So ist das neue Welttheater Einsiedeln
Kinder halten Welt in Bewegung

Bei nasskaltem Wetter ging am Dienstag die Premiere des Welttheaters 2024 in Einsiedeln SZ über die Bühne. Eine wunderprächtige Inszenierung wie ein reinigendes Sommergewitter.
Publiziert: 12.06.2024 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2024 um 09:50 Uhr
Das Kloster Einsiedeln ist die Kulisse des Welttheaters.
Foto: keystone-sda.ch
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Exakt zu Beginn der Premiere setzt der Regen ein, und er endet nach 100 Minuten – genau mit dem Ende des Schauspiels: Das «Welttheater Einsiedeln» in der Bearbeitung des Schweizer Schriftstellers sowie Büchnerpreis-Trägers Lukas Bärfuss (52) und unter der Regie von Livio Andreina (70) ist deshalb aber nicht ins Wasser gefallen.

Das hat einerseits damit zu tun, dass die Tribünen für die rund 2000 Premierengäste – darunter Alt-Bundesrat Ueli Maurer (73) und die Schwyzer Ständerätin Petra Gössi (48) – erstmals gedeckt war. Andererseits mit dem grossartigen Einsatz des gut 200-köpfigen Spielvolks, das ein mittreissendes, musikalisch-melancholisches Stück zeigt.

Frauenbrunnen Teil der Kulisse

«Ich wott! Ich wott! Ich wott!» Am Anfang steht der Spielwille der Kinder. Doch aus dem Kinderspiel wird bald Ernst: Emanula entwickelt sich als Frau zur herrischen Königin, will nicht mehr nur Figur sein und entreisst dem Schöpfer die Macht, macht sich zur schwarzen Madonna aus der Klosterkirche. Doch am Schluss ist sie alt und muss den Bettel abgeben.

In seiner Bearbeitung des Mysterienspiels «Das grosse Welttheater» von Pedro Calderón de la Barca (1600–1681) stellt Bärfuss die Frauenfigur Emanuela ins Zentrum. Kein Zufall sind für diese Inszenierung die beiden Tribünen so zurückversetzt, dass der prächtige Frauenbrunnen auf dem Klosterplatz ein Teil des Bühnenbildes ist.

Von Hürlimann über Krohn zu Bärfuss

2000 und 2007 holte Autor Thomas Hürlimann (73) das Mysterienspiel auf den Boden der Realität und erklärte Gott für tot. 2013 machte Schriftsteller Tim Krohn (59) das Welttheater zu einer menschlichen Baustelle. Und nun gestaltet Bärfuss das Stück zu einem ewigen Kinderreigen.

«Wer soll itz mit mir spile?», fragt die junge Emanuela (Luana Thoma) am Ende – und immer mehr Kinder strömen auf den Platz: Das Spiel kann von Neuem beginnen. Mit diesem optimistischen Schlussbild endet die Aufführung – und der frenetische Applaus des Premiere-Publikums löst das Regenklatschen auf dem Tribünendach ab.

«Welttheater Einsiedeln» in der Bearbeitung von Lukas Bärfuss bis 7. September 2024 auf dem Klosterplatz Einsiedeln SZ, jeweils um 20.45 Uhr. Tickets: welttheatereinsiedeln.ch

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