Der Hochstapler hat es schon wieder getan!
Diesmal ergaunerte Tomaten-Markus eine Million Franken

Markus B.* aus Basel führt zwei ganz verschiedene Leben: Ein paar Jahre im Knast und dann wieder ein paar Jahre als vermeintlich reicher Mann. Der Wiederholungs-Hochstapler hinterlässt dabei immer zahlreiche geprellte Opfer, deren Geld er verprasst.
Publiziert: 10.08.2022 um 01:23 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2022 um 15:16 Uhr
Céline Trachsel

Tomaten-Markus nannten sie ihn im Knast. Weil er in der Gefängnis-Gärtnerei arbeitete. Und Tomaten unter seiner Pflege gut gediehen. Der Basler Markus B.* (60) sass sein halbes Leben hinter Gittern, weil er ein notorischer Hochstapler ist und es einfach nicht lassen kann. Immer dann, wenn er sein Leben in Freiheit geniessen könnte, nutzt er seine Talente statt zum Arbeiten einzig und allein dazu, andere Leute um den Finger zu wickeln und abzuzocken.

Jetzt hat er es wieder getan! Zwischen 2016 und 2020 fielen mindestens 17 Opfer auf ihn herein. Schadenssumme: 1,06 MillionenFranken! Eine Französin brachte er um über eine halbe Million Franken. Er lebte auf ihrem Landgut, fuhr teure Autos, machte angebliche «Geschäftsreisen», hatte Angestellte – die Menschen gaben ihm Geld für diesen Lebensstil, er versprach satte Gewinne. Bloss war das nichts weiter als Lug und Betrug.

Mit teuren Autos und Landsitz in Frankreich alle geblendet

Nun stand Markus B. am Dienstag in Basel vor Gericht. Schon wieder! Bereits 2004 wurde zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, 2008 erhielt er eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten, 2013 wieder eine mehrjährige Strafe sowie weitere aufgebrummte Monate 2015.

Hochstapler Markus B. (60) musste sich bereits 2015 vor dem Strafgericht Basel-Stadt verantworten. Am Dienstag stand er erneut vor Gericht. Ihm drohen vier Jahre Knast.
Foto: Claudio Meier
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2003 wurde er «wegen schwerwiegender Gefährdung der Öffentlichkeit» sogar verwahrt – und dies als erster Schweizer Wirtschaftskrimineller überhaupt. Tatbestand: gewerbsmässiger Betrug. Doch nach einem Rechtswechsel im Jahr 2007 durften nur noch Gewaltstraftäter verwahrt werden – und Markus B. kam frei. Daraufhin eröffnete er in Jegenstorf BE den Blumenladen «Vergiss mein nicht». Damit brachte er sechs Leute um über 250'000 Franken. Auch damals «kaufte» er Autos, mietete ein Haus und den Laden, stellte Leute an – und blieb alles schuldig.

Zuerst Autos, dann ein Landsitz

Seine neusten Verfehlungen, für die er sich nun vor Gericht verantworten muss, beging Markus B. ab 2016, als er wieder einmal aus dem Knast kam. Vier Jahre lang hielt der Hochstapler mit seinen frei erfundenen Versprechungen und seinem wohlbedachten Auftritt als angeblich reicher Hotelerbe viele Leute zum Narren.

Zuerst organisierte er sich Autos. Mindestens ein BMW, ein Land Rover und ein Mercedes 450 SL waren in den vier Jahren in seinem Besitz. Dann gaukelte er einer reichen Französin vor, er wolle ihr stattliches Landgut kaufen. Bis zur Übernahme liess sie ihn im Park mit dem imposanten Garten im Chalet wohnen und ihren Porsche fahren.

Er versprach, das Geld der Leute gut anzulegen

Dabei log Markus B. allen vor, er sei reich und arbeite als Topmanager. Die Hälfte des Landsitzes gehöre bereits ihm, sagte er den anderen Opfern. So vertrauten sie dem angeblichen Unternehmer. B. gaukelte zudem allen vor, er kenne sich mit Derivatengeschäften aus. Wenn sie ihm ihr Geld geben würden, lege er es gewinnbringend an.

Die Französin vertraute ihm 523'000 Franken an. Einem Ehepaar aus demselben französischen Dörfchen unweit von Basel knöpfte er 388'800 Franken ab. Weitere Opfer haben ihm Tausende Franken zum Anlegen gegeben. Doch all das Geld verprasste Markus B. für seinen aufwendigen Lebensstil – und um das Bild des reichen Hotelerben aufrechtzuerhalten. Zudem stellte er junge Männer an, die seine persönlichen Assistenten und Fahrer waren.

Eines der jungen Opfer sagt zu Blick: «Mich liess er acht Monate für sich herumfahren, ohne dass ich je Geld gesehen habe. Er versprach zum Beispiel, sich einen Lambo kaufen zu wollen, den ich dann fahren dürfe. Oder dass ich einen eigenen BMW erhalte, der dann mir gehöre. Er weiss einfach, wie man in jemandem Träume wecken kann und ihm seine Versprechungen auch abkauft.» Markus B. habe ein unglaubliches Gespür für Menschen. «Er weiss genau, wer auf ihn hereinfallen wird und wem er was auftischen muss.»

«Mir wurde irgendwann bewusst: Der Mann ist ein Hochstapler»

Das Opfer war damals im Strassenbau tätig, als ihn Markus B. einfach ansprach und fragte, ob er nicht lieber Fahrer werden wolle. «Ich fuhr ihn zu angeblichen Meetings, zum Beispiel nach Budapest. Er hatte schon manchmal Geschäftstermine, deshalb wunderte ich mich auch nicht darüber, dass er an anderen Tagen nur Kaffee trinken ging. Ich dachte, er könne sich das halt leisten.»

Und plötzlich habe es bei ihm Klick gemacht. «Mir wurde irgendwann bewusst: Der Mann ist ein Hochstapler. Und ich werde meinen Lohn nie erhalten.» Als er sich Rechtshilfe suchte, bestätigten ihm die Anwälte, dass Markus B. einschlägig vorbestraft ist.

Der Strassenbauer sitzt zwar auf fast 30'000 Franken Lohnausfall, aber er schämt sich nicht, auf B. hereingefallen zu sein. «Das Leben bereitet einen vor, auf was sonst noch kommt. Jetzt glaube ich nur noch, was ich schwarz auf weiss sehe. Er konnte halt schon unglaublich gut reden – wie ein richtiger Unternehmer. Aber darauf falle ich nicht mehr so schnell herein.» Nur eines ärgert ihn: «Das Problem ist: Wenn er aus dem Knast rauskommt, wird er dasselbe wieder tun. Dem kann nicht einmal mehr ein Psychiater helfen.»

Vier Jahre Knast kassiert

Vor Gericht gab sich Markus B. reuig und entschuldigte sich bei den Opfern. Er sagte, er verstehe selber nicht, wie sich die Geschichte wiederholen konnte. Nach diesem Freiheitsentzug wolle er als Gärtner oder Deutschlehrer arbeiten. «Ich habe mir überlegt, welche Wege ich gehen kann und was realistisch ist. Die Träumereien sind jedoch nicht einfach weg», gab er zu. «Aber ich muss wohl zuerst lernen, ein Stück weit mich selber einfach gern zu haben.»

Der Prozess lief im abgekürzten Verfahren, und so nahm der Angeklagte schweigend die bereits im Voraus bekannte Haftstrafe von 48 Monaten entgegen.

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