Helden des Alltags: Diese Leser helfen mit
«Es ist nun Zeit, auch etwas zurückzugeben»

BLICK suchte Leserinnen und Leser, die der Familie oder der Nachbarschaft in Zeiten des Coronavirus unter die Arme greifen. Drei Helfer erzählen uns, wie sie andere unterstützen.
Publiziert: 18.03.2020 um 16:45 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2020 um 17:11 Uhr
Laurence Frey

Die Schweiz zeigt sich solidarisch. Während das Coronavirus unser Leben immer mehr einschränkt, hat sich vor allem übers Internet ein schöner Trend entwickelt: Menschen, die nicht in die Risikogruppe gehören, helfen anderen Menschen, die im Moment zu Hause bleiben müssen.

Egal ob Einkaufen, Kinderbetreuung oder mit den Hunden Gassi gehen: Es finden sich immer mehr Freiwillige, die anderen ihre Hilfe anbieten.

«Jeder hat ein paar Stunden am Tag»

BLICK-Leser Adrian Ochsner (52) bietet Personen über 65 in der Region Winterthur seine Hilfe an. Er ist selbständiger Grafiker und arbeitet momentan reduziert im Homeoffice. Er kann seine Termine gut einteilen und hat Zeit, für andere einkaufen zu gehen. Adrian erledigt schon die Einkäufe seiner Mutter und will diesen Service nun auch den älteren Bewohnern anbieten, die im selben Block wie sie wohnen. Adrian hat sich ebenfalls bei der Gemeinde, der Spitex und der Organisation benevol für Freiwilligenarbeit gemeldet. Auf Facebook hat er einen Aufruf für seine Aktion geschrieben. Er plant zudem, Flyer zu verteilen.

BLICK-Leser Adrian Ochsner (52) bietet Personen über 65 in der Region Winterthur seine Hilfe an. Er nimmt täglich zwischen zwölf und halb zwei Uhr Einkaufslisten per Telefon oder E-Mail entgegen. Am Nachmittag geht er einkaufen und bringt die Waren mit seinem Lieferwagen zu den Personen. Die Transportkosten übernimmt Adrian selbst.
Foto: Adrian Ochsner
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Konkret sieht sein Vorhaben so aus: Adrian nimmt täglich zwischen zwölf und halb zwei Uhr Einkaufslisten per Telefon oder E-Mail entgegen. Am Nachmittag geht er einkaufen und bringt die Waren mit seinem Lieferwagen zu den Personen. Die Transportkosten übernimmt Adrian selbst. Er wendet seine Zeit gerne dafür auf. «Jeder hat ein paar Stunden am Tag, um zu helfen», sagt er.

«Ältere Menschen sollen sich trauen und anrufen»

«Bis jetzt ist die Anfrage noch sehr klein», sagt Adrian. Er vermutet, dass sich viele ältere Menschen der Situation nicht genug bewusst seien oder dass sie keinen Mut hätten, nach Hilfe zu fragen. Bis jetzt hat er mehr Personen gefunden, die ihn bei seiner Aktion unterstützen, als solche, die Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Er sagt: «Es gibt genug Leute, die gerne ihre Unterstützung anbieten. Ältere Menschen sollen diese annehmen, sich trauen und anrufen.» Auch gilt für ihn: «Ob zwei, fünf oder zehn Einkaufstaschen, das spielt keine Rolle».

«Es ist nun Zeit, auch etwas zurückzugeben»

Leserin Irina Dütschler (33) kümmert sich um ihre Eltern, ihre Schwiegereltern und um ihre Grossmutter. Im Moment erledigt sie vor allem deren Einkäufe. Sie ist selbst Mutter von zwei Kindern und arbeitet im Sicherheitsdienst. Nun steht Irina vor einer Herausforderung, da sie in der nächsten Zeit wahrscheinlich mehr arbeiten muss und ihre Kinder nicht in die Schule gehen können. Momentan sei der Alltag aber noch gut machbar. «Meine Eltern und Schwiegereltern passten oft auf die Kinder auf, deshalb ist es nun Zeit, auch etwas zurückzugeben», sagt sie.

Irinas Angehörige sind ihr sehr dankbar für die Hilfe, da sie Angst haben. Ihr Schwiegervater ist schwer krank und gehört zur Risikogruppe. Auch die Frau ihres Vaters hatte schon einmal Krebs. Für sie wäre «eine Ansteckung mit dem Virus fatal». Irina findet, dass «man eine Ansteckung nicht noch herausfordern muss, indem man in die Öffentlichkeit geht».

Unterstützung besonders wichtig

Leserin Heidy Gasser (62) ist gelernte medizinische Praxisassistentin. Sie betreut ihre Nachbarin Theres (96) seit zwei Jahren regelmässig, aktuell ist ihre Unterstützung aber besonders wichtig. Theres liegt ihr sehr am Herzen, Heidy kennt sie seit ihrer Kindheit. Im Moment ist sie oft alleine, da ihre Angehörigen Theres nicht mehr besuchen können. Seit ihr Mann vor 23 Jahren verstorben ist, fehlt ihr eindeutig das Gegenüber. Sie hat nur noch ihre Katze. Heidy besucht Theres deshalb zwei Mal täglich, um nachzusehen, ob es ihr gut geht.

Da Theres manchmal an starken Schwindelanfällen leidet, fährt Heidy sie zum Arzt oder ins Spital. Wenn es ihr schlecht geht, übernachtet Heidy manchmal auch bei ihr, damit Theres nicht ins Spital muss. Zudem erledigt Heidy ihre Einkäufe und kocht ab und zu für sie. Ohne Heidys Unterstützung könnte Theres nicht mehr daheim leben.

«Es ist selbstverständlich, dass man hilft»

Auch Heidy selbst versucht, so wenig wie möglich aus dem Haus zu gehen. Wenn sie Theres besucht, ist sie stets vorsichtig. Sie desinfiziert sich die Hände und setzt sich nicht zu nahe zu ihr. Theres lässt sie nie zu lange alleine. Zu ihrem kürzlichen Geburtstag habe sie ihr eine Torte und Blumen vorbeigebracht. Heidy sagt, dass Theres jedes Mal strahle, wenn sie vorbeikomme. «Theres hat eine Riesenfreude und verbreitet eine richtige Welle an Wärme», sagt sie.

Heidy wohnt in einem kleinen Dorf. «Hier ist es normal, dass sich die Leute gegenseitig helfen. Hier im Dorf schaut man zueinander», sagt sie. Als Heldin des Alltags sehe sie sich aber keinesfalls, da andere im Dorf dasselbe täten und es für sie selbstverständlich sei.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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