, kamen eine Frau und ihre Kollegin zu mir. Ich goss den beiden einen schönen südafrikanischen Chenin Blanc ein, und die eine Frau rümpfte angewidert die Nase. Wenige Minuten später hatte sie vergessen, dass sie den Wein bereits probiert hatte und fragte erneut danach. Beim zweiten Mal fand sie ihn dann ganz wunderbar.

Die Selbstversorger

Auf der Hochzeit einer Freundin war auch der Chef ihres frisch angetrauten Ehemanns dabei, und wir sassen am selben Tisch. Beim Abendessen lehnte dieser Chef den servierten Wein ab und zog aus einer Tüte seinen eigenen Wein hervor. Er hat niemandem der sechs Personen am Tisch einen Schluck angeboten.

Die Fehlersucher

Es ist schon häufiger vorgekommen, dass bei einer Verkostung Leute zu mir kamen, ihr Glas hinstreckten und sagten: «Ich möchte einfach nur den teuersten Wein probieren – davon aber ganz viel.»

Einmal servierte ich einem höchstens 20-Jährigen einen ungefilterten Wein aus dem Bordeaux. Der junge Mann bestand darauf, dass das Sediment ein Fehler sei und «dass es bei absolut keinem Wein irgendwelcher Art so etwas geben sollte».

Beinahe schon an Sabotage grenzt es, wenn bei einer Verkostung eine Person allen anderen sagt, dass sie diesen einen Wein nicht probieren sollen, «weil er einfach nicht gut ist».

Einmal hat ein Herr einen perfekten Brunello 1999 geschwenkt und beschnuppert – und dann den Wein weggeschüttet, ohne ihn zu probieren. Auf mein fragendes Gesicht hin meinte er nur: «Können wir weitermachen?»

Was ich jedes Mal sehr faszinierend finde: Manche Leute nehmen während einer Degustation plötzlich einen französischen Akzent an.

Die Grössenwahnsinnigen

Als ich in einem Weinladen gearbeitet habe, kam einmal ein Mann mittleren Alters herein und fragte nach einem Meursault Wein. Wir hatten leider keinen auf Lager, und so fragte ich ihn, ob ich ihm einen anderen Chardonnay aus Frankreich zeigen könne. Darauf antwortete er energisch: «Ich trinke keinen Chardonnay». Als ich ihm erklärte, dass Meursault ein Gebiet sei und keine Traubensorte und die Weissweine von dort aus Chardonnay bestehen, erwiderte er: «Sie sind nur in einem Weinladen angestellt. Mein Weinkeller zu Hause ist doppelt so gross wie dieser Laden hier.»

Mit den Augen zu rollen, vertreibt einen Wein-Snob zwar nicht, aber es fühlt sich auf jeden Fall sehr gut an!

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