Feinschmeckerei
Wie schwierig ist eigentlich einfach?

Was macht uns glücklich? Bodenständige Küche für Gäste, die hungrig kommen und satt und zufrieden wieder gehen. Gastro-Experte Michael Merz besucht Restaurant Alte Post in Aeugstertal.
Publiziert: 29.11.2018 um 12:19 Uhr
Michael Merz

Wem es zu viel wird an kunstvoll auf den Teller drapierter Pinzettenküche. Wenn die Kantine einmal zu oft einen Fitnessteller anbot. Wenn die Essenslust auf bodenständig und reell steht. Dann steigen Bilder von knuspriger Rösti auf. Und Metzgete. Und Meringue mit Schlagrahm. Dann blättern wir  im geistigen Gourmetführer für das Währschafte und … plopp! ... steigt die Erinnerung an das letzte Essen im Pöstli im Aeugstertal auf. Wie lange gibt es dieses Lokal in seiner heutigen Form? Zwei Jahrzehnte genügen nicht, obwohl Koch Franz in etwa seit dieser Zeitspanne vor dem Herd steht. Und Sabina, die Wirtin, gibt es schon viele Jahre länger. Sie ist hier aufgewachsen und hat das Konzept ihrer Eltern weitergetragen. Bodenständige Küche für Gäste, die hungrig kommen und satt und zufrieden wieder gehen.

Lecker und einfach

«Satt» ist das richtige Wort. Aber davon später. Erst suchen wir Parkplätze. Seltene Gäste wie wir finden diese nicht sofort (sie sind rechts hinter dem nächsten Haus zu finden). Dann gehen wir durch die mit herbstgoldenen Weinblättern behangene Gartenwirtschaft, sehen die Gäste hinter ihren wohlgefüllten Tellern und Gläsern, hören Gesprächsfetzen, die von der Zufriedenheit im Augenblick berichten, und steigen das Treppchen hinauf in die Gaststube mit dem grossen Kachelofen. Alles ist blitzsauber geputzt. Koch und Wirt Franz, der sein Gesicht hinter einem etwas schütteren Bart verbirgt, grüsst mit einem Lächeln. Die Aushilfe bringt die kleine Speisekarte und bald etwas Rotwein. Es ist eine Cuvée mit Pinot Noir von Meier aus Würenlingen (3 dl, 24 Franken). Kühl beschlagen steht auch die Karaffe mit frischem Aeugstertaler Wasser auf dem Tisch. Es kostet nichts.

Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt

Rechnung im Restaurant Alte Post überzeugt.

Erst soll es Salat sein. Der normale (8.50 Franken) und der grosse (16 Franken). Grob geschnittenes Blattwerk der Jahreszeit. Darin finden sich auch etwas kühler Couscous und Hummus. Sie allein würden wohl als Mahlzeit genügen. Rösti normal und Speckrösti müssen es danach sein. Und weil Rösti blutt nichts für hungrige Wanderer, wie wir es sind, ist, soll zur Normalausgabe eine Bratwurst vom Alpschwein (22 Franken). Auf der Speckrösti liegt ein Spiegelei (20.50 Franken). Wir könnten uns nun darüber ergehen, wie knusprig und saftig zugleich die dicken Röstifladen sind. Oder wie angenehm fleischwohlschmeckend – das Modewort dafür heisst «umami» – die Wurst schmeckt, oder das keinesfalls knusprig gebratene Ei, dessen Dotter noch herrlich flüssig in die Rösti rinnt. Wir tun es nicht. Wir geniessen diese Einfachheiten und erleben, wie die Zeit etwas langsamer läuft.

Die dicken Röstifladen sind knusprig und saftig zugleich (Symbolbild)
Foto: Getty Images

Klar hätten wir jetzt genug. Aber es wird Etivaz angeboten, der Alpkäse aus der Gegend von Château-d’Oex. Manche sagen, das sei einfach ein guter Greyerzer. Wir denken, es ist besonders guter Käse! Und so steht dann ein schönes Stück (14 Franken) in der Tischmitte. Ein paar Reifen Bauernbrot liegen dabei. Der Wein singt in unserem Kopf. Das Wasser rinnt frisch. Kaffee steht danach auf dem Tisch. Der Espresso im kleinen Tassli, der Café crème im Glas mit dem eingelegten Kaffeelöffel … (beides zusammen 7 Franken).

Es ist anders. Es ist einfach. Es ist einfach gut.

Pöstli
Restaurant Alte Post
Pöstliweg, 8914 Aeugstertal ZH

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