Morgen beginnt Ausstellung «Blumen für die Kunst»
Das passiert, wenn Floristen auf Künstlerinnen treffen

Die Ausstellung «Blumen für die Kunst» dauert jeweils nur sechs Tage, ab morgen ist es zum zehnten Mal so weit. Die floralen Interpretationen der Kunstwerke begeistern jeweils ein breites Publikum. Fünf Beispiele aus vergangenen Ausstellungen.
Publiziert: 04.03.2024 um 17:23 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2024 um 17:34 Uhr
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Fragmentarisch schwebend

In der «Blumen für die Kunst»-Ausstellung 2023 interpretierte Meisterfloristin Lisa Pellanda aus Losone TI ein Werk von Daniela Keiser (60), einer Konzept- und Installationskünstlerin aus Zürich und Crémines BE. Das Bild «Mézilhac (Steinbruch)» aus dem Jahr 2021 ist eine Cyanotopie auf Papier.

Katharina Ammann ist Direktorin vom Aargauer Kunsthaus. Sie sagt zur Zusammenarbeit zwischen Künstlerin und Floristin: «Wenn man nur das Foto sieht, versteht man das Werk im ersten Moment gar nicht. Im Hintergrund ist die grosse Cyanotopie der Schaffhauser Künstlerin Daniela Keiser – eine Landschaft, eine Art Steinbruch. Das sind einzelne Fragmente. Und die Floristin nimmt das Fragmentarische auf, indem sie mit verschiedenfarbigen Glasscheiben arbeitet. Das Ganze hängt vor dem Bild – nicht mehr die klassische Situation von einem Sockel, auf dem eine Vase steht und in der ein Blumenstrauss steckt. Die schwebenden Blumen verbinden sich geradezu mit dem Bild.»

Verfallsprozess

Der Berner Meisterflorist Cyril Bergmann wählte im Ausstellungsjahr 2023 ein Ölgemälde für seine florale Interpretation aus. Es heisst «Umsteigen in Abobo Doumé» und ist ein Werk aus dem Jahr 1993 von Malerin und Zeichnerin Mireille Gros (69), die in Basel und Paris lebt.

Direktorin Katharina Ammann erinnert sich: «Die beiden haben sich sehr gut verstanden. Bergmann ist zu Gros ins Atelier nach Basel gefahren und da ist etwas ganz Wunderbares entstanden. Sie thematisiert häufig den Ressourcenverbrauch und das Verschwinden von Biodiversität. Sie hat sich vom Floristen etwas zum Thema Nachhaltigkeit gewünscht – und er ist voll darauf eingestiegen: Er verwendete nur Sachen, die er in einem Bachbett seiner Umgebung gefunden hatte, ersetzte während der Ausstellungswoche nichts und thematisierte so den Verfallsprozess.»

Etwas Spielerisches

«Cercles et barres» aus dem Jahr 1934 von der Schweizer Künstlerin Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) ist eine beliebte Vorlage für florale Interpretationen – 2023 machte sich die Floristin Andrea Lehmann aus Niederwangen BE ans Werk.

Im Jubiläumsbuch «Blumen für die Kunst» (NZZ Libro) heisst es dazu: «Das Bild von Sophie Taeuber-Arp hat für Andrea Lehmann trotz der geometrischkonstruktiven Formsprache etwas Spielerisches und Belebtes. Es wirkt auf die Floristin wie ein Moodboard, das heisst eine Art Collage mit Stimmungsbildern, für die Entwicklung eines Werkstücks. Die Suche nach der Balance im Leben und in der Kunst dient dabei als Inspiration für die florale Interpretation. In der technischen Ausführung des Werks finden sich verschiedene Arten des Webens – das Werkstück balanciert über einer Vase, mühelos schwebend wie eine Tänzerin.»

Verschiebung der Farbwerte

In der «Blumen für die Kunst»-Ausgabe von 2019 machte sich die Meisterfloristin Angela Kaspar aus Zürich an die Interpretation des Gemäldes «Renversement» aus dem Jahr 1950 vom Zürcher Künstler Leo Leuppi (1893–1972).

In der Anmerkung zum Begleitbuch steht geschrieben: «Angela Kaspars florale Interpretation nimmt die Umkehrung auf und buchstabiert die organischen Formen des Bildes zurück in tektonische Grundformen. Angelehnt an die grafischen Arbeiten Leo Leuppis der 1930er- bis 1960er Jahre werden rechteckige, dreieckige, runde und quadratische Objekte mit natürlich gewachsenen Formen gepaart. Dies führt ebenfalls zu Verschiebungen der Farbwerte.»

Ein starker Grünstich

Meisterflorist Otto Mattmann und Floristin Ursi Leisibach-Bucher aus Hünenberg ZG wählten für «Blumen für die Kunst» von 2017 das Ölbild «Das Brautpaar (Oblomow und Oljga)» von 1928 des Schweizer Architekten und Malers Paul Camenisch (1893–1970).

Dazu der Buchkommentar: «Für Otto Mattmann und Ursi Leisibach-Bucher hat das Bild von Paul Camenisch ‹einen starken Grünstich›, den sie in ihrer floralen Interpretation aufnehmen. Ihre Materialien und Blumen wählen sie darauf gezielt aus: Neben 350 grünen Glasflaschen finden sich in ihrer Kreation grün durchwirkte Blüten, sodass die gesamte Komposition von einem Grünschleier durchzogen wird. Rote und violette Töne versinnbildlichen den schwermütigen Charakter der beiden Figuren.»

Zum Ausstellungs-Jubiläum erscheint der Bildband «Blumen für die Kunst» bei NZZ Libro. 

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