Neuer BMW 1er schon gefahren: Ein Auto namens Donnerstag
Drehen die Bayern jetzt durch?

In Zeiten, in denen das Gewicht zur Diät muss und auch Sportfahrer Platz brauchen, geht der letzte Hecktriebler der Edelkompaktklasse dahin. Ist der neue 1er auch ohne Heckantrieb noch echt BMW?
Publiziert: 17.07.2019 um 07:02 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Traditionen sind dazu da, gebrochen zu werden: Der harte Wettbewerb prügelt der Autowelt alle Tabus aus. Jetzt etwa nochmals BMW den Heckantrieb. Schon der 2er Active Tourer hat ja Vorderradantrieb. Aber der ist ein Familientyp, kein Kurvenfetzer. Drehen die Bayern also beim dritten 1er im Wortsinne durch – mit den Vorderpneus beim Gasgeben? 

Cooler Style! Aber die «Niere»?

Schauen wir erst mal von aussen hin. Cooles Heck? Check! Coupéhafte Linie? Check! Die oben abknickende Grill-«Niere»? Geschmacks- oder nur Gewöhnungssache. Das Cockpit ist cool, zumal der Rotstift nicht zu grob gewütet hat. Nur: Wozu Digi-Instrumente, wenn man sie gar nicht so frei konfigurieren kann wie zum Beispiel im Konkurrent Mercedes A-Klasse? 

Ein Auto namens Donnerstag

Trotzdem gibts die volle Digital-Dröhnung bis hin zur Gestensteuerung, Handy als Schlüssel und Sprachassistent, den man neu umbenennen kann – statt auf «Hallo, BMW!» reagiert er dann zum Beispiel auf «Hallo, Gabi!» oder «Hallo, Donnerstag!» (wie es uns eine Ingenieurin vorführt). Wichtiger: Bei mit 4,32 Meter quasi gleicher Länge ist der um 50 Kilo leichtere 1er hinten und im Ladeabteil (380–1200 l) klar luftiger. Kein Raumriese, aber die Reise endet nicht mehr beim Chiropraktiker. 

Adieu, Heckantrieb: Den 1er gibts künftig nur mit Allrad- (z. B. M135i xDrive, l.) oder Frontantrieb (z. B. 118d, r.).
Foto: zvg
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Ein M für den Fahrspass 

Anfangs gibts die Benziner 118i und M135i xDrive mit 140 und 306 PS sowie die Diesel 116d, 118d und 120d xDrive mit 116, 150 und 190 PS. Probefahrt im M135i xDrive: Straff statt schmerzhaft, und der Zweiliter-Turbo zischt fetzig los. Von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden, der Normverbrauch liegt bei 6,8 l/100 km. 

Sogar mit Heckschwung

Inklusive Schieben und Durchdrehen eingangs und ausgangs Kehren? Pustekuchen: Das Wort «untersteuern» scheint in Bayern unbekannt. Wer provoziert, kassiert gar mal freches Einlenken des Hinterteils. Aber Moment: Der M135i hat ja xDrive, also Allrad. Also umsteigen in den 118d (4,1 l/100 km) mit Frontantrieb. Keine Rakete, aber flott. Und komfortabel, aber erdverbunden. Typisch BMW. Und die Vorderräder? Quietschen mal, schieben aber fast nie und zucken nicht ins Lenkrad. 

Alles neu, alles dynamisch

Unser Probefahrt-Fazit: Wer nicht dauernd driften will, bekommt im 1er auch künftig die volle Dynamik statt Frontantriebsfeeling und ab dem 28. September wohl das neue Spassmass der Liga. Nur halt keinen günstigen Spass: Noch ohne Extras kostets 36‘100 (118i) bis 58’600 Franken (M135i xDrive). Auch hier gilt also: Bleibt alles anders bei den Bayern.

Drei Fragen an Albert Maier, 61, BMW-Fahrwerksentwickler

BLICK: Herr Maier, Sie sind seit 36 Jahren «Fahrwerker» bei BMW. Schmerzt Frontantrieb im 1er einen altgedienten bayerischen Entwickler wie Sie nicht?
Albert Maier: Nein, definitiv nicht. Es sind Aufgaben zu erfüllen, und in diesem Falle war es, den frontgetriebenen Einser so fahren zu lassen, wie sich ein BMW eben fährt. Wir haben alles darangesetzt, dass das klappt – und habens geschafft.

Auf Testfahrt fühlt sich der 1er tatsächlich kaum nach Frontantrieb an. Wie geht so was?
Dank der neuen Architektur im Zusammenspiel mit Elektronik, etwa der aus dem BMW i3s bekannten Radschlupfbegrenzung ARB. Dadurch kann der Kunde den Einser so bewegen, wie er es gewohnt ist.

Wieso überhaupt Front- statt Heckantrieb – und werden da nicht Kunden abspringen?
Es bringt vor allem mehr Raum – das hatten sich unsere Kunden immer gewünscht. In dieser Fahrzeugkategorie sehen wir kein Problem, zumal die hochmotorisierten Modelle «verallradet» sind.

BLICK: Herr Maier, Sie sind seit 36 Jahren «Fahrwerker» bei BMW. Schmerzt Frontantrieb im 1er einen altgedienten bayerischen Entwickler wie Sie nicht?
Albert Maier: Nein, definitiv nicht. Es sind Aufgaben zu erfüllen, und in diesem Falle war es, den frontgetriebenen Einser so fahren zu lassen, wie sich ein BMW eben fährt. Wir haben alles darangesetzt, dass das klappt – und habens geschafft.

Auf Testfahrt fühlt sich der 1er tatsächlich kaum nach Frontantrieb an. Wie geht so was?
Dank der neuen Architektur im Zusammenspiel mit Elektronik, etwa der aus dem BMW i3s bekannten Radschlupfbegrenzung ARB. Dadurch kann der Kunde den Einser so bewegen, wie er es gewohnt ist.

Wieso überhaupt Front- statt Heckantrieb – und werden da nicht Kunden abspringen?
Es bringt vor allem mehr Raum – das hatten sich unsere Kunden immer gewünscht. In dieser Fahrzeugkategorie sehen wir kein Problem, zumal die hochmotorisierten Modelle «verallradet» sind.

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