Forschungsleiter von Samsung
«KI soll den Alltag erleichtern, nicht erschweren»

Daehyun Kim, Leiter der KI-Forschung bei Samsung, über Pläne, KI-Technologien in alle Geräte zu integrieren – und den Wettbewerb mit Apple.
Publiziert: 08.06.2024 um 15:25 Uhr
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Tobias BolzernRedaktor Digital

Vom Handy über Fernsehen bis zum Staubsauger: Wenn es nach Samsung geht, soll künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft alle Gerätearten durchdringen. So setzt der Hersteller verstärkt auf die Integration von KI in seine Produkte, um so den Alltag von Nutzerinnen und Nutzern zu verbessern. Das Smartphone, das beim Übersetzen hilft, der Robo-Staubsauger der selbst Hundekot erkennt und beim Reinigen dadurch Schmierereien verhindert: Im Interview sagt Daehyun Kim, Leiter der KI-Forschung bei Samsung, was die Zukunft bringt.

Blick: Wie nutzt Sie heute schon künstliche Intelligenz?
Daehyun Kim:
Samsung setzt KI bereits intern ein, insbesondere Gauss, unser eigenes, grosses Sprachmodell (LLM), das von Ingenieuren und Büroangestellten genutzt wird. Der Einsatz umfasst unter anderem das Schreiben von E-Mails, Zusammenfassungen und Übersetzungen. Besonders in der Programmierung zeigt sich die Stärke, da jede Programmiersprache eine Form von Sprache darstellt und LLMs hervorragend darin sind.

Zur Person

Daehyun Kim ist Corporate Executive Vice President bei Samsung Electronics und leitet das Global AI Center. Dort entwickelt er mit seinem Team KI-Modelle für alle Arten von Samsung-Geräten, darunter Sprach- und Bilderkennung sowie Sprachsynthese und -übersetzung. Kim kam 2017 zu Samsung. Zuvor war er 15 Jahre lang unter anderem für Google und Intel tätig. Kim hat einen Doktortitel der Cornell University, einen Masterabschluss des Korea Advanced Institute of Science and Technology und einen Bachelorabschluss der Yonsei University.

Daehyun Kim ist Corporate Executive Vice President bei Samsung Electronics und leitet das Global AI Center. Dort entwickelt er mit seinem Team KI-Modelle für alle Arten von Samsung-Geräten, darunter Sprach- und Bilderkennung sowie Sprachsynthese und -übersetzung. Kim kam 2017 zu Samsung. Zuvor war er 15 Jahre lang unter anderem für Google und Intel tätig. Kim hat einen Doktortitel der Cornell University, einen Masterabschluss des Korea Advanced Institute of Science and Technology und einen Bachelorabschluss der Yonsei University.

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Gibt es seit dem Einsatz von Gauss messbare Erfolge?
Wir beobachten Anzeichen einer Produktivitätssteigerung, gerade beim Programmieren, wo Mitarbeiter Zeit sparen. Zwar haben wir noch keine genauen Statistiken, da wir das Programm erst Ende letzten Jahres und Anfang dieses Jahres gestartet haben, doch bis Ende 2024 erwarten wir konkrete Daten. Bisher sind die Zeichen positiv, sowohl in Bezug auf die Zeitersparnis als auch auf die Qualität der Arbeit.

Daehyun Kim ist Leiter der weltweiten KI-Forschung bei Samsung.
Foto: Samsung
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Gibt es Pläne, Gauss zu veröffentlichen?
Gauss ist ausschliesslich für den internen Gebrauch bestimmt, da wir den Quellcode und unsere Technologien nicht öffentlich zugänglich machen werden. In Zukunft könnten wir aber zudem ein öffentliches Modell entwickeln. Derzeit integrieren wir unsere KI-Technologien in unsere Geräte, so dass unsere Kunden darüber Zugang haben, ohne die Modelle als Open Source zur Verfügung zu stellen.

Es gibt Hinweise, dass auch Apple an KI forscht. Wie beobachten Sie diese Entwicklung?
Ich halte Apple für ein grossartiges Unternehmen, und Wettbewerb ist in diesem Fall gut, da er zu mehr und besseren Technologien für Kunden führt. Obwohl KI auf dem Gerät wichtig für den Datenschutz ist, sollte sie mit Cloud-Technologien kombiniert werden. Unsere Einführung der Galaxy AI letztes Jahr war ein Schritt in diese Richtung. Wenn Apple ebenfalls in diesen Bereich einsteigt, wird dies die Entwicklung und Verbreitung von KI-Technologien auf allen Geräten beschleunigen.

KI erkennt den Hundekot

Seoul, Stadt der Gegensätze: Hier kurven einerseits selbstfahrende Busse durch die Strassen und bringen Nachtschwärmer sicher nach Hause. Andererseits regiert noch das Bargeld: So kann man die Metrokarte für Touristen nur mit Bargeld aufladen – und das im Jahr 2024. Dennoch ist Seoul eine Hightech-Metropole. Es gibt Self-Checkout-Läden, Roboter-Baristas und das Logo des grössten Arbeitgebers des Landes, Samsung, ist allgegenwärtig.

Auf seinem Campus hat Samsung ein vernetztes Modellhaus der Zukunft aufgebaut. Wenn der Wecker am Handy klingelt, hilft das Bett beim Aufstehen, indem es sich zusammenklappt und einen regelrecht herauswirft. Gleichzeitig gehen alle Jalousien hoch und die Kaffeemaschine startet in der Küche. Verlässt man das Haus, dreht der autonome Staubsauger seine Runden. Dank Kamera und Algorithmen kann dieser Hindernisse identifizieren. Falls der Hund sein Geschäft im Haus verrichtet hat, umfährt der Robo-Sauger das Häufchen gekonnt, um zu verhindern, dass der Kot im ganzen Raum verteilt wird.

Per Knopfdruck verwandelt sich das Wohnzimmer am Feierabend in ein Kino. Der Fernseher skaliert das pixelige YouTube-Video auf 8K hoch – KI macht's möglich. Auch die Geräte in Bad und Küche sind smart: Die Waschmaschine stellt automatisch das beste Programm ein. Der Kühlschrank, mit einem XXL-Display in der Tür, erkennt alle Lebensmittel im Inneren, schlägt Alarm, wenn etwas kurz vor dem Ablaufdatum ist, und schlägt Rezepte vor, um die Lebensmittel zu verwerten. Der Wasserhahn gibt per Knopfdruck die gewünschte Menge Wasser aus und der Ofen erkennt mit einer Kamera das Essen, stellt die optimale Garzeit ein und erstellt nach dem Backen ein Zeitraffervideo – für Social Media.

Die Zukunft? Vielleicht. Wie dystopisch das Szenario sein kann, zeigt Samsung ebenfalls, ungewollt: Während das Hähnchen im Ofen brutzelt, öffnet sich die Kühlschranktür zweimal von selbst, da sie per Sprachbefehl aktiviert werden kann. Nach einem Neustart ist das Problem gelöst.

Seoul, Stadt der Gegensätze: Hier kurven einerseits selbstfahrende Busse durch die Strassen und bringen Nachtschwärmer sicher nach Hause. Andererseits regiert noch das Bargeld: So kann man die Metrokarte für Touristen nur mit Bargeld aufladen – und das im Jahr 2024. Dennoch ist Seoul eine Hightech-Metropole. Es gibt Self-Checkout-Läden, Roboter-Baristas und das Logo des grössten Arbeitgebers des Landes, Samsung, ist allgegenwärtig.

Auf seinem Campus hat Samsung ein vernetztes Modellhaus der Zukunft aufgebaut. Wenn der Wecker am Handy klingelt, hilft das Bett beim Aufstehen, indem es sich zusammenklappt und einen regelrecht herauswirft. Gleichzeitig gehen alle Jalousien hoch und die Kaffeemaschine startet in der Küche. Verlässt man das Haus, dreht der autonome Staubsauger seine Runden. Dank Kamera und Algorithmen kann dieser Hindernisse identifizieren. Falls der Hund sein Geschäft im Haus verrichtet hat, umfährt der Robo-Sauger das Häufchen gekonnt, um zu verhindern, dass der Kot im ganzen Raum verteilt wird.

Per Knopfdruck verwandelt sich das Wohnzimmer am Feierabend in ein Kino. Der Fernseher skaliert das pixelige YouTube-Video auf 8K hoch – KI macht's möglich. Auch die Geräte in Bad und Küche sind smart: Die Waschmaschine stellt automatisch das beste Programm ein. Der Kühlschrank, mit einem XXL-Display in der Tür, erkennt alle Lebensmittel im Inneren, schlägt Alarm, wenn etwas kurz vor dem Ablaufdatum ist, und schlägt Rezepte vor, um die Lebensmittel zu verwerten. Der Wasserhahn gibt per Knopfdruck die gewünschte Menge Wasser aus und der Ofen erkennt mit einer Kamera das Essen, stellt die optimale Garzeit ein und erstellt nach dem Backen ein Zeitraffervideo – für Social Media.

Die Zukunft? Vielleicht. Wie dystopisch das Szenario sein kann, zeigt Samsung ebenfalls, ungewollt: Während das Hähnchen im Ofen brutzelt, öffnet sich die Kühlschranktür zweimal von selbst, da sie per Sprachbefehl aktiviert werden kann. Nach einem Neustart ist das Problem gelöst.

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Heute spielt das Handy bei vielen Nutzern eine zentrale Rolle, wird sich das in Zukunft ändern?
Ich glaube, dass das Smartphone weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. Samsung untersucht aber verschiedene Technologien und Formfaktoren. Das Smartphone bietet derzeit die besten Funktionen und den besten Formfaktor für personalisierte KI. Während tragbare Geräte Potenzial haben, bestehen noch technische Herausforderungen. Langfristig könnten technologische Fortschritte neue Möglichkeiten eröffnen, aber momentan ist das Handy die beste Lösung.

Was halten Sie von einer Kombination aus Handy und anderen Geräten?
Das wäre möglich. Das Handy könnte als Basisstation dienen, die Berechnungen durchführt, während verschiedene Dienste über tragbare Geräte bereitgestellt werden. Dieses Szenario ist technisch machbar und könnte in Zukunft Realität werden.

Was glauben Sie, wird in den nächsten Jahren in der KI-Entwicklung passieren?
Die Entwicklung der KI-Technologie, insbesondere der multimodalen Systeme, schreitet rasant voran. Firmen wie OpenAI, Google und Microsoft haben beeindruckende Fortschritte gemacht. Obwohl es schwierig ist, die genaue Zukunft vorherzusagen, sehe ich grosses Potenzial. Die Entwicklung beschleunigt sich, und wir könnten bald menschenähnliche KI-Unterstützung über verschiedene Geräte erleben.

Es gibt auch eine Schattenseite: Wenn wir uns zu fest auf KI verlassen, können wir Fähigkeiten verlernen. Was sagen Sie dazu?
Unser Ziel ist es, den Alltag durch KI zu erleichtern, nicht zu erschweren. Während einige befürchten, dass KI menschliche Fähigkeiten ersetzen könnte, konzentrieren wir uns darauf, KI als Hilfsmittel zu entwickeln. Die Kontrolle über die Technologie und ihre Auswirkungen auf das Leben der Menschen ist für uns entscheidend.

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