Serie Vergessene Kriege
Fünf Kriege, über die niemand spricht

Jeden Tag sterben Menschen im Krieg. 285'000 waren es im letzten Jahr. 64 Millionen sind auf der Flucht. Und die Welt schaut weg. BLICK schaut auf fünf Kriege, die gerade abseits der Öffentlichkeit toben.
Publiziert: 09.11.2017 um 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:32 Uhr
Storytelling

Die USA bombardieren im Jemen zwei Trainingslager der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Dabei kommen Dutzende Menschen ums Leben. Laut US-Verteidigungsministerium handelt es sich dabei um Mitglieder des IS.
In der Ukraine sterben zwei Soldaten, vier weitere werden verletzt.
Milizen schneiden im Kongo mindestens 30 Zivilisten die Kehle durch und töten zwei Uno-Soldaten.

Das sind nur einige Meldungen aus den letzten zwei Wochen. Meldungen, an die sich kaum einer erinnert. Die untergegangen sind in der täglichen Nachrichtenflut. Es sind Meldungen über Kriege, die wir vergessen haben. Die sich abseits der Weltöffentlichkeit abspielen. Weil ... Ja, warum eigentlich?

285'000 Menschen starben im letzten Jahr in Bürgerkriegen. 2006 waren es noch 36'000. Die Zahl der Flüchtlinge hat sich seit 2006 auf 64 Millionen im Jahr 2016 verdoppelt. In 68 Staaten hat sich im vergangenen Jahr die Sicherheitslage massiv verschlechtert. Das hat das australische Institute for Economics and Peace errechnet. Fünf Kriege, die Abseits der Öffentlichkeit toben.

1. Jemen - Spielball der Mächtigen

Die Uno nennt die Situation im Jemen eine humanitäre Katastrophe nie erlebten Ausmasses. Für die 27 Millionen Jemeniten ist das Leben im eigenen Land nach drei Kriegsjahren einfach nur noch die Hölle auf Erden. Mindestens 10 000 Tote und über 40 000 Verletzte hat der Konflikt zwischen der Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi und den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen bereits gefordert. Zwei Drittel der Jemeniten sind von humanitärer Hilfe abhängig. Seit diesem Jahr wütet auch noch die Cholera. Es ist die schlimmste jemals erlebte Cholera-Epidemie. Lesen Sie das Multimedia-Special zu Jemen - Spielball der Mächtigen.

Zugang zu Trinkwasser ist in Konfliktgebieten - so wie hier im Jemen - oft eine Herausforderung für die Bewohner (Archiv).
Foto: KEYSTONE/EPA/YAHYA ARHAB

2. West-Sahara - Afrikas letzte Kolonie

Die marokkanische Besetzung der West-Sahara im Jahr 1975 stellte damals einen eklatanten Verstoss gegen das Völkerrecht dar. Das Gebiet wurde nach dem Abgang der Kolonialmacht Spanien von Marokko beansprucht und kurzerhand annektiert. Selbst die Uno hat diesen Zustand mittlerweile akzeptiert, bezeichnet die «marokkanische» West-Sahara als «Afrikas letzte Kolonie». Die zu spanischen Kolonialzeiten entstandene Befreiungsfront der Sahrauis (Bevölkerung der Westsahara) kämpft für einen unabhängigen Staat – die Demokratische Arabische Republik Sahara. Marokko unterdrückt den Freiheitsdrang der 300 000 in der Region verbliebenen sahaurischen «Untertanen» weiter mit Folter und Straflagern. Der Konflikt schwelt seit 1975, als Marokko das Gebiet besetzt hat. Lesen Sie das Multimedia-Spezial zu West-Sahara - Afrikas letzte Kolonie.

3. Nigeria - In den Fängen von Boko Haram

Gewalt, Korruption und Terrorismus bestimmen den Alltag in Nigeria. Auch drei Jahre, nachdem die islamistische Terrororganisation Boko Haram 276 Mädchen entführte, kommt das Land nicht zur Ruhe. Die verschwundenen Schülerinnen lösten im Frühjahr 2014 weltweit Empörung aus. Unter dem Motto «Bring Back Our Girls» (Bringt unsere Mädchen zurück) formierte sich eine internationale Solidaritätsbewegung, an der sich sogar die amerikanische First Lady Michelle Obama beteiligte. Mittlerweile ist der Aufschrei verstummt. Doch noch immer werden 113 der entführten Mädchen vermisst. Aber das ist ausserhalb Nigerias keine Schlagzeile mehr wert. Genauso wenig wie der Krieg gegen Boko Haram. Lesen Sie das Multimedia-Special zu Nigeria - In den Fängen von Boko Haram.

Ein unterernährtes Kind wird in einem Flüchtlingslager medizinisch untersucht. Im Nordosten Nigerias haben die andauernden Angriffe der Terrormiliz Boko Haram eine schwere Hungerkrise ausgelöst. (Archiv)
Foto: KEYSTONE/AP/SUNDAY ALAMBA

4. Ukraine - Der lange Arm Russlands

Im Spätherbst 2013 gab Viktor Janukowitsch (67) dem Druck aus Russland nach. Der ukrainische Präsident verweigerte das Assoziierungsabkommen mit der EU. Gegen den Zorn der pro-europäischen Demonstranten befahl er den Einsatz bewaffneter Spezialkräfte. Doch der Präsident unterschätzte die Macht der Massen. Ende Februar 2014 musste er nach Moskau fliehen. Der Freiheitswille der Ukrainer schien obsiegt zu haben. Doch das Happy End blieb aus, der Konflikt dauert bis heute. Dabei fördert Moskau weiter die pro-russischen Separatisten. 100 000 Tote forderte der Krieg bis heute. Eine friedliche Lösung ist nicht in Aussicht. Lesen Sie das Multimedia-Special zur Ukraine - Der lange Arm Russlands.

Eine Frau besichtigt ihr zerstörtes Haus im Donbass, wo es immer wieder zu Kämpfe zwischen ukrainischen Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten kam (Archiv 2016).
Foto: KEYSTONE/EPA/ALEXANDER ERMOCHENKO

5. Kongo - Kein Licht im Herzen der Finsternis

Kein Licht im Herzen der Finsternis Mehr als fünf Millionen Tote, 20 000 ratlose Uno-Blauhelme – und kaum Schlagzeilen. Kongo ist Schauplatz einer der grössten humanitären Krisen. Seit 1960, dem Jahr der Unabhängigkeit, herrschen nichts als Mord und Totschlag. Irgendwann verliert das gedruckte Grauen seinen Schrecken. Die zahllosen Opfer verschwinden in Statistiken, immer neue Kriegsverbrechen in akribisch geführten Listen. Die Täter und ihre Hintermänner – konturenlose Gestalten. Und dazwischen: ein Präsident, der sich an die Macht klammert. Nun verspricht Joseph Kabila (46) Neuwahlen. Kaum jemand glaubt daran. Lesen Sie das Multimedia-Special zu Kongo - Kein Licht im Herzen der Finsternis.

Kindersoldat in Kongo-Kinshasa (Archiv)
Foto: KEYSTONE/AP/Mohamed Sheikh Nor
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