Hier tauchen Meerjungfrauen ab
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Mermaiding-Schule in Bern:Hier tauchen Meerjungfrauen ab

Netflix-Doku, selbstgemachte Flossen, Milliarden-Umsatz
Auch Schweizer spielen immer mehr Arielle

Das sogenannte Mermaiding boomt. Auch immer mehr Schweizerinnen und Schweizer schwimmen sich in eine schillernde Fantasiewelt – vom Polterabend bis zum Geschäftsmann.
Publiziert: 31.05.2023 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2023 um 06:12 Uhr
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Lea ErnstRedaktorin Gesellschaft

Arielle wünscht sich nichts sehnsüchtiger, als ein Mensch zu sein und auf Beinen das Land zu erkunden. Währenddessen wollen immer mehr Menschen genau das Gegenteil – und schwimmen mit schillernder Flosse direkt in ihre eigene Märchenwelt.

Pünktlich zum Kinostart von der Disney-Neuverfilmung «Arielle» ist diese Woche die Netflix-Doku über sogenannte «MerPeople» erschienen: Meerjungfrauen und -männer, deren grösster Traum es ist, das Schwimmen als Fabelwesen zum Beruf zu machen.

Ein Sport, der farbenfroh glitzert: das sogenannte Mermaiding boomt. Gemäss Netflix ist die Industrie eine halbe Milliarde Dollar schwer. Unzählige Shows, Meerjungfrau-Wettbewerbe und Konferenzen fluten derzeit das Festland. Auf Instagram haben bereits Millionen von Userinnen und User ihre Unterwasser-Ästhetik gepostet.

Abtauchen wie Arielle: Die neue Netflix-Serie «MerPeople» zeigt Menschen, die das Schwimmen als Fabelwesen zum Beruf machen.
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Nachfrage nach Schweizer Flossen steigt

Auch in der Schweiz ist die Nachfrage nach den Flossen gross. So gross, dass Herstellerin Sonja Graf aus Cham ZG mit ihrem Shop Pinkvanille nicht nur Privatpersonen, sondern auch Schwimm- und Tauchschulen, Erlebnisbäder und Hotels beliefert.

Auch nach Deutschland und Österreich wird Graf wegen des Ansturms bald expandieren, fast täglich erhält sie von dort Anfragen. Zwar gebe es online ein grosses Angebot an Billigflossen, deren Qualität lasse jedoch häufig zu wünschen übrig. «Sie sitzen häufig nicht richtig, fallen ab oder tun wegen des Hartplastiks weh», sagt sie, die ihre allerersten Flossen vor neun Jahren selbst gebastelt hat.

Verkaufte sie anfangs hauptsächlich Kinderflossen an kleine Meerjungfrauen, sind in letzter Zeit viel mehr Erwachsenengrössen dazugekommen. Teils für Mütter, die mitschwimmen wollen. «Doch vor allem sind es Frauen, die den Sport ausprobieren oder tolle Videos und Fotos für Social Media machen möchten», sagt Graf.

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Eine Meerjungfrau, die schon seit vielen Jahren durch die Schweizer Gewässer schwimmt, ist Silvia Malagon Y Alea (43). Weil ihre Tochter grosser Meerjungfrau-Fan war, bestellte sie vor acht Jahren zwei Flossen – und war begeistert. «Von da an ging es steil aufwärts», erinnert sie sich. Unterdessen bietet sie in ihrer Schule MYAMAIDS Meerjungfrauen Bern Schnupperkurse und Trainings sowie Shows für Privatanlässe und Firmenevents an.

Auch mehr Männer wagen sich in die Flossen

Die Neuverfilmung von Arielle sowie die Netflix-Doku «MerPeople» würde das Phänomen zwar befeuern, sagt die Berner Meerjungfrau. Dann steige die Anzahl Anfragen kurzfristig. «Aber klar ist: Das Interesse am Mermaiding ist durchgehend sehr gross.» Auch, weil der Sport durch die Flosse sehr ästhetisch sei, man tolle Fotos davon machen könne. «Unter Wasser sieht alles wunderschön aus, man ist ganz allein mit der Stille, fühlt sich leicht und graziös», so Malagon. «Viele entdecken ein völlig neues Körpergefühl und Selbstbewusstsein.»

In ihren Kursen im Pool schwimmen zwar viele Mädchen, doch auch die Erwachsenenkurse seien gut besucht. Oft von Frauen, doch immer häufiger auch von neugierigen Vätern bis hin zu Geschäftsmännern, die einen Ausgleich suchen – wenn auch eher einmalig statt regelmässig. Wie viele andere Bereiche sei auch das Mermaiding in den letzten Jahren inklusiver und akzeptierter geworden. «Erst vor zwei Wochen haben neun junge Männer einen Kurs gebucht – für einen Polterabend», erzählt Malagon. Sie hätten es sehr lustig gefunden, doch schnell gemerkt, dass es auch ziemlich anstrengend sei.

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Vorurteile gibt es viele, doch ist Mermaiding ein schweizweit offiziell anerkannter Sport. Nicht nur Arme und Beine werden gefordert, sondern der gesamte Rumpf. Dazu wird das Apnoetauchen trainiert, also das möglichst lange Tauchen mit angehaltenem Atem. Für Malagon ist es der schönste Sport, den sie sich vorstellen kann. «Wir trainieren hart, doch können wir gleichzeitig auch noch in eine wunderschöne Traumwelt abtauchen.»

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