Bakom leitet Verfahren für 840 Franken ein
Das 14-Franken-Spielzeug wird zur Kostenfalle

Drohnen, Kinder-Funkgeräte, ferngesteuertes Spielzeug: alles beliebte Gadgets beim Online-Shopping im Ausland oder als Mitbringsel aus den Ferien. Doch Vorsicht: Sind sie nicht schweizkonform, kann es teuer werden.
Publiziert: 24.07.2018 um 14:13 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:41 Uhr
Was kann das ferngesteuerte Rennboot für 14 Franken?
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RC-Schiff aus China im Test:Was kann das ferngesteuerte Rennboot für 14 Franken?
Lorenz Keller

Die Freude am ferngesteuerten Boot für 14 Franken aus dem China-Shop währte nur kurz. Einige Tage nach der Veröffentlichung des Test-Videos auf Blick.ch schrieb das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) ein E-Mail: «Im Rahmen der Aufsicht von Fernmeldeanlagen (u.a. R/C-Modelle) kontrolliert das Bakom die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen für die im Handel erhältlichen Geräte.»

Das Boot müsse zur Nachweiskontrolle eingesandt werden. Wenn alles in Ordnung ist, wird es retour geschickt. Wird das Boot nicht eingeschickt oder ist es nicht konform, droht eine Busse bis 5000 Franken und das Spielzeug mit Fernbedienung wird vernichtet.

Dieses 14-Franken-Boot aus China darf in der Schweiz nicht betrieben werden.
Foto: Lorenz Keller
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Die per Mail nachgereichte Zusicherung des Verkäufers Gearbest.com, die Fernbedienung des Boots entspreche der CE-Norm und sei damit in ganz Europa zugelassen, reicht als Nachweis nicht. Denn was fast niemand weiss: Nicht nur wer in der Schweiz Produkte verkauft, die in den Bereich Fernmeldeanlagen fallen, ist für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich, sondern auch, wer diese nur bereitstellt oder betreibt – also der Käufer.

Käufer ist verantwortlich für Einhaltung der technischen Vorschriften

Das bedeutet: Wer als Privatperson ein Gerät aus den Ferien mitbringt oder in einem ausländischen Online-Shop bestellt, ist für die Einhaltung der technischen Vorschriften in der Schweiz verantwortlich. Und diese sind klar: Für die Fernbedienung dürfen nur spezielle freigegebene Funkfrequenzen genutzt werden – und auch diese nur in genau festgeschriebenen Sendestärken.

Unter die Fernmeldeanlagen fallen alle Geräte, die Funkfrequenzen nutzen: Funkgeräte, drahtlose Telefone, ferngesteuertes Spielzeug, Drohnen, Herzschrittmacher – aber auch alle Gadgets mit Radar, WLAN oder Bluetooth.

Eine riesige Menge von solchen Geräten kommt jedes Jahr in die Schweiz, das Bakom kann aber nur einen Bruchteil kontrollieren. «Wir führen rund 150 Kontrollen pro Jahr durch», sagt Lucio Cocciantelli, Sektionschef für Marktzugang und Konformität beim Bakom. Dies allerdings mit einer Trefferquote von 90 Prozent – weil für die Prüfer meist offensichtlich ist, was nicht konform ist.

Bakom-Liste mit nicht-konformen Geräten

Lucio Cocciantelli nennt einige der aktuellen Problemfälle: Mobilfunk-Repeater, die den Handyempfang in Wohnungen verbessern, stören oft Netzbetreiber. Drahtlose Telefone aus den USA oder Asien nutzen andere Frequenzen, die zum Teil den Handyempfang stören. Drohnen mit grosser Reichweite funken mit zu starker Leistung. Auf der Webseite des Bakom kann man eine ganze Liste mit nicht-konformen Geräten abrufen.

Das Bakom kontrolliert nicht nur Privatimporte, die oft direkt bei der Zollkontrolle hängenbleiben, sondern auch Schweizer Händler und Anbieter im Internet. Bei Shops im Ausland sind dem Bakom die Hände gebunden. «Hier setzen wir vermehrt auf Zusammenarbeit. Die Anbieter haben ja auch Interesse, dass ihre Produkte in der Schweiz legal sind», sagt Lucio Cocciantelli.

Wenn das Baby-Phone die Garagenfernbedienung blockiert

Immer wieder rückt das Bundesamt aber auch bei Störungsmeldungen aus. Cocciantelli nennt auch hier einige Beispiele: Ein importiertes Baby-Phone blockierte die Funk-Fernbedienungen für die Garage einer ganzen Überbauung. Ein anderes Gadget störte mobile Lichtsignal-Anlagen, sodass auf beiden Seiten «rot» gezeigt wurde. Eine Audioanlage mit Funkübertragung blockierte einen Kran, da dieser zur Sicherheit automatisch abschaltet, sobald seine Verbindung zur Fernbedienung beeinträchtigt wird.

Für den Verursacher solcher Störungen wird das schnell teuer. Wer ein nicht-konformes Gerät betreibt, muss die Kosten für das Verfahren und für die Prüfung tragen – das geht von ein paar Hundert bis ein paar Tausend Franken. Bei einer Störung kommen die Kosten für die Suche und die Behebung dazu. Bussen bis 100'000 Franken gibts für Wiederholungstäter, bei gewerblichen Anbietern oder bei vorsätzlichem Handeln, etwa wenn man ein in der Schweiz verbotenes Gadget wie einen Störsender nutzt.

Nur wer in der Schweiz oder der EU einkauft, ist auf der sicheren Seite

Was tun, wenn man trotzdem nicht aufs Gadget-Shopping im Ausland verzichten will? «Für normale Käufer ist es leider sehr schwierig zu wissen, ob ein Gerät konform ist», sagt der Experte vom Bakom. Auf der sicheren Seite ist man nur bei Schweizer Händlern, weil diese im Fall der Fälle für die Einhaltung der Vorschriften haften. Auch in EU-Ländern dürfte man weniger Probleme haben, da die Regeln dieselben sind.

Grundsätzlich gilt auch, dass Bluetooth-Gadgets weniger riskant sind als etwa Funkgeräte. Wer sich detailliert damit befassen will und die erlaubten Frequenzen für ferngesteuerte Fahrzeuge eruieren will, findet auf der Webseite des Bakom unter «Geräte & Anlagen» die technischen Schnittstellenanforderungen.

Gedränge auf den Funkfrequenzen ist gross

Es gibt auf der Webseite auch einen ganzen Leitfaden zum Kauf von Funkanlagen für den Eigengebrauch im Internet. «Wir wollen in nächster Zeit mehr Aufklärungsarbeit leisten», sagt Lucio Cocciantelli vom Bakom. Gerade auch, weil immer mehr Schweizer online im Ausland einkaufen. «Alle Hersteller müssen sich an die Regeln halten, denn das Gedränge auf den Funkfrequenzen ist gross.»

Übrigens: Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Das ferngesteuerte Boot wurde eingezogen, vernichtet und mit einem Verkaufs- und Vertriebsverbot belegt, weil die Fernbedienung auf einer nicht zugelassenen Frequenz sendet. Die Verfahrenskosten wurden von 840 auf 420 Franken reduziert. Trotzdem eine teure Rechnung für ein 14-Franken-Spielzeug.

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