Essen in Bauernschänke
Wo alle hinwollen

Es ist das Lokal des Augenblicks. Also muss reserviert werden. Doch: Es hat noch Platz. Aber nur an einem Tisch, an dem bereits jemand sitzt. Okay. Wieso nicht? Ich möchte essen, wo alle essen: in der Bauernschänke am Rindermarkt in Zürich.
Publiziert: 12.02.2019 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2019 um 09:14 Uhr
  • Service: 3 Sterne
  • Ambiance: 1 Stern
  • Qualität: 1,5 Sterne
Michael Merz

Das Lokal ist klein. Vielleicht zehn auf zehn Meter. Platz für – wenn gut besetzt – 30 bis 35 Gäste. Das Lokal ist zur Mittagszeit voll. Ich werde zu zwei jungen Leuten an den Tisch gesetzt. Raum ist damit eher knapp. Und ein wenig seltsam ist es auch. Denn: Die beiden sind verliebt, und weil hier Food Sharing gilt, füttern sich die beiden gegenseitig. Die Situation ist also unangenehm. Für mich, für sie.

Zwei Frauen servieren effizient, umsichtig und freundlich. Gäste füllen den ziemlich kahlen Raum mit Gesprächen. Es ist recht laut. Hunde sind – eine Rarität in Speiselokalen – offenbar zugelassen. Es sind drei an zwei verschiedenen Tischen. Klar gehen sie irgendwann aufeinander los. Was solls? Wir sind da, wo alle hinwollen.

Was wird gegessen?

Brot mit Tunke (6.50 Franken) bringt ein Sauerteigbrötchen auf den Tisch. Die Tunke: Frischkäse mit Gewürz. Etwas fad.

Abendessen in in der Bauernschänke am Rindermarkt in Zürich.
Foto: TripAdvisor

Das Brot: sehr gut. Beides ist ein guter Zeitvertreib, bis der Schweinebauchbraten aufgetragen wird. Er kommt, wie alle Gerichte, in glasiertem Steingutgeschirr. Dazu gibt es viel gebundene Sauce, dann Flower Sprouts und auch noch ein Salätchen aus der obligaten Fertigmischung. Ein Schälchen mit Sushi-Reis steht daneben.

Der Schweinebauchbraten (29.50 Franken) ist – ohne das Fett, das ihn sonst umgibt – ein Stück schiere, grobfaserige Schweinebrust mit nicht allzu viel Geschmack und ohne Saftigkeit. Beides verleiht erst die recht süsse Sauce, die eigentlich mehr Tunke ist, als es die Tunke zum Brot war. Sie schmeckt. Die Flower Sprouts (das sind Sprossen einer Kohlart, toll in Mode) wurden knusprig … ich denke frittiert. Okay. Aber geschmacklich nicht sehr interessant. Die grosse Enttäuschung: der kostbare Sushireis.

Wie Klebreis verkocht, hat er zwar Aroma, sieht aber aus, als wäre er bereits einmal gegessen worden.

Die Weinkarte am Abend ist perfekt

Klar ist: Am Mittag gibt es nur ein kleines Speiseangebot (7 Stück). Auch an Weinen (2). Sogenannte Kultweine. Einer aus Deutschland, einer aus Sizilien. Beide sehr schön. Nicht billig. Die Weinkarte am Abend? Majestätisch. Kompliment.

Das Dessert: «Apfel / Schokolade / Vanille» (14 Franken). Bratapfel mit schwarzen Schokoladewürfelchen und einer Walze Vanilleeis. Was eine fast schon göttliche Kombination sein kann. Kann. Der Bratapfel ist hier nämlich eine erst dekonstruierte, dann rekonstruierte Frucht. Erst zum hauchdünnen Endlosband aufgeschnitten, hat man ihn, gezuckert und gezimt, ohne Kernhaus erneut zum fast ganzen Apfel zurückgerollt und – wohl mit moderner Sous-Vide-Technik eingesiegelt – gegart, dann mit Zucker bepudert und dem Bunsenbenner geflämmt, zum Bratapfel hergerichtet. Das Fruchtfleisch lauwarm, aber nicht geschmort. Die Schale ist, wenn auch hauchfein, zäh geblieben. Das Aroma roh-, nicht bratapfelig-markig. Das Eis milchig-zart und perfekt zur weichen Schokolade.

Macht ein Essen an einem Ort, an dem man gewesen sein muss. Nicht besonders teuer. Aber auch nicht so, dass man wieder da hinmüsste.

Bauernschänke
Rindermarkt 24, 8001 Zürich
www.bauernschaenke.ch

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