VW Passat gegen Ford Mondeo
Duell der Raum-Schiffe

Mit dem neuen Mondeo tritt Ford ein weiteres Mal gegen den ebenfalls komplett überarbeiteten Klassenprimus VW Passat an. Wie sich die beiden populären Kombis im Direktduell schlagen, zeigt unser grosser SonntagsBlick-Vergleich.
Publiziert: 08.02.2015 um 10:07 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:30 Uhr
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Von Andreas Engel

Was wäre wenn? Diese Frage werden sich auch die Ford-Europaverantwortlichen stellen. Was wäre, wenn sie die soeben lancierte vierte Generation des Mondeo wie geplant bereits Anfang 2013 auf den Markt gebracht hätten? An fehlendem Willen lag es nicht: Wegen der Finanzkrise musste aber das belgische Ford-Werk in Genk schliessen und jenes in Valencia für den Bau des Mondeo erst umgerüstet werden. Als Folge verschob sich die Markteinführung um rund zwei Jahre. Als nun der Mondeo Ende 2014 endlich offiziell vorgestellt wird, startet auch der VW Passat – einer der grössten Konkurrenten des Mondeo – in die neue Generation. Und als ob das für Ford nicht schon ärgerlich genug wäre, sichert sich der Wolfsburger auch gleich noch den Titel «Schweizer Auto des Jahres 2015» und schlägt den ebenfalls nominierten Mondeo damit bereits im ersten Aufeinandertreffen. Ist der neue Mondeo also bereits veraltet oder der Passat einfach zu gut? Fragen, die wir im Direktvergleich nun beantworten möchten.

OPTIK
Die einen finden ihn langweilig, die anderen zeitlos elegant. Natürlich geht VW auch beim neuen Passat keinerlei optische Experimente ein. Doch der verchromte Kühlergrill, der nahtlos an die optionalen LED-Scheinwerfer anschliesst und die klaren seitlichen Linien lassen Passats achte Generation modern auf der Strasse stehen. Deutlich sportlicher gehts beim Mondeo zu. Fords neues Markengesicht mit grossem Grill und schmalen, ebenfalls optionalen LED-Scheinwerfern steht auch dem Familienkombi bestens. Die Seitenlinien laufen leicht geschwungen Richtung Heck, an dem wie beim Passat LED-Rückleuchten und zwei verchromte Auspufftrapeze glänzen.

INNENRAUM
In der Vergangenheit war Ford nicht für tolles Cockpitdesign bekannt: Zu viele Knöpfe und eine komplizierte Bedienung trübten oft den guten Eindruck. Deutlich Richtung Premium wolle man nun gehen, verkündete Ford. Die neue Schaltzentrale in der Mittelkonsole, ein in vier Fenster aufgeteilter 8-Zoll-Touchscreen, gefällt. Dessen Bedienung ist intuitiv und auch die Knöpfeflut früherer Modelle ist grösstenteils verschwunden. Abzug gibts allerdings für die wenig hochwertig wirkende Plastikoberfläche und die anfangs unübersichtlichen Armaturen. Die Darstellung eines Digitaltachos ist leider auch nach langem Wühlen durch die zahlreichen Untermenüs nicht zu finden – schade. Trotzdem macht Ford mit dem Interieur einen deutlichen Schritt nach vorne.

So solide und gut gemacht der Mondeo im Innenraum ist. Gegen den Passat hat er diesbezüglich dennoch das Nachsehen. Beim VW wirkt alles etwas edler, die optionalen, volldigitalen Instrumente hinter dem besser bedienbaren Multifunktionslenkrad moderner. Und auch punkto Details hat der Passat die Nase vorn: Um das volle Ladevolumen von riesigen 1780 Litern freizulegen (150 l mehr als der Mondeo), genügen im Wolfsburger Familienkombi zwei Handgriffe und die zweigeteilte Rückbank klappt von selbst um. Im Ford ist das praktische, heute fast schon selbstverständliche Extra leider nicht verfügbar.

FAHRVERHALTEN
Im Test fährt der Passat mit dem stärksten Turbodiesel vor: 240 PS und 500 Nm versprechen einen kräftigen Antritt. Bei Ford müssen wir uns mit dem 180-PS-Selbstzünder zufrieden geben, die stärkere 210-PS-Version folgt erst Mitte Jahr. Zu unserem Erstaunen fühlt sich der Mondeo dennoch sportlicher an! Die Gasannahme ist direkter, beim beherzten Tritt aufs Pedal zerrt es leicht an der Vorderachse, aber alles sehr kontrolliert. In Verbindung mit dem seidigen 6-Gang-DKG sorgt das Fahrwerk für hohen Reisekomfort, doch auch für schnelle Kurvenfahrten ist es genügend straff abgestimmt. Noch etwas souveräner kann das der Passat – vor allem bei niedrigem Tempo schluckt das Fahrwerk Stösse besser weg. Doch trotz Mehrleistung, 4x4 und besseren Sprintwerten wirkt der Wolfsburger subjektiv träger. Das liegt besonders am 7-Gang-DSG, das dem guten Motor viel Temperament raubt. Für eine sportliche Fahrweise schaltet man deshalb am besten manuell via Schaltwippen am Lenkrad. Mühsam in der Stadt: Um ruckartiges Anfahren zu vermeiden, ist ein gefühlvoller Gasfuss gefragt. Und die an sich sinnvolle Stopp-Start-Automatik stellt oft schon während des Rollens an die Ampel ab – das nervt besonders im dichten Kolonnenverkehr.

FAZIT
Keine Frage, beide Familienkombis konnten in unserem Vergleichstest in fast allen Disziplinen überzeugen. Unterschiede zeigten sich aber sowohl beim Fahrverhalten, wo der Mondeo mit mehr Fahrspass auftrumpfte, als auch bei der Innenraumgestaltung. Da hat der Passat mit edlerem Ambiente, mehr Liebe zum Detail und mehr Platz die Nase vorn. Was uns erstaunt: Trotz später Markteinführung wirkt der Mondeo alles andere als veraltet und rückt dem Passat näher denn je. Für welchen der beiden man sich entscheidet, könnte letztlich auch eine Frage des Preises sein: Denn bei ähnlicher Ausstattung und vergleichbarer Motorisierung ist der Mondeo einige tausend Franken günstiger als der Passat.

Ford Mondeo Station Wagon «Titanium»

Antrieb 2,0-Liter-Vierzylinder, Turbodiesel, 180 PS, 340 Nm ab 2000/min, Front, 6-Gang-DKG
Fahrleistungen 0-100 km/h 8,7 s, Spitze 218 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,87/1,85/1,50 m, Gewicht 1650 kg, Kofferraum 712 bis 1630 l
Verbrauch Werk/Test 5,0/7,0 l/100 km, 130/184 g CO2/km, Energieeffizienz B
Preis ab 46'200 Franken (Basis TDI: 120 PS, Trend, ab 36'300 Fr.)

Antrieb 2,0-Liter-Vierzylinder, Turbodiesel, 180 PS, 340 Nm ab 2000/min, Front, 6-Gang-DKG
Fahrleistungen 0-100 km/h 8,7 s, Spitze 218 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,87/1,85/1,50 m, Gewicht 1650 kg, Kofferraum 712 bis 1630 l
Verbrauch Werk/Test 5,0/7,0 l/100 km, 130/184 g CO2/km, Energieeffizienz B
Preis ab 46'200 Franken (Basis TDI: 120 PS, Trend, ab 36'300 Fr.)

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VW Passat Variant «Highline»

Antrieb 2,0-Liter-Vierzylinder, Turbodiesel, 240 PS, 500 Nm ab 1750/min, Allrad, 7-Gang-DSG
Fahrleistungen 0-100 km/h 6,3 s, Spitze 238 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,77/1,83/1,48 m, Gewicht 1660 kg, Kofferraum 650 bis 1780 l
Verbrauch Werk/Test 5,4/7,4 l/100 km, 140/195 g CO2/km, Energieeffizienz C
Preis ab 58'300 Franken (Basis TSI: 125 PS, Trendline, ab 35'400 Fr.)

Antrieb 2,0-Liter-Vierzylinder, Turbodiesel, 240 PS, 500 Nm ab 1750/min, Allrad, 7-Gang-DSG
Fahrleistungen 0-100 km/h 6,3 s, Spitze 238 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,77/1,83/1,48 m, Gewicht 1660 kg, Kofferraum 650 bis 1780 l
Verbrauch Werk/Test 5,4/7,4 l/100 km, 140/195 g CO2/km, Energieeffizienz C
Preis ab 58'300 Franken (Basis TSI: 125 PS, Trendline, ab 35'400 Fr.)

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