Die Leser zum neuen Referenzzinssatz
«Davon profitiert wieder nur die Wirtschaft, zahlen tut es die Bevölkerung»

Der Hypothekarische Referenzzinssatz steigt neu auf 1,75 Prozent. Das gibt Vermietern mehr Spielraum, die Miete zu erhöhen. Was meint die Community dazu?
Publiziert: 01.12.2023 um 12:23 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2023 um 12:37 Uhr
Eine Wohnsiedlung im Zürcher Glattpark: Die Mietzinse dürften in der Schweiz schon bald an vielen Orten steigen.
Foto: PIUS KOLLER
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Steigende Mieten und weniger Wohnungen: Die Schweiz steckt in einer Wohnungskrise. Nun hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den neuen Referenzzins bekannt gegeben. Wie erwartet steigt dieser auf 1,75 Prozent, gültig ab 2. Dezember. Das dürfte dafür sorgen, dass zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer für ihre Miete noch mehr zahlen müssen. 

Das wichtigste zum Referenzzinssatz

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

1. Was ist eigentlich ein hypothekarischer Referenzzinssatz?
Der Referenzzinssatz ist eine der Richtgrössen für die Wohnungsmieten. Durch ihn können Veränderungen des Hypothekarzinsniveaus auf die Mieter übertragen werden. Der Referenzzinssatz bildet also die Kosten ab, die dem Hauseigentümer zur Finanzierung einer Liegenschaft entstehen.

2. Wofür braucht es den Referenzzinssatz?
Er ist massgebend für die Mieten der meisten Mietwohnungen – ausgeschlossen sind beispielsweise Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.

3. Wann wurde der Referenzzinssatz eingeführt?
Der Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt. Ziel war es, die Mietzinsgestaltung landesweit zu harmonisieren. Seit seinem Bestehen ist er von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken. Im Juni 2023 gab es nun die erste Erhöhung auf 1,5 Prozent seit der Einführung.

4. Kann eine Veränderung des Referenzzinssatzes zu einer Erhöhung des Mietzinses führen?
Ja, wenn der Zinssatz steigt, können Vermieter darauf abgestützt die Mieten um 3 Prozent erhöhen. Allerdings nur dann, wenn der Mietvertrag auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent beruht.

5. Können Mieter aufgrund des Referenzzinssatzes tiefere Mieten verlangen?
Ja, das können sie, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Wer schon mehrere Jahre in derselben Wohnung lebt und bisher nie eine Mietzinssenkung beantragt hat, der kann sogar geltend machen, dass der Referenzzinssatz im Laufe der Zeit mehrfach gesunken ist. Eine Senkung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte entspricht einer Senkung des Mietzinses um rund 2,9 Prozent. Allerdings haben die Vermieter die Möglichkeit, Mietzinssenkungen aufgrund des Hypothekarzinses mit gestiegenen Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft zu verrechnen. Gewisse Vermieter gewähren Mietzinssenkungen von sich aus automatisch.

6. Wie wird der Zinssatz eigentlich berechnet?
Der Referenzzinssatz entspricht dem volumengewichteten durchschnittlichen Zinssatz aller Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Ausgerechnet wird der Satz von der Schweizerischen Nationalbank im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen. Die Banken müssen der Nationalbank dafür die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Der aus den Berechnungen resultierende Durchschnittssatz wird danach auf ein Viertelprozent auf- oder abgerundet. Dorothea Vollenweider

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Community ist empört

Nicht nur der Referenzzinssatz steigt, sondern auch die Aufregung in der Community. «Das wird natürlich die Teuerung weiter anheizen. Die ist wie so vieles in letzter Zeit hausgemacht, diesmal durch die Nationalbank. Weitere Teuerungsschübe stehen vor der Tür. Hoffentlich löst dies nicht einen Jo-Jo-Effekt aus», schreibt Leser Josef Gmür.

Für User Winny Lechner ist klar: «Das ist eine Folge der verfehlten Geldpolitik unserer Nationalbank. Mit ihrer Negativ- und Nullzinspolitik hat sie die explodierenden Preise für Immobilien provoziert. Dass die Zinsen auch wieder steigen können und das gravierende Folgen haben würde, hätten die hochdekorierten Wirtschaftsexperten bei der NB voraussehen müssen.»

Auch Leser Daniel Canonica ist empört: «Die Bundesbank erhöht den Zinssatz, der Bundesrat wiederum muss Massnahmen ergreifen gegen die Mietzinsexplosion. So oder so: Davon profitiert wieder nur die Wirtschaft, zahlen tut es die Bevölkerung.»

«Wer finanziell am Limit lebt, ist selber schuld»

Neben den vielen Kritikerinnen und Kritikern gibt es auch einige Personen in der Leserschaft, welche die Aufregung nicht verstehen können. Daniele Weber ist einer davon: «Da bin ich froh, lebe ich schon mehr als 18 Jahre in derselben Wohnung. Somit betrifft mich das nicht. Aber wer schon immer finanziell am Limit lebt, ist selber Schuld, wenn er jetzt Probleme bekommt.»

Da kann Jorge Labriego nur zustimmen: «Bitte mit diesen Schocknachrichten aufhören. Der Referenzzinssatz sank während vieler Jahre und entsprechend sanken auch die Mietzinsen während vieler Jahre.»

Auch Leser Beat Studer sieht es ähnlich. «Wo liegt das Problem? Die Schweizer Stimmbevölkerung hat dieses Gesetz an der Urne angenommen. Ich war damals schon der Meinung, dass es nicht gut ist. Allerdings haben die Mieter jahrelang von sinkenden Mieten (sofern sie es eingefordert haben) profitiert. Jetzt schlägt das Pendel zurück», schreibt er.


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